Aktuelle Rechtsprechung
13.06.2023
Gaspreisbremse & Strompreisbremse
Der Winter ist für einige nicht nur draußen kalt, sondern auch Zuhause in der Wohnung. Wegen der deutlich gesunkenen Lieferungen aus Russland, sind die Preise für Erdgas und weitere Energieträger deutlich angestiegen. Für Fernwärme, Strom, Öl, Holzpellets, Flüssiggas,- teilen Anbieter jetzt kräftige Preiserhöhungen mit. Doch mit der Strompreisbremse hat sich eine Lösung gefunden. Sie soll privaten Haushalten, kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch größeren Unternehmen helfen, diese Krise so gut wie möglich zu überstehen.
Wie funktioniert die Strompreisbremse?
Die Strompreisbremse soll dazu beitragen, die Stromkosten zu senken. Sie verbilligt den Strompreis bei privaten Haushalten, kleinen und mittleren Unternehmen, um 40 Cent pro Kilowattstunde. Sie gelten aber nur für 80 Prozent Ihres bisherigen Verbrauchs. Dieser bezahlt der Staat. Bei großen Unternehmen mit mehr als 30.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch, liegt der Abdeckbetrag bei 13 Cent (Netto-Arbeitspreis) für 70 Prozent des Verbrauchs. Für beide gilt, der restliche Betrag muss mit dem aktuellen Marktpreis gezahlt werden. Einige der Verbraucher haben auch schon 300 Euro Energiegeld erhalten, z.B. über den Arbeitgeber oder durch die Rente.
Und bei der Gaspreisbremse?
Bei der Gaspreisbremse läuft es ähnlich ab. Sie verringert die Gaspreise bei privaten Haushalten, kleinen und mittleren Unternehmen um 12 Cent pro Kilowattstunde. Heizen Sie mit Ferngas, so setzt die Preisbremse schon bei 9,5 Cent an. Hier gilt ebenso, dass für den restlichen Verbrauch, der normale Markpreis gezahlt werden muss.
Ab wann gelten die Preisbremsen?
Für alle Stromkunden und Stromkundinnen gilt die Strombremse bereits ab Januar 2023. Die Entlastungsbeträge für Januar und Februar, werden von den Stromversorgern im März 2023 mit ausgezahlt. Die Gas- und Wärmepreisbreme gilt erst ab März 2023. Sie umfasst ebenfalls rückwirkend die Monate Januar und Februar.
Was muss ich dafür tun?
Sie müssen tatsächlich nichts tun außer sich zu freuen, denn man wird automatisch entlastet, entweder über die Abrechnung Ihres Energieversorgers oder aber auch über die Betriebskostenabrechnung Ihres Vermieters oder Vermieterin. Natürlich ist zu beachten, dass wer mehr als den Grundbetrag verbraucht, auch deutlich mehr bezahlen muss. Die Preisbremse ist zwar eine Hilfe, aber dennoch ist der Strompreis immer noch sehr hoch , weshalb weiterhin Stromsparen, keine so schlechte Idee ist.
24.03.2022
Änderungen des Infektionsschutzgesetzes ab dem 20.03.2022
„Die Pandemie ist leider noch nicht vorbei, wir brauchen weiterhin wirksame Schutzmaßnahmen. Unseren Freedom Day können wir erreichen, wenn wir die Pandemie beenden, indem wir die allgemeine Impfpflicht beschließen.“ Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach am 18. März 2022 im Deutschen Bundestag.
Die von der Regierung beschlossenen infektionsschutzrechtlichen Schutzmaßnahmen vom 24. November 2021 waren bis zum 19. März 2022 befristet, die bisherige Rechtsgrundlage lief an diesem Tag, ungeachtet der dann bestehenden Inzidenzzahlen, aus.
Unter die wesentlichen Punkte der bis dahin bestehenden bundesweit einheitlichen Schutzmaßnahmen fielen zum einen die am Arbeitsplatz geltende 3G Regel für Beschäftigte und Arbeitgeber. Den Arbeitsplatz durfte nur betreten, wer geimpft, genesen oder aktuell getestet war. Zum anderen wurde die Homeoffice-Pflicht in sämtlichen Betrieben und bei allen Arbeitgebern wieder eingeführt. Zusätzliche Testpflichten galten für Beschäftigte, Arbeitgeber und Besucher in besonderen Einrichtungen wie der Pflege, Reha und der Eingliederungshilfe. Diese galten auch für Geimpfte und Genesene. Im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie im Flugverkehr galt die 3G- Regelung für Fahr- bzw. Fluggäste sowie Kontroll- und Servicepersonal. Ausgenommen waren lediglich Schülerinnen und Schüler sowie Taxifahrten. Die Nachweispflichten sollten stichprobenartig kontrolliert werden.
Die Bundesländer waren zudem befugt, landesrechtliche Regelungen bezüglich der Abstandsgebote im öffentlichen Raum, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflichten, Pflicht zu Hygienekonzepten, 3G- und 2G sowie 3 GPlus (Test)- und 2GPlus (Test)-Regelungen, Teilnehmerbeschränkungen, besondere Auflagen für Schulen, Hochschulen und Bildungseinrichtungen, der Anordnung der Kontaktdatenverarbeitung zum Unterbrechen von Infektionsketten sowie der Länderöffnungsklausel, zu treffen.
Der Deutsche Bundestag hat sich am 16. März 2022 mit der Einführung eines neuen, geänderten Infektionsschutzgesetzes befasst. Auch der Bundesrat hat dieses abschließend positiv beraten. Es trat an diesem Sonntag (20. März 2022) in Kraft. Folgende signifikante Eckpunkte ergeben sich hieraus:
Basisschutz
Angesichts der fortdauernden Pandemiesituation bleibt ein Basisschutz bestehen. Dieser zielt vor allem auf den Schutz vulnerabler Gruppen. Dazu gehören weiterhin Maskenpflicht in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens, in bestimmten Gemeinschaftsunterkünften - sowie im öffentlichen Personennahverkehr. Ebenfalls vom Basisschutz umfasst ist die Testpflicht in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Schulen und Kindertagesstätten sowie anderen gleichartigen Einrichtungen.
Hotspot Regelung
Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sollen vor allem dann möglich bleiben, wenn sich bestimmte Regionen zu "Corona-Hotspots" entwickeln. Das ist dann der Fall, wenn beispielsweise die Inzidenz stark ansteigt, das Gesundheitssystem in kritischem Maß belastet ist oder eine neue Virusvariante auftaucht. Als Hotspots können, abhängig vom Verlauf des Infektionsgeschehens, Stadtviertel, Städte, Regionen oder auch ganze Bundesländer definiert werden. Bei einer flächendeckend bedrohlichen Infektionslage kann dies auch ein komplettes Bundesland betreffen. Die betroffenen Gebietskörperschaften können in dem Fall erweiterte Schutzvorkehrungen anwenden, etwa Maskenpflicht, Abstandsgebote oder weitergehende Hygienekonzepte.
Übergangsregelung
Des Weiteren sieht der Beschluss vor, dass die Bundesländer auch über den 19. März 2022 hinaus Basis-Schutzmaßnahmen und ergänzende Schutzmaßnahmen im Ausbruchsgeschehen ergreifen können. Somit können die Bundesländer ihre derzeit geltenden Verordnungen aus dem Maßnahmenkatalog von §28a Abs. 7 (z.B. Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, 2G- oder 3G-Regelungen) oder Abs. 8 IfSG (z.B. Ausgangsbeschränkungen, Versammlungsverbote) bis zum 2. April 2022 aufrechterhalten, sofern die dort enthaltenen Maßnahmen denen aus dem neu beschlossenen Katalog entsprechen. Sie können außerdem Anschlussregelungen nach den neuen Regeln des IfSG beschließen. Auch Hessen hat bereits angekündigt, von einer Übergangsregelung Gebrauch zu machen. Gültig bleiben somit zunächst die Zugangsregelungen, die Maskenpflicht im bisherigen Umfang, sowie die bereits bestehenden Abstands- und Hygienekonzepte.
Bundesweit bleiben Maskenpflichten im Luft- und Personenfernverkehr bestehen. Außerdem werden mit dem Gesetz die Begriffe des Impf- Genesenen- und Testnachweises gesetzlich definiert. Weiterhin wird die Einreiseverordnung bis zum 28. April 2022 verlängert.
Überdies sollen die bisherigen Regelungen des § 28b IfSG ohne Übergangsfrist ersatzlos aufgehoben werden. Damit entfällt die 3G-Regelung für Betriebe und auch die bislang festgelegte Homeoffice-Pflicht. Somit sind die Betriebe ab sofort selbst in der Verantwortung, die für ihr Unternehmen geeigneten Corona-Schutzmaßnahmen festzulegen und umzusetzen.
Die Schutzmaßnahmen laufen zum 23. September 2022 aus, können bis dahin aber der Lage erneut angepasst und dann verlängert werden.
14.07.2021
Das Tragen der Maske während der Arbeitszeit
„„Douglas Island News“ Zeitung aus Alaska, 15. November 1918
„[…]- Tragen Sie eine Maske
- Waschen Sie Ihre Hände vor und nach dem Essen
- Umgeben Sie sich häufig mit frischer Luft tags- und nachtsüber
- Beachten Sie die Quarantäne-Regeln
- Berühren Sie Ihren Mund nicht mit den Händen“
Die oben stehenden Regeln, galten für die Spanische Grippe in 1918, die aber den meisten von uns sehr bekannt vorkommen. Menschen, die sich die Regeln vor fast hundert Jahren gegeben haben, um die Spanische Grippe zu besiegen, sind unseren Corona-Regeln heute ziemlich ähnlich. Trotz der moderner Medizin und Medikamenten von heute sind die grundsätzlichen Regeln über die Jahrzehnte geblieben. Sich mit Masken zu schützen – die Idee ist also nicht neu. Die Maskenpflicht, die jetzt seit mehr als einem Jahr gilt, galt auch früher schon bei Pandemien und Epidemien, wie bei der Spanischen Grippe oder der Pest. Die FFP2-Masken bestimmen jetzt also unser Leben. Momentan muss man fast überall die Maske tragen: in öffentlichen Verkehrsmitteln, Supermärkten, in der Schule und öfters immer noch in der Innenstadt. Doch was ist eigentlich mit der Maskenpflicht während der Arbeitszeit?
Das Tragen von einer medizinischen Maske ist eine Pflicht, wenn der Abstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann. Der Arbeitgeber darf das Tragen einer medizinischen Maske während der Arbeitszeit anordnen und falls ein Mitarbeiter dies verweigert, muss er ihn nicht Vorort als auch im „Home-Office“ beschäftigen. Jedoch wenn man zu lange eine Maske trägt, treten schon einige Symptome auf, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, Migräne, Asthmaanfälle oder Atembeschwerden und es kann gefährlich für unsere Gesundheit werden. Im Gerichtssaal ist es für den Körper belastend eine Maske während einer Gerichtsverhandlung zu tragen, da sich der Anwalt, Richter und der Vertreter der Staatsanwaltschaft stark konzentrieren müssen. Wenn aber die oben genannten Symptome auftreten, ist es schwer, gut zu arbeiten. Ansonsten gilt auch die Testpflicht in der Arbeit. Die Testpflicht wurde am 13.04.2021 eingeführt und ab dem 02.04.2021 ist es eine Pflicht für alle Arbeitgeber. Die neue SARS-CoV-2-Arbeitschutzverordnung, die ab dem 01.07.2021 gilt, fordert die Arbeitgeber über die Nachweise der Testbeschaffung, sowie die Corona-Tests aufzubewahren.
Anders ist es aber in der Schule. Die Maskenpflicht galt überall: in den Räumen, im Gebäude und sogar auf dem Schulhof. Hier war es auch für die Schüler schwer, weil man während einer Arbeit oder einem Test eine Maske tragen musste. Im Schuljahr 2020/2021 hatten alle Jahrgänge die Möglichkeit in die Schule zu gehen. Im Jahr 2021 war es aber nicht der Fall. Fast ein halbes Jahr durften nur die Abschlussklassen in die Schule, aufgrund von den hohen Infektionszahlen. Ab Mai kehrten dann alle Jahrgänge stufenweise zurück in die Schule. Am 28.06.2021 wurde die Maskenpflicht in den Klassen und auf dem Schulhof aufgehoben, weil zu dem Zeitpunkt waren die Infektionszahlen und die Inzidenz in Hessen sehr niedrig.
30.12.2020
Stille Nacht - Oberverwaltungsgericht bestätigt bundesweites Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerk
Für manch einen dürfte der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg ein Knaller sein, denn nun bestätigte dieses mit seinem Beschluss vom 28.12.2020 zu dem Aktenzeichen 11 S 134.20 das bundesweite Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerk mit der Begründung, dass weitere Belastungen von Krankenhäusern vermieden werden sollen.
In seiner Urteilsfindung führte das Gericht aus, dass […] nach allgemeiner langjähriger Erfahrung damit zu rechnen sei, dass unsachgemäßer Gebrauch von Silvesterfeuerwerk zu akuten behandlungsbedürftigen Verletzungen führe. Die Behandlung der Verletzten würde das zurzeit ohnehin stark in Anspruch genommene Krankenhauspersonal zusätzlich treffen und die Behandlung der zahlreichen Corona-Patienten potenziell beinträchtigen […]
Der bundesweite Verkauf von Silvesterfeuerfeuerwerk wurde seitens des Bundesinnenministers Horst Seehofer bereits am 22.12.2020 untersagt. Hierzu regte sich seitens von Pyrotechnikherstellern- und Händlern Widerstand, mit entsprechenden Anträgen diese Vorschrift vorläufig außer Vollzug setzen zu wollen, zogen diese vor das Verwaltungsgericht Berlin, welches jedoch die Anträge zurückgewiesen hatte. So, dass die am 22.12.2020 in Kraft getretene Änderung der ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz auch vom 29.12.2020 bis 31.12.2020 bestehen bleibt, wonach pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2, wozu unter anderem Raketen und Böller zählen, in dem oben benannten Zeitraum nicht zum Kauf angeboten werden dürfen.
Die Richter die in der zweiten Instanz über die Anträge zu entscheiden hatten, legten in ihrer Argumentation dar, dass der Beschluss zwar gravierend in die Berufsausübungsfreiheit eingreife, jedoch das Ziel einer weiteren Belastung der medizinischen Versorgung entgegenzuwirken, überwiege in diesem Falle die Interessen der betroffenen Hersteller und Händler.
Im Angesicht dieser Umstände dürfte es eine stille Silvesternacht werden, bei der man allenfalls auf Knalleffekte von Champagnerkorken oder dem daraus resultierenden Alkoholgenuss hoffen darf.
21.10.2020
Aussicht getrübt-Brillengeschäft ist trotz der Coronakrise zur Zahlung der gewerblichen Miete verpflichtet
Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.08.2020
- 2-05 O 160/20 -
Die Coronakrise umschmeichelt nicht gerade die Unternehmer mit Wohlwohlen. Trotz den staatlichen Hilfeleistungen rechnen Branchenexperten in diesem Herbst spätestens im Frühjahr 2021 verstärkt mit einer kommenden Insolvenzwelle. Indikatoren hierfür sind nicht nur die Bekanntgabe des Warenkreditversicherers EULER HERMES Warenkreditversicherungen bis Ende des Jahres für Bonitätsschwache Unternehmen zu kündigen, sondern auch das geänderte Konsumentenverhalten. Der nachfolgend dargestellte Fall ereignete sich zu Beginn der Coronakrise im Frühjahr 2020. Hier musste die Inhaberin eines Brillengeschäftes in Hessen in den Monaten April und Mai 2020 aufgrund des behördlich verordneten Lockdowns ihr Geschäft vorübergehend schließen. Hierauf kam es bei dem Brillengeschäft zu Umsatzeinbußen, so dass die Geschäftsinhaberin, bedingt durch diesen Umstand, sich dazu entschieden hat, die Mietzahlungen für Mai und April 2020 einzustellen. Dies sahen die Vermieter nicht ein und erhoben Klage auf Zahlung des säumigen Mietzinses gegen die Geschäftsinhaberin.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat sich der Sache angenommen und dabei zu Gunsten der klagenden Vermieter entschieden. Im Rahmen der Entscheidung wurde den Klägern der Anspruch auf die säumigen Mietzahlungen mit dem Beschluss vom 07.08.2020 Aktenzeichen 2-05 O 160/20 zugestanden. In seinem Urteil argumentierte das Gericht, dass die Risikoverteilung bei Corona bedingten Umsatzeinbußen grundsätzlich zu Lasten des Mieters gehe. Erzielt der Mieter mit dem Mietobjekt keine Gewinne, so verwirkliche sich hierdurch ein typisches Risiko ausschließlich des Mieters. Dass der Gesetzgeber in Art. 240 § 2 EGBGB eine Kündigungssperre auch zugunsten des Gewerberaummieters eingeführt hat, rechtfertige keine andere Beurteilung. Denn die Zahlungsverpflichtung des Mieters sei davon unberührt, so die Richter in Ihrer Begründung.
07.09.2020
„Corona“ bedingter Ausfall einer Messe und die Frage der Erstattung der Kosten der für diese Messe gebuchten Hotelübernachtungen
Es ist ein alljährliches Schauspiel in den Großstädten, Aussteller, Besucher aus dem In- und Ausland strömen zu den Messen unterschiedlicher Art in Städte wie Frankfurt am Main. Meistens haben sich Beispielsweise die Aussteller aber auch Geschäftskunden schon im Vorjahr auf den Besuch vorbereit, nämlich im Jahr 2019. Doch wie in den meisten Bereichen des alltäglichen Lebens hat Corona hier vielen den Strich durch die Rechnung gemacht. Veranstaltungen und Messen wurden zum größten Teil abgesagt und auf das Jahr 2021 verschoben. Doch was passiert, wenn das Hotel bereits gebucht und bezahlt und die besagte Veranstaltung aufgrund der „Corona-Pandemie“ abgesagt wurde. Haben die Besucher unter Umständen eine Möglichkeit die Kosten für das bereits gebuchte Hotel erstattet zu bekommen? Zunächst die schlechte Nachricht-sowohl Aussteller wie Besucher können für ihre Aufwendungen in Vorbereitung der Teilnahme an der Messe im Falle einer behördlichen Untersagung keinen Ersatz verlangen. Aussteller und Besucher können daher keinen Ersatz für die bereits gebuchten und bezahlten Reisen und Hotelübernachtungen verlangen. Sofern keine vertraglichen Stornierung - oder Rücktrittsmöglichkeiten vertraglich festgehalten wurden, müssen die Kosten bezahlt werden, wenn die Reise aufgrund der Absage der Messe nicht angetreten wird.
Ausnahmsweise kann jedoch etwas anderes gelten. Dies ist dann der Fall, wenn eine Rückabwicklung der entsprechenden Verträge nach der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB in Frage kommt. Denn der Besucher der Messe reist und besucht diese grundsätzlich auf eigene Gefahr. Eine nachträgliche Risikoverlagerung auf den jeweiligen Anbieter, wie Beispielsweise eines Hotels kann nur dann in Frage kommen, wenn das Stattfinden der Messe ausdrücklich zum Vertragsgegenstand erklärt worden ist. Das kommt bei den jeweiligen Zimmerbuchungen in Frage, wenn diese im Hinblick auf die jeweilige Messe im Rahmen eines sog. „Messe-Packages“ gebucht worden sind. Hier können, je nach der vertraglichen Ausgestaltung im Einzelfall die Gäste von der Zahlungspflicht befreit werden, bzw. eine Umbuchung auf das kommende Jahr in Absprache mit dem Hotel erreichen.
Andernfalls ist man auf die Kulanz des Hotels angewiesen, mit dem man unter Umständen zwar keine vollständige Kostenerstattung jedoch einen Rabatt für das kommende Jahr aushandeln kann. Dabei sollte man aber bei der vorangegangenen Buchung darauf achten, dass man diese mit dem Hotel direkt durchgeführt hat und nicht über Vermittlungsportale wie zum Beispiel Booking.com. Bei der direkten Buchung im Hotel haben die Gäste die Möglichkeit von kompetenten Mitarbeitern zu den jeweiligen Angeboten sich direkt fachkundig beraten zu lassen und sich so eventuelle Unannehmlichkeiten zu ersparen.
03.04.2020
COVID-19: Die geschlossene Gesellschaft!
Drei Menschen, die sich nach ihrem zeitlichen Tod in der Hölle wiederfinden, zwei Frauen, die reiche Estelle und die Postangestellte Inès, sowie der Journalist Garcin, werden von einem geheimnisvollen Diener in einen Raum eingeschlossen, in dem sie, ohne Hoffnung auf ein Ende, sich gegenseitig als Peiniger und Opfer ausgeliefert sind. So beginnt das Drama des französischen Schriftstellers und Philosophen Jean-Paul Sartre. Und in der Tat, die Parallelen zum Höllenszenario des eingeschlossen seins sind im Zuge der Corona Pandemie und ihren massiven Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft nicht von der Hand zu weisen, denn ein Ende des Lockdowns ist vorab nicht vorhersehbar, ebenso wenig wie die kurz-und langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die vorläufigen Entwicklungen, lassen indes im Ansatz nichts Gutes erahnen, so dass die Bundesregierung nebst den einzelnen Bundeländern, wie Hessen Maßnahmepakete geschnürt hat, welche wie folgt aussehen:
So bietet die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) im Auftrag des Landes diverse Förderkredite an. Darunter sind auch Kredite aus dem Förderprogramm Kapital für Kleinunternehmen (KfK), das 2010 gezielt aufgelegt wurde, um die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise abzufedern. Hieraus können kleine Unternehmen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft (einschließlich gewerblich tätiger Sozialunternehmen) und freiberuflich Tätige mit bis zu 25 Mitarbeitern und 5 Mio. Euro Jahresumsatz Darlehen zwischen 25.000 und 150.000 Euro erhalten, die von der Hausbank um mindestens 50 Prozent aufgestockt werden. Für dieses Förderdarlehen sind keine banküblichen Sicherheiten notwendig
Darüber hinaus können KMU mit bis zu 250 Mitarbeitern und 50 Mio. Euro Umsatz aus dem Förderprogramm Gründungs- und Wachstumsfinanzierung Hessen (GuW) über ihre Hausbank Betriebsmittelkredite bis 1 Mio. Euro erhalten.
Bürgschaften bis 1,25 Mio. Euro mit einer Bürgschaftsquote von bis zu 80 Prozent bietet die Bürgschaftsbank Hessen in Zusammenarbeit mit dem Land Hessen an. Hierzu rechnen sich ebenfalls Express-Bürgschaften für Kredite bis zu 300.000 Euro, die mit einer Bürgschaftsquote von 60 Prozent besichert und bei Erfüllung aller Kriterien besonders schnell erteilt werden.
Das Land Hessen übernimmt in besonderen Fällen Landesbürgschaften i. d. R. über 1,25 Mio. Euro, um in Kooperation mit der Hausbank sowohl die Finanzierung von Investitionen als auch die finanzielle Überbrückung von Liquiditätsengpässen abzusichern.
Hilfe bei den Finanzämtern
Hessische Unternehmen, darunter fallen auch Freiberufler und sehr kleine Unternehmen, erhalten eine vorübergehende Liquiditätsspritze von bis zu 1,5 Mrd. Euro. Die Umsetzung: Viele Unternehmen zahlen bei der Umsatzsteuer eine sogenannte Sondervorauszahlung, damit sie die monatliche Umsatzsteuer jeweils einen Monat später zahlen dürfen. Auf Antrag wird die 2020 gezahlte Sondervorauszahlung auf "Null" herabgesetzt. Anschließend erhalten die Unternehmen die bereits gezahlte Steuervorauszahlung erstattet, sofern sie nicht mit anderen Zahllasten zu verrechnen ist. "Das geht ganz unbürokratisch mit formlosem Antrag oder am besten über ELSTER", erläuterte der Finanzminister.
Darüber hinaus werden auf Antrag der Steuerpflichtigen bis zum 31. Dezember 2020 bereits fällige oder fällig werdende Steuerzahlungen zinsfrei gestundet, soweit die Forderungen aufgrund finanzieller Probleme in Folge des Corona-Virus nicht geleistet werden können. Anträge auf Stundung sind bis zum 31. Dezember 2020 bei den zuständigen Finanzämtern zu stellen und können sich auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Umsatzsteuer beziehen. Darüber hinaus kann auf Antrag auch die Höhe der individuellen Vorauszahlung angepasst werden.
Zudem können bei den Finanzämtern auch Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Vorauszahlungen für die Gewerbesteuer gestellt werden. Die Anpassung der Vorauszahlungen bei der Gewerbesteuer und die Stundung von Gewerbesteuern erfolgt auf Antrag durch die Gemeinden vor Ort. Die Gemeinde ist an den Bescheid des Finanzamts gebunden und wird die Gewerbesteuervorauszahlung anpassen.
Bei unmittelbar Betroffenen wird außerdem dem Grundsatz nach bis zum Ende des Jahres von Seiten der Steuerverwaltung auf Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet. Dies betrifft beispielsweise mögliche Kontopfändungen. Gesetzlich anfallende Säumniszuschläge werden in dieser Zeit nicht erhoben.
Betroffene sollten sich in diesem Falle umgehend an das zuständige Finanzamt wenden.
20.03.2020
CORONA-Ein Virus verändert die (Arbeits-) Welt
Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, so formulierte es der englische Mathematiker, Staatstheoretiker und Philosoph Thomas Hobbes, gemeint war damit das Naturrecht in dem der Stärkere über den Schwachen triumphiert. Unlängst hat das Naturrecht im Rahmen der weltweiten Corona Pandemie an Aktualität gewonnen, insbesondere beim Existenzkampf um die wertvollste Ressource der Zivilisation-dem Toilettenpapier. Existenziell bedrohend ist indes die Pandemie nicht nur für Arbeitgeber sondern auch für Arbeitnehmer. Fragen nach einem Homeoffice, nach der Übernahme der Entgeltfortzahlung im Falle einer Quarantäne beschäftigen indes die meisten Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Auf die Wichtigsten wollen wir hier eingehen.
Keine Frage, die rasante Ausbreitung des Coronavirus stellt Unternehmen vor einige Herausforderungen. Auf der einen Seite stehen die Sicherheit der Mitarbeiter auf der anderen Seite muss die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens gesichert bleiben. So reagieren viele Unternehmen auf die Corona-Pandemie mit verschärften Hygienmaßnahmen oder schränken Dienstreisen ein. Doch wie ist hier die Rechtslage. Zunächst sei erwähnt, dass eine Pandemieplanung freiwillig ist und somit dem Betriebsmanagement des jeweiligen Unternehmens obliegt. Die meisten Unternehmen verfügen jedoch über entsprechende Pandemiepläne womit sich zum Beispiel die Vorgehensweise bei Dienstreisen regeln lassen.
Doch ist es Arbeitnehmern erlaubt aus Angst und Sorgen vor einer Infektion mit dem COVID-19 Virus einfach zu Hause zu bleiben. Definitiv nicht, denn der Arbeitnehmer ist grundsätzlich dazu rechtlich verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Kommt er dieser nicht nach, droht eine Abmahnung oder gar eine verhaltensbedingte Kündigung. Darüber hinaus kann die Vergütung einbehalten werden aufgrund der begangen vertraglichen Verletzung aus dem Arbeitsvertrag. Dies ist auch dann der Fall, wenn er zum Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist und somit einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt ist. Freilich gibt es die Ausnahme, dass wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aufgrund einer angeordneter Quarantäne nicht erbringen kann, weil er zu Hause bleiben muss.
Dennoch dürfen Arbeitnehmer auch Dienstreisen nicht einfach verweigern. Denn solange das Auswärtige Amt oder andere Dienststellen keine konkrete Reisewarnung aussprechen, haben die Mitarbeiter kein Verweigerungsrecht. Unternehmen müssen sich aber über Reisewarnungen und die Empfehlungen des Auswärtigen Amtes informieren. Im Rahmen ihrer Pflicht zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer ist es sicher angebracht, Dienstreisen momentan auf das Nötigste zu beschränken. Dies wäre auch schon aus Vorsichtsmaßnahmen zum gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer und der Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Fortbestehen des Unternehmens jedoch ratsam.
Eine andere Regelung betrifft das Homeoffice. Denn dazu gehen immer mehr Unternehmen über und ermöglichen ihren Mitarbeitern aufgrund der Coronapandemie die Arbeit im heimischen Umfeld. Grundsätzlich gibt es kein Recht des Arbeitnehmers auf Homeoffice. Die Vereinbarung wird vordergründig zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen. Voraussetzung ist jedoch, dass der heimische Arbeitsplatz hinsichtlich seiner Ausstattung generell dazu geeignet ist, von dort aus die Arbeitspflicht zu erbringen.
Doch was geschieht nun, wenn der Arbeitnehmer doch erkrankt, oder den durch den Verdacht auf das COVID-19 Virus in Quarantäne muss. Zunächst muss er, wie gehabt seinen Arbeitgeber darüber informieren, dass er erkrankt ist. Die Art der Erkrankung muss er dabei nicht nennen. Dennoch sollte er es aufgrund der derzeitigen Lage, im Falle eines Verdachtes auf Corona aus gebotener Rücksicht doch tun, damit der Arbeitgeber entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen kann.
Ist der Arbeitnehmer noch nicht erkrankt, sondern steht lediglich unter Beobachtung bzw. Quarantäne, so ist er nicht arbeitsunfähig im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, es liegt also auch kein Fall der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vor. Da der Arbeitnehmer aber dennoch seiner Arbeitsverpflichtung während dieser Zeit unter Umständen nicht nachkommen kann, könnte hier die Entgeltfortzahlung nach dem Infektionsschutzgesetz einschlägig sein.
Ein Entgeltanspruch kann sich zum Beispiel aus § 616 BGB ergeben, wenn und soweit die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht arbeits- oder tarifvertraglich ausgeschlossen ist. Findet § 616 BGB aus den genannten Gründen keine Anwendung, so findet sich eine Sonderregelung in § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Ist ein Mitarbeiter an einem Virus erkrankt und verhängt die Gesundheitsbehörde deswegen ein Tätigkeitsverbot/Quarantäne, erhält der Betroffene eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Diese entspricht der Höhe und Dauer der Zahlung der normalen gesetzlichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und ist – zunächst - vom Arbeitgeber zu zahlen. Diese Entschädigung bekommt der Arbeitgeber aber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG).
Eine weitere Möglichkeit für Unternehmen bietet das Kurzarbeitergeld. Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden. Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird.
16.12.2019
Verbot der Sonntagsarbeit bei Amazon!
Weihnachtszeit ist Geschenkezeit. Abertausende Menschen hetzten in dieser, dem Ideal nach, besinnlichen Zeit durch die Innenstädte auf der Suche nach passenden Geschenken für ihre Liebsten-sei es Mensch oder Haustier. Freude und Entspannung sind dabei eher seltene Begleiter. Entspannter verspricht dabei die Bestellung im Internet, vorranging bei Amazon, zu sein, sofern man da wiederum von Verzögerungen bei der Lieferung der erwarteten Pakete absieht. Um den Anspruch der Kunden nach einer schnellen Lieferung ihrer Bestellungen gerecht zu werden, hat Amazon eine Genehmigung zur Sonntagsarbeit erwirkt - diese wurde wiederum durch das Oberlandesgericht Münster in der Zwischenzeit revidiert.
Oberlandesgericht Münster Urteil vom 11.12.2019,Az. 4 A 738/18
Das Oberlandesgericht Münster hat mit seinem Urteil vom 11.12.2019,Az. 4 A 738/18 die Genehmigung von sonntäglicher Arbeit bei Amazon gekippt. Laut der Gerichtentscheidung rechtfertigt das gerade zur Weihnachtszeit ansteigendes Geschäft bei dem Internethändler keine Sonntagsarbeit. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Grundsatzbeschluss entschieden und damit ein Urteil aus der ersten Instanz bestätigt. Bereits im Jahre 2015 hatte der Internethändler bei der Bezirksregierung in Düsseldorf für zwei Adventssonntage die Erlaubnis für den Einsatz von je 800 Arbeitern im Logistikzentrum Rheinberg beantragt. Diesen Schritt rechtfertigte Amazon argumentativ damit, dass ohne die Sonntagsschichten dem Unternehmen ein unverhältnismäßiger Schaden entstehen würde, da die bestellten Waren, während der ausschließlichen werktäglichen Bearbeitungszeit der Bestellforderungen, dazu führen würde, dass die versprochenen Lieferfristen für die bestellten Artikel nicht eingehalten werden könnten. Folglich hatte Amazon Bundesweit für seine Logistikzentren Ausnahmeregelungen für Sonntagsarbeit beantragt, wogegen die Gewerkschaft Verdi Klage erhoben hatte. Das Oberlandesgericht vermochte der Argumentation von Amazon nicht zu folgen und verwies indes auf den im Grundgesetz geschützten arbeitsfreien Sonntag. Ausnahmen wären nur dann möglich, wenn besondere Verhältnisse von außen“ vorliegen würden-so die Richter. Diese konnte das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht ersehen. Vielmehr sah es die Schuld bei Amazon, und warf dem Unternehmen vor die Engpässe selbst verursacht zu haben. Der vorsitzende Richter warf dem Internethändler in seiner mündlichen Urteilsbegründung vor, das Geschäft knapp vor Weihnachten 2015 noch zusätzlich angefeuert und neben dem Express-Versand noch eine Lieferung am gleichen Tag als Novum eingeführt und beworben zu haben-dies habe die Lieferengpässe noch verstärkt, betonte der Vorsitzende. Das Oberverwaltungsgericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.
16.10.2019
AGG Arbeitsrecht- ostdeutsche Herkunft als Mobbinggrund
„Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“- diesen Satz sprach der DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 in einer Pressekonferenz aus. Etwa zwei Wochen später wurde schon mit dem Mauerbau begonnen. Ein Bollwerk gegen den Westen das mehr als 28 Jahre, vom 13. August 1961 bis zum 9. November 1989, bestand, und die DDR von West-Berlin hermetisch abriegeln sollte. In diesem Jahr wird nun das 30 jährige Jubiläum des Mauerfalls gefeiert werden- doch die psychologische Mauer scheint zwischen Ost und West schwerer zu beseitigen sein als dies durch die politischen Zugeständnisse in der Vergangenheit erreicht werden konnte. Und das obwohl am Ende der Mauer der Ausruf „ Wir sind ein Volk“ stand, fühlen sich heute noch einige aufgrund ihrer Herkunft gemobbt, wie dies der folgende „ Ost-West Konflikt“ aus der Praxis des Arbeitsgerichts Berlin aufzeigt.
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 15.08.2019 - 44 Ca 8580/18
In dem nachfolgendem Fall verlangte ein Arbeitnehmer - er wurde von einem Zeitungsverlag als stellvertretender Ressortleiter beschäftigt - im Rahmen seiner Klage gegen seinen Arbeitgeber Schmerzensgeld, weil er wegen seiner ostdeutschen Herkunft, wie er bei Gericht vortrug, von zwei vorgesetzten Mitarbeitern gedemütigt worden sei. Für die von ihm erlittenen Stigmata verlangte er eine Schadenssumme von 800.000 EUR.
Das Arbeitsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass dem Kläger eine Entschädigung nach § 1 Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht zustehe, da eine Benachteiligung wegen seiner ethnischer Herkunft oder Weltanschauung nicht stattgefunden habe. Menschen ostdeutscher Herkunft stellen nämlich keine Mitglieder einer eigenständigen ethnischen Gruppe dar oder seien Träger einer einheitlichen Weltanschauung.
Einen Schadensersatzanspruch wegen einer Persönlichkeits- oder Gesundheitsverletzung hat das Arbeitsgericht im Übrigen auch deshalb abgelehnt, weil der Kläger den Arbeitgeber nicht rechtzeitig auf das Verhalten seiner Vorgesetzten und die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens – verklagt hatte er den Verlag nämlich auf 800.000 Euro – aufmerksam gemacht hatte. Das Mitverschulden des Klägers an dem Schaden ( falls man diesen überhaupt annehmen würde) wiege derart schwer, dass eine Ersatzpflicht des Arbeitgebers auch deshalb entfalle - so argumentierte das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung.
30.08.2019
Fristlose Kündigung aufgrund gefälschter Pflegedokumentation wirksam!
Vorsätzliche Falschangaben in der Pflegedokumentation einer Pflegekraft können unter Umstanden eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Denn der Arbeitgeber muss auf die korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können.
Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 07.08.2019 AZ.:3 Ca 992/19
Die Pflegekraft und späte Klägerin hat im Rahmen ihrer Tätigkeit als Altenpflegerin, dokumentiert in der Wohnung einer Patientin gewesen zu sein, obwohl sie lediglich mit der Patientin telefoniert hatte, dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass die Pflegekraft fristlos mit dem Schreiben vom 05. April 2019 zu kündigen. Die Klägerin erhob daraufhin die Kündigungsschutzlage gegen den ehemaligen Arbeitgeber. Zuvor war die Klägerin bei der Beklagten seit über fünf Jahren als Altenpflegerin angestellt. Bereits während der Dauer ihrer Tätigkeit wurde sie vom Arbeitgeber mehrfach wegen Fehlverhaltens abgemahnt. Unter anderem habe die Klägerin die Patienten nicht richtig versorgt und auch die Dokumentation nicht korrekt ausgeführt. Bei dem, der fristlosen Kündigung zu Grunde liegenden Vorfall fuhr die Klägerin Anfang April nicht persönlich zu einer Patientin um dieser eine Nachttablette zu verabreichen, sondern telefonierte nur mit ihr. Dennoch zeichnete sie den Leistungsnachweis für den nächtlichen Besuch ab und bestätigte darüber hinaus im Tagestourennachweis, die Patientin in der Zeit von 22.55 Uhr bis 23.06 Uhr versorgt zu haben.
Das Arbeitsgericht Siegburg hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt und wies die Klage ab. Zu seiner Begründung führte das Gericht aus, dass der Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete und vom Arbeitgeber nur mühsam zu kontrollierender Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darzustellen. Nach Auffassung der Richter muss der Arbeitgeber auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Missbraucht der Arbeitnehmer die ihm vom Arbeitgeber eingeräumte Vertrauensstellung, in dem er den Nachweis über die geleistete Arbeit in den eigens für diesen Zweck zur Verfügung gestellten Formularen wissentlich und vorsätzlich falsch angibt, so stellt dies einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Darüber hinaus hat die Klägerin, so das Gericht weiter, trotz vorheriger Abmahnung vorsätzlich falsche Eintragungen gemacht. Das Arbeitsverhältnis endete damit fristlos am 05.04.2019.
02.08.2019
Verfall von Jahresurlaub-Arbeitgeber muss seiner Hinweispflicht nachkommen!
Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern erlöschen in aller Regel erst dann am Ende des Kalenderjahres, wenn die Arbeitnehmer von Ihrem Arbeitgeber über ihren Urlaubsanspruch und die damit verbundenen Verfallfristen belehrt worden sind. Die Initiativlast des Arbeitgebers strahlt rückwirkend auch auf den Urlaub der vergangenen Kalenderjahre aus. Mit dieser Entscheidung befasste sich das Landesarbeitsgericht Köln.
Urteil vom 09.04.2019 - 4 Sa 242/18
Der Fall
Der spätere Kläger war als Apothekenbote beschäftigt. Die Parteien haben sich hinsichtlich der Urlaubsansprüche dahingehend im Arbeitsvertrag geeinigt, dass der Kläger seinen Jahresurlaub auf eigenen Wunsch in Form einer wöchentlichen Arbeitszeitverkürzung nimmt. So arbeitete der Apothekenbote statt der 30 bezahlten Wochenstunden, verkürzt nur 27,5 Stunden die Woche. Einen darüber hinaus gehenden Urlaub hat der Kläger während des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber nicht begehrt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte der Kläger vom Arbeitgeber nun einen finanziellen Ausgleich für in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht gewährten Urlaub. In erster Instanz hatte der Kläger mit seiner Klage im Hinblick auf Urlaub aus den Jahren 2014, 2015 und 2016 keinen Erfolg. Die Berufung des Klägers vor dem Landesarbeitsgericht Köln war im Wesentlichen erfolgreich.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln
Nach Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (Az. 4 Sa 242/18) sind die Urlaubsansprüche des Klägers nicht durch den geringeren Arbeitszeitumfang erfüllt worden. Die wöchentliche Arbeitszeitverkürzung stelle keinen Erholungsurlaub im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes dar.Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 BUrlG kann der Verfall von Urlaub in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Diese Initiativlast des Arbeitgebers ist nicht auf den originären Urlaubsanspruch im jeweiligen Kalenderjahr beschränkt, sondern bezieht sich auch auf Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren.
09.04.2019
Brexit - Sag beim Abschied leise Servus!
Das Kofferwort „Brexit“ ist in aller Munde und in der Tat sind die Koffer für den bevorstehenden Abschied Großbritanniens aus der EU gepackt und der Austritt beinahe eine beschlossene Sache - aber eben nur beinahe. Denn wie bei einer in die Jahre gekommenen Ehe, hat einer der Partner irgendwann die Nase voll und möchte gehen. Dem emotionalen Entschluss sich zu trennen folgen oft nostalgisch gefärbte Gefühlswallungen a la „ es war ja nicht alles schlecht“ bis zu „aber wir können doch Freunde bleiben“. So ähnlich vollzieht sich nun das zähe Ringen Großbritanniens um die Verhinderung eines chaotischen Brexit durch die Premierministerin Theresa May die, wie am Freitag, den 05.04.2019 bekannt wurde erneut um eine Austrittsverlängerung bis zum 30. Juni 2019 gebeten hatte - Doch wie konnte es zu so einem desolaten Beziehungsverhältnis EU und GB kommen, Zeit für eine Retrospektive über die wichtigsten Stationen dieses Bündnisses.
19. September 1946: Der erste Flirt
Wie alle verheißungsvollen Beziehungen, beginnt auch diese mit einem Flirt. Diesen initiiert mit einer flammenden Rede am 19. September 1946 vor der akademischen Jugend an der Universität Zürich Winston Churchill wie folgt:
„Es gibt ein Heilmittel, das […] innerhalb weniger Jahre ganz Europa, oder den größeren Teil Europas […] so frei und glücklich machen würde, wie es die Schweiz heute ist. Dieses Mittel besteht in der Erneuerung der europäischen Familie oder doch eines möglichst großen Teils davon. Wir müssen ihr eine Ordnung geben, unter der sie in Frieden, Sicherheit und Freiheit leben kann. Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa errichten ."
9. August 1961: Erster EG-Aufnahmeantrag der Briten
Da das Vereinigte Königreich fürchtet, den wirtschaftlichen Anschluss zu verlieren, beantragt die Regierung um den Premierminister Harold Macmillan die Aufnahme in die Europäischen Gemeinschaften.
14. Januar 1963: Frankreichs Veto gegen die Aufnahme Großbritanniens
Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle spricht sich gegen den Beitritt Großbritanniens in die EG aus. Der französische Staatspräsident befürchtet, dass die Position Frankreichs durch den Beitritt Englands geschwächt und, dass durch die engen anglo-amerikanischen Beziehungen der Einfluss der USA in Europa wachsen würde. In einer Rede am 14.01.1963 verdeutlicht Charles de Gaulle seine Position:
"Der Vertrag von Rom wurde zwischen sechs kontinentalen Staaten beschlossen, Staaten die, ökonomisch gesprochen, könnte man sagen, dieselbe Natur haben. (...) England ist in der Tat eine Insel, es ist maritim; es ist durch Handel und Verkehr mit unterschiedlichsten, weit entfernten Ländern verbunden, es ist ein Land, das Industrie und Handel betreibt, aber kaum Landwirtschaft.; (...) Es hat in allem, was es tut, sehr eigene Gewohnheiten und Traditionen. Kurz gesagt, die Natur, die Struktur und die Konjunktur, die England eigen sind, unterscheiden sich zutiefst von denen der Länder auf dem Kontinent.", begründet Charles de Gaulles seine Ablehnung der britischen Mitgliedschaft. (Charles de Gaulle, 14.1.1963)
19. Dezember 1967: Großbritanniens zweiter EG-Beitrittsantrag wird abgelehnt
Am 11. Mai stellt Großbritannien erneut einen Beitrittsantrag an die Europäischen Gemeinschaften (EG). Doch der französische Staatspräsident de Gaulle steht dem Beitritt weiter ablehnend gegenüber: Am 27. November äußert er bei einer Pressekonferenz im Pariser Élysée-Palast seine Bedenken gegen eine britische Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften. Das Veto wird bei der Sitzung des Ministerrats am 19. Dezember formell eingereicht.
Die Eroberung Europas ging für die Briten nicht so leicht von der Hand wie dies vom Göttervater Zeus bewerkstelligt wurde. Der in Europa verliebte Zeus verwandelte sich nämlich der Sage nach wegen seiner argwöhnischen Gattin Hera zunächst in einen harmlos wirkenden Stier mit weißem Fell und zierlichen Hörnern. Sein Bote Hermes trieb indies eine Kuhherde in die Nähe der am Strand spielenden Europa von Sidon zu. Als Europa zum dem Stier vertrauen fasste und letztlich auch seine Hörner mit einem Blumenstrauß schmückte, packte der Zeus-Stier Europa auf seinen Rücken und entführte sie. Er schwamm mit ihr nach Matala auf der Insel Kreta, wo er sich wieder in seine göttliche Gestalt zurückverwandelte.
22 Januar 1972: Die Ehe
Doch schließlich gelang der Coup und Europa hat ja gesagt, so dass am 22.01.1972 der Beitritt Großbritanniens in die EG erfolgte. Dies war sicherlich auch deshalb möglich, da Charles de Gaulles 1969 zurückgetreten ist und infolgedessen die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Großbritannien und den drei beitrittswilligen Staaten durch die EG erfolgte. Das Vereinigte Königreich, Dänemark, Irland und Norwegen unterzeichnen die Verträge über ihre Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften (EG): der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom).In Großbritannien wird noch im Oktober 1972 der European Communities Act 1972 verabschiedet, der die rechtliche Basis für die britische Mitgliedschaft darstellt. Am 1. Januar 1973 treten die Verträge dann in Kraft.
Ab dem 23. Juni 2016: Abschied und Trennungsschmerz
In einem am 23.Juni 2016 stattgefundenen Referendum stimmten mit rund 52 Prozent der Stimmen die Briten für den Brexit - somit für den Austritt aus der Europäischen Union. Die Briten werden damit nach über 40 Jahren Mitgliedschaft als erstes Land die Eurozone verlassen. Die Regelung der einzelnen Schritte in diesem Procedere regelt hierbei der Artikel 50 des EU Vertrages. Dass die Auswirkungen eines derart weitreichenden Volksentscheides nicht spurlos an den Beteiligten vorübergehen, ist so sicher wie das „Amen“ in der Kirche. Das Land ist seit dem Referendum gespalten. Die Wälle verlaufen nicht nur zwischen den Landesteilen sondern, zwischen Stadt und Land, zwischen Arm und Reich, zwischen Alt und Jung.
Die Austrittsverhandlungen, formal von der britischen Premierministerin Theresa May Ende März 2017 eingeleitet, sollten ursprünglich nach zwei Jahren, also bis zum 29.03.2019 um 23.00 Uhr als abgeschlossen gelten. Doch Verhandlungen über den Brexit zwischen der EU-Kommission und Großbritannien stockten monatelang vor sich hin und sie dauern weiter hin an. Um Zeit für zusätzliche Verhandlungen zu gewinnen und so einen harten Brexit zu verhindern, wurde auf Antrag von Theresa May der Brexit vom 29.03.2019 auf den 12.04.2019 verschoben. Sollte bis dahin weder der Austrittsvertrag noch eine Alternative beschlossen sein, droht ein Ausscheiden ohne Abkommen mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.
Nach dem aktuellen Nachrichtenstand will Theresa May eine weitere Verlängerung bis zum 30 Juni bitten. Dies würde bedeuten, dass Großbritannien an der Europawahl Ende Mai teilnehmen müsste. Der EU Ratchef Donald Tusk geht sogar weiter und plant den Briten eine Verschiebung des Brexits um ein ganzes Jahr vorzuschlagen um so einen No Deal Brexit zu verhindern. Als letzte mögliche Deadline für den Brexit galt nach dem 12.04.2019 der 22.05.2019, so dass das Vereine Königreich nicht mehr an den Europawahlen hätte teilnehmen müssen oder sollen.
Auch der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht sich ebenso für eine Verschiebung des Brexits auf den 22. Mai aus, vorausgesetzt das britische Unterhaus stimmt dem Austrittsabkommen in den nächsten Tagen doch noch zu. Dies müsste jedoch vor dem 12.April 2019 mit einer signifikanten Mehrheit geschehen – Juncker selbst wolle sich dafür persönlich einsetzen einen EU Austritt Großbritanniens ohne Vertrag zu verhindern. Für Mittwoch, den 10. April 2019 ist ein Brexit-Sondergipfel geplant, bei dem die übrigen 27 EU-Staaten einer Fristverlängerung einheitlich zustimmen müssten. Sollte bis dato keine Lösung gefunden worden sein und auch keine Verlängerung bewirkt werden, würde das Vereinte Königreich am 12.04.2019 ungeregelt aus der EU-ausscheiden-mit weitreichenden negativen Folgen für die Wirtschaft und die Bevölkerung sowohl in Großbritannien als auch in der EU. Es bleibt indes zu hoffen, dass die Schicksalswoche für Theresa May sich zu ihrem Vorteil und somit zum Vorteil aller entwickelt und die Briten geregelt aus der EU Gemeinschaft austreten können. Darüber wird der 12.04.2019 entscheiden. Es bleibt auf alle Fälle spannend.
Wie in einer langjährigen Ehe können sich die Interessen im Laufe der Zeit verändern und die Partner, ob Ihrer Vorstellungen und Interessen auseinanderleben. Oscar Wilde sagte dazu folgendes Zitat: „Die Ehe ist ein Versuch, zu zweit wenigstens halb so glücklich zu werden, wie man allein gewesen ist.“ Ob der Wunsch nach dem Ausbruch dann das vollkommene Glück wiederkehren lässt, ist indes fraglich-schließlich gab es auch positive Aspekte aber wenn es den Anderen in die Ferne zieht, dann kann man Howard Carpendale zitierend aus dem Lied „Ti Amo“ zum Abschied sagen:
Und nun willst du wieder ein neues Ziel finden,
Willst dich nicht mehr an mich binden,
Stehst da gepackt ist dein Koffer,
Was gewesen ist gewesen…
15.03.2019
Urlaubsreise
Wer günstig wählt-zahlt manchmal das Doppelte!
Allmählich naht die Urlaubssaison und die erste Suche nach den geeigneten Urlaubszielen. Die Jagd nach Urlaubsschnäppchen ist im vollen Gange. Zu den zahlreichen Angeboten am Markt mischen sich Offerten der bekannten Discounter dazu, die am profitablen Reisemarkt partizipieren wollen. Auch Aldi möchte sich den wachsenden Trend der Discounter-Reisen nicht entgehen lassen und unterbreitet mit hauseigenen Angeboten von ALDI Reisen der interessierten Kundschaft allerlei aus dem Füllhorn der Reisemöglichketen zu attraktiven Preisen.
Urteil Amtsgericht Westerburg vom 10.01.2019 Az.:24 C 181/18
Bei den von diversen Discountern angepriesenen Angeboten handelt es sich neben Pauschalreisen in erster Linie um Städtetrips, Wellnessurlaube, Kreuzfahrten sowie Rundreisen im In - und Ausland. Das zumeist als attraktiv wahrgenommene Schnäppchen kann hat jedoch einen Haken haben, denn es handelt sich dabei oft um Restkontingente bei denen die Auswahl und die Flexibilität eingeschränkter als bei den großen Reiseportalen ist. Das muss per se nichts Schlechtes bedeuten, wenn der eigene Fokus auf ein günstiges Angebot gerichtet ist und man im Ganzen mit dem versprochen Leistungsumfang zufrieden ist, sofern dieses Versprechen auch im Nachhinein vom Reiseveranstalter eingehalten wird.
Abgesehen von den bereits erwähnten Restkontingenten, kann es unter Umständen ebenfalls bei den Serviceleistungen des Reiseveranstalters zu unvorhersehbaren und mitunter unangenehmen Überraschungen kommen, insbesondere wenn man aufgrund einer Erkrankung gezwungen ist, die Reise zu stornieren, können die im Vertrag befindlichen unklaren Formulierungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) weitere Fallstricke zum Nachteil des Verbrauchers darstellen.
So geschehen im Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Westerburg. In dem vorliegenden Sachverhalt hatte die Klägerin über das Portal ALDI Reisen bei der späteren Beklagten am 28.06.2017 eine USA Reise, gebucht. Es wurde zunächst eine Anzahlung von 1/3 auf den Reisepreis geleistet. Aufgrund einer plötzlichen Erkrankung erklärte die Klägerin den Rücktritt von der gebuchten Reise.
Die Beklagte erstellte daraufhin eine Stornorechnung und verlangte die Zahlung des Reisepreises trotz des Rücktrittes vom Vertrag. Dabei erweckte die Beklagte durch die formulierten AGB bei der Klägerin zunächst den Eindruck, dass sofern ein Rücktrittsfall eintritt und dieser im zeitlich dafür festgelegten Rahmen dem Reiseveranstalter angezeigt werde, die Stornokosten die Höhe von 25% des Reisepreises nicht überschreiten werden. Dabei vertraute die Klägerin bei ihrem Rücktritt auf die Richtigkeit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne von einem Wahlrecht bei der Abrechnung auszugehen.
Entgegen der Behauptung der Beklagten sei kein wirksames Wahlrecht zwischen konkreter und pauschaler Abrechnung des Schadens zwischen den Parteien geschlossen worden, was die Beklagte auf ihre AGB berufend jedoch behauptete, dies resultiert, so der Richter, aus dem Umstand des zum Teil „chaotischen“ Aufbaus der AGB des Reiseanbieters und des daraus nicht ohne Umstände erkennbaren Willens auf das Wahlrecht zwischen konkreter und pauschaler Abrechnung des Schadens und gab der Klägerin damit Recht. Auch in Hinblick auf die von der Beklagten fehlerhaft erstellten Stornorechnung, wurde der Klägerin seitens des Gerichts ein Anspruch auf die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugesprochen.
Weiter stellte das Gericht fest, dass zu der Unwirksamkeit der von der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen verwendeten AGB-Klauseln über die Schadensabrechnung im Fall des Rücktrittes noch keine obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung des Falles wurde die Berufung zugelassen.
Eine Reise sollte mit schönen Erlebnissen, Erholung und im besten Falle mit Bildung und Erweiterung des eigenen Horizontes verbunden sein, nicht immer ist dabei das zunächst günstig scheinende Angebot, das auch tatsächlich den Vorteil bietet den man sich davon verspricht oder erhofft die bestmögliche Wahl - deshalb sollte man vor der Buchung abwägen, ob nicht weitere versteckte Kosten oder möglicherweise das angepriesene Angebot doch nicht so glänzend ausfällt, wie dies vom Reiseanbieter vorab versprochen wurde. Baustellen und damit einhergehender Lärm am Urlaubsort, statt Meerblick, Parkplatzblick später auch Tunnelblick wenn der Rest der Urlaubsanlage anders ausgestattet oder deren Einrichtung defekt ist-sind nur einige wenige der vorgebrachen Beschwerden durch die Urlauber.
Der ADAC hat dazu eine Tabelle mit 270 Gerichtsurteilen der vergangenen 20 Jahre publiziert in der die häufigsten Streitpunkte aufgezählt werden. Zu denen zählen:
- Die Zimmer waren kleiner/anders ausgestattet/gelegen als gebucht
- Bau- oder anderer Lärm störte die Ruhe
- TV, Telefon, Klimaanlage, Toilette oder Ähnliches war defekt
- Die Zimmer/der Pool waren schmutzig
- Es gab Ungeziefer
- Das Freizeit- oder Sportangebot war nicht so groß wie beschreiben
- Das Essen/der Service war nicht gut/nicht ausreichend
„Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt“ und um Laotses Zitat passend zu ergänzen „Damit es auch Ihre schönste bleibt, gilt Umsicht, statt Nachsicht“. Deshalb sollte man sich nicht nur von den Versprechen des jeweiligen Discountreiseanbieters beirren lassen, sondern auch einen kritischen Blick auf die Details im AGB richten. Bei auftretenden Unstimmigkeiten sollte man sich auch nicht davor scheuen einen qualifizierten Rechtsraten einzuholen um nötigenfalls seine Ansprüche durch einen Rechtsanwalt gegenüber dem Reisveranstalter durchzusetzen.
14.02.2019
„My Home is my Castle“- Handel mit Rauschgift rechtfertigt Kündigung des Mietverhältnisses
„My home is my castle“ - Mein Haus ist meine Burg. Das Zitat des englischen Juristen und Politikers Edward Coke besagt, dass ein Haus ein Ort der Zuflucht und Sicherheit und davon weiter abstrahiert, dass man bei sich im Privaten in seine Tätigkeiten von niemanden hineinreden lässt. Nur gilt dieses Sprichwort nicht, wenn die Beschäftigung gegen das geltende Gesetz verstößt. Dieser Annahme folgte jedoch ein „ Burgbewohner“ nicht, der mit dem Verweis darauf, dass er in seiner Mietwohnung alles machen könne was er will, dem Amtsgericht Frankfurt entgegen trat. Dieses setzte dem Mieter und seiner Privatautonomie mit einer Entscheidung Grenzen. Liegt der Verdacht vor, welcher der Rückschlüsse auf ein Handel mit Rauschgift aus der Wohnung erlauben, so kann dies die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen.
Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 06.02.2019 - 33 C 2815/18 (51)
Die Hintergründe
Der Entscheidung des Gerichtes gingen polizeiliche Durchsuchungen sowie eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Drogenhandelns gegen Bewohner in der sog. "Platensiedlung" in Frankfurt am Main voraus - welche die Wohnungsgesellschaft zum Anlass für die außerordentliche Kündigungen der betroffenen Mietverhältnisse nahm.
Das Urteil
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat mit den Urteilen vom 6.2.2019 Az. 33 C 2815/18 (51) und 8.2.2019 Az. 33 C 2802/18 (50) entschieden, dass die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen des Verdachts des Handelns mit Rauschgift gerechtfertigt ist.
Aus der Begründung
Grundsätzlich steht es dem Mieter frei, die von ihm angemieteten Räume vertragsgemäß zu nutzen. Strafrechtlich relevante Verhaltensweisen, die auch eine Vertragspflichtverletzung darstellen können, rechtfertigen eine Kündigung des Mietvertrages nur dann, wenn dies mit einer Außenwirkung verbunden ist. Solange der Mieter den Bereich seiner Wohnung nicht verlässt und deren Bestand durch die Nutzung nicht gefährdet ist, verbietet sich eine pauschale Betrachtung und die Umstände des Einzelfalls sind maßgeblich. Liegen jedoch Indizien vor, die den Rückschluss auf ein Handeln mit Rauschgift aus der Wohnung herauszulassen, ist dies von der Nutzung der Wohnung nicht mehr gedeckt und stellt eine Verletzung der vertraglichen Pflichten dar. Herangezogen werden können im Regelfall das Auffinden von Rauschgift in einer den Eigenbedarf übersteigenden Menge. Auch Waffen und größere Geldbeträge sind geeignet, den Verdacht zu begründen. In einem so gelagerten Fall haftet der Mieter auch für das Verhalten von Mitbewohnern.
Quelle: Rechtsindex.de
15.01.2019
Stolz und Vorurteil-Hackerangriff auf Hunderte Politiker
Eine Welle der Entrüstung erfasste die Bundesrepublik Deutschland als am Freitag, den 04.01.2019 der bis zum Donnerstagabend, den 03.01.2019 weitgehend unbemerkte Datenleak bemerkt wurde und das obwohl die Verbreitung der politisch brisanten Dokumente bereits vor Weihnachten stattgefunden habe und zwar über eine Art Adventsklander über einen Twitteraccount. Das Öffnen des virtuellen Advents- Hintertürchens wäre unter Umständen einem 5. Advent geschuldet, ähnlich der 5. Jahreszeit, nur dass die öffentlich demaskierten Protagonisten dieses Stückes sich wenig darüber erheitert zeigten, außer einer Politikerin, doch dazu später. Betroffen von dem Datenklau waren Spitzenpolitiker und Prominente gleichermaßen. Darunter in Hessen u.a. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), Grünen-Chef Kai Klose, Oppositionsführer Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Linken-Fraktionschefin Janine Wissler.
Geleakt wurden vor allem Kontaktdaten wie Hunderte Handynummern und Adressen von Politikern aus dem Bundestag und zum Teil auch aus der Landespolitik, sowie zahlreiche sehr persönliche Daten sowie parteiinterne Dokumente und private Korrespondenz der Betroffenen.
Für den Datenleak verantwortlich war ein 20-Jähriger der laut BKA seine Tat mit der Verärgerung über öffentliche Äußerungen der betroffenen Politiker, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens begründet habe. Der 20-jährige Schüler der zunächst festgenommen und später wieder freigelassen worden sei, gestand nach Angaben der Ermittler das massenhafte Ausspähen von Daten und deren Verbreitung. Betroffen waren rund eintausend Menschen, darunter zahlreiche Politiker. Meist ging es dabei um reine Kontaktdaten, in 50 bis 60 schwereren Fällen aber auch etwa um private Chat-Verläufe.
Trotz dieses Skandals, fand die Bürgermeisterin Claudia Blum von Bad Homberg Ohm, des Ortes also aus dem der Täter stammt, eher löbliche Worte zu dem Vorfall. "Es gibt einen gewissen Stolz, dass es jemand war, der von hier kommt", sagte Claudia Blum (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Für sie sei der Vorfall kein Skandal, für den sich der Ort schämen müsse, sagte die Bürgermeisterin des Orts in Mittelhessen. "Es geht ja nicht um Mord und Totschlag." Vielmehr zeige der Angriff, was ein 20-Jähriger schaffen könne, urteilte Blume. Der mutmaßliche Täter habe der "Republik einen Spiegel vorgehalten". Der Vorfall solle alle wachrütteln, besser mit den eigenen Daten umzugehen.
Trotz der „Blumigen Fürsprache“ in Robin Hood Manier für den Täter und der damit eingehergehenden Werbung für Produkte aus der Region, muss klargestellt werden, dass hier ein strafrechtlicher Tatbestand vorliegt. Dies ist bereits in dem sog. „Hackerparagraphen“ § 202c StGB normiert und zwar wie folgt:
(1) Wer eine Straftat nach § 202a oder § 202b vorbereitet, indem er
1.Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die den Zugang zu Daten (§ 202a Abs. 2) ermöglichen, oder
2.Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist,
herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verkauft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 149 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
Der Vorfall steht indes als pars per toto für eine Entwicklung die in der Zukunft und insbesondere auf die fortschreitenden Digitalisierung der Industrie 4.0 bezogen, noch an Dynamik zunehmen könnte und aller Voraussicht nach auch wird.
Doch bereits jetzt ist laut einer im Jahr 2017 veröffentlichten Studie des Digitalverbandes BITKOM jeder zweite deutsche Internetnutzer in den vorangegangenen 12 Monaten Opfer von Cybercrime geworden. In jedem zweiten Fall von Cybercrime ist ein finanzieller Schaden entstanden.
Eine ebenfalls 2017 durchgeführte Studie des amerikanischen IT-Sicherheitsunternehmens Norton by Symantec bestätigt die hohe Betroffenheit deutscher Internetnutzer durch Cybercrime (38%). In Deutschland sei hierbei ein Schaden von 2,2 Mrd. Euro entstanden.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt zwar steigende Fallzahlen im Bereich Cybercrime auf, spiegelt die aufgeführten Untersuchungsergebnisse in diesem Phänomenbereich aber nicht annähernd wider. Es muss bei der polizeilichen Betrachtung von Cybercrime von einem sehr großen Dunkelfeld ausgegangen werden. Das heißt, dass vermutlich nur ein kleiner Teil der Straftaten in diesem Bereich zur Anzeige gebracht wird bzw. der Polizei und/oder den Strafverfolgungsbehörden bekannt ist.
Doch wie kann man sich als Privatanwender oder am Arbeitsplatz effektiv vor Angriffen schützen-die kürzeste Antwort darauf, dürfte lauten: mit Vernunft und Verstand. Konkret heißt es: ein Passwort zu wählen, das komplex ist und vielleicht nicht „Mutti123“ lauten sollte. Darüber hinaus empfiehlt sich eine aktuelle Virensoftware, letztlich also inzwischen Binsenweisheiten der digitalen Kommunikation. Weiterhin sollten Sie es vermeiden Anhänge und Links von unbekannten E-Mailversendern zu öffnen, auch wenn das Angebot eines afrikanischen Prinzen für eine prozentuale Beteiligung an einer Finanztransaktion noch so verlockend sein mag. Sollten Sie nicht sicher sein, ob Ihr PC tatsächlich gehackt wurde, können Sie mit dem HPI Identity Leak Checker des Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering gGmbH in Potsdam Ihre E-Mail überprüfen lassen:
https://sec.hpi.uni-potsdam.de/ilc/search;jsessionid=33124320D516F33E7FF4CEF69BAD5990
Darüber hinaus bietet die SCHUFA gegen einen geringen Beitrag einen Identitätsschutz an, der sich insbesondere für Inhaber von Unternehmen empfiehlt. Bei all den ungenannten Möglichkeiten sind Vorsicht und ein gesunder Menschenverstand wohl die besten Empfehlungen auf Ihren Wegen durch das World-Wide-Web.
28.12.2018
Silvesterfeuerwerk- Das sollten Sie beachten!
Bald steht Silvester vor der Tür und wie die Jahre zuvor bereits auch, werden auch in diesem Jahr viele Menschen ein Feuerwerk zünden um das alte Jahr 2018 zu verabschieden und das kommende Jahr 2019 zu begrüßen. Da es beim Hantieren mit Böller, Rakete & Co. auch vereinzelt zu Unfällen kommen kann, sollten Sie beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern Ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen, damit die Sektlaune und das neue Jahr nicht getrübt werden. Ein Rechtsfall vor dem OLG Stuttgart mag dies veranschaulichen.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 09.02.2010 Az:10 U 116/09
Beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern muss ein Platz gewählt werden, von dem aus fehlgehenden Raketen aller Voraussicht nach keinem nennenswerten Schaden anrichten können. Allerdings haftet derjenige, der die Feuerwerksrakete gezündet hat, für den eingetretenen Schaden mangels Verschulden dann nicht, wenn an einem in der Nachbarschaft befindlichen Gebäude durch eine fehlgehende Feuerwerksrakete ein Brandschaden eintritt und die Gefahr des Eindringens des Feuerwerkskörpers in das Gebäude und eines dadurch ausgelösten Brandes bei aller Sorgfalt nicht erkennbar war. Dies entschied das Oberlandesgericht Stuttgart.
Die Sorgfaltspflicht gilt auch für die Zeit des Feierns, insbesondere wenn an Silvester das Feuerwerk zum Abbrennen gebracht wird, so muss zu diesem Zweck ein Platz ausgesucht werden, von dem aus, auch fehlgehende Raketen aller Voraussicht nach keinem nennenswerten Schaden anrichten können. Allerdings haftet derjenige nicht für den eingetretenen Schaden mangels Verschuldens, wenn die Gefahr eines solchen Schadens bei aller Sorgfalt nicht erkennbar war. In dem vorliegenden Fall hatte der Beklagte vor dem von ihm bewohnten Haus eine Leuchtrakete in einen Schneehaufen gesteckt und gezündet. Die Rakete stieg zunächst ca. 5 Meter gerade nach oben, schwenkte dann zur Seite und drang durch eine Spalte zwischen der mit Eternit verkleideten Außenwand und dem Blechdach in eine ca. 12 Meter entfernte Scheune, in der Stroh und Getreide gelagert waren, ein. Dort explodierte sie und setzte innerhalb kürzester Zeit das Gebäude in Brand. Die Klägerin, ein großes deutsches Versicherungsunternehmen, machte gegen den Beklagten übergegangene Ersatzansprüche von mehr als 410.000 Euro geltend.
Das Oberlandesgericht, wie auch schon das Landgericht Ulm, wies diese Ansprüche zurück. Eine Haftung des Beklagten ergab sich nicht, weil die einzig festzustellende, bei objektiver Sicht vorliegende Gefahr des Eindringens einer Feuerwerksrakete zwischen Wand und Dach der Scheune für den Beklagten nicht erkennbar war. Eine andere Gefahr beim Zünden einer Feuerwerksrakete in der Nähe der Scheune bestand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in diesem Fall objektiv nicht. Der Brand stellte sich daher als Unglück und nicht als vom Beklagten schuldhaft verursachter Unfall dar. Für Abbrennen von Feuerwerkskörpern muss Platz gewählt werden, von dem aus keinem nennenswerten Schaden angerichtet werden können Das Oberlandesgericht wies in seinem Urteil u. a. weiter darauf hin, dass es in der Silvesternacht und am Neujahrstag in den Städten und Gemeinden, soweit nicht ein Verbot besonders verfügt wurde, zulässig und üblich sei, nicht erlaubnispflichtige Feuerwerkskörper zu zünden. Auf diesen Brauch müsse man sich - in vernünftigen Grenzen - zum Selbstschutz einrichten. So sei zum Beispiel vom Besitzer eines Gebäudes zu erwarten, dass er in der Silvesternacht und am Abend des 1. Januars Fenster und Türen seiner Gebäude schließe, um Vorsorge vor dem Eindringen von Feuerwerkskörpern zu treffen. Personen, die ein Feuerwerk veranstalten bzw. entzünden, müssen aber andererseits einen Standort wählen, von dem aus anderen Personen oder Sachen nicht ernsthaft gefährdet werden. Da niemals ein Fehlstart von Raketen völlig ausgeschlossen werden kann, muss beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern ein Platz gewählt werden, von dem aus etwa fehlgehenden Raketen aller Voraussicht nach keinem nennenswerten Schaden anrichten können.
Das Urteil des Oberlandesgerichts wurde durch Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof rechtskräftig (BGH Az. VI ZR 68/10).
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online
02.10.2018
Ging ihm gegen den Strich-Malermeister lehnt Akt und Malerei ab
Giacomo Girolamo Casanova, Chevalier de Seingalt, Doktor der beiden Rechte, Schriftsteller, Okkultist, Freimaurer, Abenteurer und Wissenschaftler. Doch den Meisten von uns dürfte er als DER Verführer des Ancien Regimes schlechthin bekannt sein. Seine legendären Verführungskünste waren stets auch mit sinnlichen Tafelfreuden verbunden. Ob die Protagonistin des nachfolgenden Falles sich den berühmten Galant zum Vorbild nahm als sie im Negligé bekleidet einen Malermeister zum Sektfrühstück mit Lachshäppchen lockte, bleibt indes offen-Fakt ist, dass die Avancen der Dame ihren Höhepunkt vor dem Richter fanden.
LG Bonn, Urteil v. 29.3.2017, 5 S 107/16
Der herbeigerufene Malermeister sollte ursprünglich die Innenräume eines Bungalows streichen, stattdessen empfing ihn die Dame das Hauses-eine Zahnarztgattin-im seidenen Negligé und bat den „Maestro“ zum Frühstück mit Sekt und Lachshäppchen. Soweit so Klischee, mit dem Blick zu dem romantisch gedeckten Tisch für zwei, lehnte der 45-Jährige das galante Angebot ab und widmete sich den Abdeckarbeiten im Wohnzimmer.
Die Ablehnung ließ die 59-Jährige Hausherrin jedoch nicht ohne Weiteres gelten und drängte den Handwerker mit ihr das Frühstück zu zelebrieren. „Leicht angezickt stand sie neben mir“ erinnert sich der Malermeister, „Sie bestand darauf, dass ich mit ihr frühstücke“, so der Maler weiter. Es kam schließlich zum Streit und der in Bedrängnis geratene Mann ergriff die Flucht. Das Ereignis vom 20.09.2014 hat nachfolgend zwei Gerichte beschäftigt, denn der zu der Zeit der verabredeten Renovierungsarbeiten sich auf Wandertour befindliche Zahnarzt, hat den Malerbetrieb verklagt.
Als Grund wurde die mangelhafte Leistung gerügt. Die Wände sind fleckig, überall in der Wohnung klebten dicke graue Farbtropfen, Steckdosen seien verschmiert. Deshalb forderte der Zahnarzt vor dem Amtsgericht Rheinbach, zwecks der fachgerechten Beseitigung der Mängel, einen Kostenvorschuss von 1436,43 EUR.
Auf die vorgebrachten Vorwürfe reagierte der Malermeister mit Verwunderung: Er habe nicht einen einzigen Pinselstrich im Haus ausgeführt, widersprach er der Klage. Denn einen Tag nach dem grotesken Vorfall ist er zurückgekehrt in der Hoffnung, dass sich die Lage in der Zwischenzeit beruhigt habe, jedoch öffnete ihm niemand mehr die Tür.
Nach einer Woche habe sich die Zahnarztgattin dann verzweifelt telefonisch an den Handwerker gewendet und ihm mitgeteilt, dass sie die Wände selbst angestrichen habe, jedoch mit dem Resultat nicht zufrieden sei und ob er ihr bei der Beseitigung dieses Problems helfen könne. Dem Handwerker war das Ganze jedoch nur peinlich. Er habe nicht mehr reagiert, da er eine weitere Eskalation fürchtete.
Indessen hat die Zahnarztgattin, die als Zeugin im Prozess auftrat, den Vorfall bestritten: Sie habe dem Handwerker Kaffee und Wasser angeboten, dieser habe die Offerte jedoch ausgeschlagen, weiterhin beteuerte die 59-Jährige, dass sie an dem besagten Tage weder Lachs noch Sekt noch anderweitige Bestrebungen gehabt habe.
Das Gericht habe den Ausführungen der Femme fatale keinen Glauben geschenkt, auch nicht, dass ein Malermeister eine derart dilettantisch ausgeführte Arbeit zurücklässt. Vielmehr ist es wahrscheinlicher, dass die 59-Jährige in der Not selbst die Wohnung gestrichen hatte, um den Vorfall und seine Hintergründe vor dem Ehemann zu verschleiern. Die Klage wurde vor dem Amtsgericht Rheinbach wie jetzt auch vor dem Landgericht Bonn abgewiesen.
28.09.2018
Uncharmante Vermutung-
Azubi schätzt Freundin des Chefs 10 Jahre älter ein und wird fristlos gekündigt
Eine 19-jährige absolvierte ihre Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten bei einem Rechtsanwalt in Edingen-Neckarhausen. Während der Arbeitszeit zeigte der Rechtsanwalt der Auszubildenden ein Foto seiner neuen Freundin und bat diese das Alter der vorgezeigten Dame zu schätzen. Diese Schätze die Dame auf ca. 40 Jahre ein, obwohl diese erst 31 Jahre alt war.
ArbG Mannheim, Az 3 Ca 406/10 vom 24.03.2011
Über diesen Fauxpas seiner Auszubildenden war der Rechtsanwalt anscheinend derart gekränkt, dass er ohne vorhergehende Abmahnung die fristlose Kündigung aussprach. „Sie hat mich regelrecht ausgelacht. Dadurch fühlte ich mich beleidigt“, sagte der Anwalt. Er habe der Auszubildenden dann dreimal leicht auf die Schulter geschlagen, sich dafür jedoch später entschuldigt. Die Auszubildende habe sich daraufhin in den folgenden Tagen grundlos krankgemeldet. Das alleine bedingt schon den Grund für eine Kündigung, so der Anwalt. Begründet war das Kündigungsschreiben dann aber in erster Linie damit, dass die Auszubildende die ihr aufgetragenen Arbeiten fehlerhaft ausgeführt habe. Das Arbeitsgericht Mannheim zeigte indes wenig Verständnis für die Gefühle des Juristen. „Ich verstehe nicht, warum Sie sich durch die falsche Altersschätzung beleidigt gefühlt haben“, sagte die Vorsitzende der Kammer. Auch den zusätzlich erhobenen Vorwurf, die Auszubildende haben nicht immer korrekt gearbeitet, ließ das Gericht als Kündigungsgrund nicht gelten. Insoweit fehle es an einer vorgängigen Abmahnung. Da die klagende Auszubildende mittlerweile schon eine andere Ausbildungsstelle gefunden hatte, einigte man sich vor Gericht auf einen für die Klägerin günstigen Vergleich. Inhaltlich wurde vereinbart, dass das Ausbildungsverhältnis rückwirkend beendet wird und der Rechtsanwalt noch die ausstehende Ausbildungsvergütung in Höhe von EUR 333 nachbezahlt.
Dieser Fall wurde ebenfalls in dem sozialen Meiden zum Teil kontrovers diskutiert. Wodurch sich der Rechtsanwalt regelrecht von den Facebook-Kommentaren gemobbt fühlte. „Ich werde dort auf übelste Weise beschimpft und bloßgestellt“, sagte er. Für dieses Fiasko macht er seine frühere Auszubildende verantwortlich.
26.09.2018
Walnussbäume dürfen Nüsse abwerfen
Die echte Walnuss oder Juglans regia wie ihr botanischer Name lautet und ihre Früchte, namentlich Walnüsse oder auch Fructus Juglandis, gehört zur Familie der Juglandaceae. Ihren Ursprung hat die „Welsche Nuss“ in Asien, ihren deutschen Namen leitet sie hingegen von den Galliern ab, diese wurden auch als Welsche betitelt und brachten die besagte Nuss aus Frankreich mit nach Deutschland. Und hier, genauer gesagt vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main, sorgten die Nüsse dann für eine richterliche Entscheidung in der es darum ging, dass Hauseigentümer nicht für die Schäden durch Walnussbäume haften, welche über die Grundstücksgrenze des Nachbarn ragen.
AG Frankfurt am Main Az 32 C 365/17 (72) vom 10.11.2017
Das Gericht hatte im vorliegenden Fall die Frage zu klären, ob ein Grundstückseigentümer für Schäden an einem Fahrzeug haftet, welche durch herabfallende Nüsse verursacht wurden. Im vorgetragenen Fall ragten die die Äste eines Walnussbaumes 1,5 m auf ein Nachbargrundstück, auf dem der spätere Kläger seinen PKW abgestellt hatte. Der Beklagte hatte den Wallnussbaum regelmäßig gestutzt. Der Kläger trägt vor, dass durch starken Windgang mehrere mit Walnüssen und mit Nüssen behangenen Äste von dem Walnussbaum des Beklagten auf das Fahrzeug des Klägers gefallen seien und dabei mehrere Dellen am Gehäuse, der Motorhaube und dem Dach verursacht hätten. Der dadurch verursachte Sachschaden beläuft sich auf die Summe von rund 3000 EUR. Der Kläger war der Ansicht, dass der Beklagte dafür sorgen müsse, dass von dem Walnussbaum keine Gefahren ausgehen.
Die Entscheidung des Gerichts- Autofahrer müssen beim Parken unter einem Nussbaum allgemeines natürliches Lebensrisiko tragen
Das Amtsgericht Frankfurt am Main folgte dieser Einschätzung nicht. Es entschied, dass der Kläger im Herbst bei einem Walnussbaum mit dem Herabfallen von Nüssen rechnen musste, denn ein solche ist eine natürliche Gegebenheit. Anhaltspunkte dafür, dass der Baum krank gewesen sei, habe es nicht gegeben. Grundsätzlich sei es auch im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert, dass in Städten Nussbäume vorhanden seien; daher müssen die Verkehrsteilnehmer im Herbst damit rechnen, dass Walnussbäume ihre Nüsse verlieren. Wer unter einem Nussbaum parkt, trägt das allgemeine natürliche Lebensrisiko. Entsprechend der Stoiberschen Maxime in der die Frage zu klären war , ob es sich damals um einen „ Schadbär“ oder „ Problembär“ handelte, könnte man hier die Frage nach der „Schad-oder Problemnuss“ aufwerfen, wenngleich die „gefallene Nuss“ nicht einen positiven Effekt in sich trägt, so kann man aus der pharmazeutischen Sicht zumindest dem Baum wohlwollend betrachten. Wallnussblätter wirken Aufgrund ihres Gerbstoffgehalts als zusammenziehend. Sie finden Anwendung bei leichten oberflächlichen Hautentzündungen zum Beispiel bei Akne oder Ekzemen und bei vermehrtem Schwitzen an Händen oder Füßen.
Die Volksmedizin hingegen schätzt den Walnussblättertee auch innerlich bei Magen-Darm-Katarrhen und als sogenanntes Blutreinigungsmittel. Die Walnuss selbst besitzt einen sehr hohen Gehalt an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren zudem Vitamin E, Vitamine der B-Gruppe. Daneben enthalten Walnüsse Kalium, Zink, Magnesium, Eisen und Kalzium. Es gibt Hinweise, dass der moderate Genuss von Nüssen bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen und die Blutfettwerte günstig beeinflussen kann.
27.08.2018
Für einen Bus voll Euro!
Kündigung eines Busfahrers wegen Kassierens von Kundengeldern ohne Ausdruck von Fahrscheinen
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.08.2018
- 10 Sa 469/18 -
In Mafiafilmen kommt es hin und wieder vor, dass ein stilvoll gekleideter Herr, meist in Begleitung, ein Ladenlokal betritt und dem Besitzer mit stoischer Ruhe erläutert, dass dieser nun ab sofort eine bestimmte Summe an die Herren für seinen Schutz zu bezahlen habe und zwar regelmäßig, schließlich koste die so angebotene und professionelle Fürsorge etwas. Sollte der von so viel Nächstenliebe überraschte Lokalbesitzer gegen das Angebot Protest erheben, dann greift meistens die Hausratversicherung bei zerschlagenem Mobiliar oder eben die Krankenversicherung bei zerschlagenen Kniescheiben ein. Nicht unbedingt eine feine Art-aber es geht auch anders, wie der Fall eines Berliner Busfahrers zeigt.
Dieser hat, auf einer für Touristen wichtigen Buslinie von auswärtigen Fahrgästen Geld entgegengenommen, aber keine Fahrscheine ausgedruckt, sondern den Fahrgästen im lässig-amerikanischen Slang erklärt: "You don’t need a ticket". Ein Kunde der Berliner Verkehrsbetriebe hatte sich darüber bei der zuständigen Stelle beschwert und der Fall kam ins Rollen. Daraufhin veranlasste der BVG eine Sonderprüfung. Ein Prüfer der BVG beobachtete und bestätigte als Zeuge, dass der Busfahrer innerhalb kurzer Zeit Geld für insgesamt vier Tickets von ausländischen Fahrgästen entgegennahm, aber keine Tickets ausdruckte und die Kunden durchwinkte. Der Einwand des Busfahrers, er habe allen zahlenden Fahrgästen ein Ticket ausgehändigt, bestätigte sich nach gerichtlicher Einsichtnahme in die Videoaufzeichnungen aus dem Bus nicht. Die Konsequenz war eine fristlose Kündigung des Busfahrers durch die BVG. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die fristlose Kündigung mit seinem Urteil vom 16.08.2018 Aktenzeichen - 10 Sa 469/18 - für wirksam gehalten- Das Verhalten Fahrers rechtfertigt eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Das Gericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Vielleicht hätte der Busfahrer, weiter auf English, vor Gericht wie in der Lewinsky-Affäre Bill Clinton, frei nach dem Präsidenten der USA argumentieren sollen „I have no monetary relationships with this customers“.
17.08.2018
Kindergeld-Achtung bundesweite Kontrollen durch Kindergeld-Fahnder!
Durch den sprunghaften Anstieg von Kindergeldbezügen aus dem Ausland alarmiert, sah sich die Bundesagentur für Arbeit dazu veranlasst, zunächst im Modellversuch, Fahnder der Familienkasse in NRW verdächtige Kindergeldanträge zu untersuchen und das mit durchschlagenden Erfolg! Von 100 untersuchten verdächtigen Kindergeldanträgen wurden 40 als Betrug enttarnt. Das Modell soll nun bundesweit zum Einsatz kommen.
Bei ihrem Vorgehen gegen die Betrüger kooperieren die Fahnder mit Zoll, Schul- und Einwohnermeldeämtern, Steuerbehörden sowie ausländischen Sozialämtern. Dass diese Herangehensweise erfolgreich ist, zeigt das Beispiel der in Wuppertal und Düsseldorf durchgeführten Kontrollen. Bei den 100 untersuchten Verdachtsfällen, wurden 40 ungerechtfertigte Anträge durch die Fahnder aufgespürt - insgesamt 400.000 EUR Kindergeld sind dabei zu Unrecht ausgezahlt worden. Nun soll das in NRW erprobte Modell Bundesweit zum Einsatz kommen. Hintergrund bildet ein erneuter rekordartiger Anstieg von ausländischen Kindergeldempfängern die teilweise unter Betrugsverdacht standen. In Zahlen ausgedrückt heißt das, dass im Juni 2018 Kindergeldleistungen für 268.336 Kinder gezahlt wurden, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland, sondern im EU-Ausland haben. Dies stellt eine Zunahme um rund 10,4 % seit Ende 2017 dar. Im Inland beziehen hingegen über 2,7 Mio. Kinder aus anderen Ländern Kindergeld.
Mehrere Oberbürgermeister sprechen bereits von einer gezielten und wachsenden Migration in das deutsche Sozialsystem und auch CDU-Politiker fordern eine Anpassung der Kindergeldleistungen an die Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Herkunftsländer in welchen die Kinder leben. Bis es soweit ist, wird das in Wuppertal und Düsseldorf begonnene Fahndungssystem auf Hamburg und Bremen ausgeweitet werden. Ab 2019 sollen dann bundesweit in jeder der 14 regionalen Familienkassen zwei Fahnder zum Einsatz kommen.
15.06.2018
Rote Karte-Abmahnung wegen 30 Sekunden Fußballschauens während der Arbeitszeit zulässig
Der Startschuss zur FIFA WM 2018 ist gefallen! Fußballfans freuen sich bereits jetzt schon auf spannende Spielverläufe und den Sieg ihres Favoriten. Nicht jedem wird es aber vergönnt sein, alle Spiele im TV mit zu verfolgen, wenngleich auch die Spiele aufgrund der Zeitverschiebung bedeutend später anfangen werden als in den Fußballweltmeisterschaften zuvor-wer jedoch seine Arbeitszeit dafür nutzt um auch nur kurz ein Spiel anzuschauen riskiert eine Abmahnung durch den Arbeitgeber.
Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 28.08.2017
- 20 Ca 7940/16 –
Auch wenn ein Arbeitnehmer während seiner regulären Arbeitszeit nur einen kurzen Blick auf das Fußballspiel wirft, sprich einen Fußball-Livestream auf dem dienstlichen Computer verfolgt, kann vom Arbeitgeber abgemahnt werden. Denn das Anschauen eines Fußballspiels während der Arbeitszeit, hindert einen Arbeitnehmer an der Erbringung seiner arbeitsvertraglichen Leistung. So wie in dem, zur Entscheidung vor dem Arbeitsgericht Köln, vorgelegten Fall. Hier hatte sich der Mitarbeiter am 25.02.2016 gegen 17.35 Uhr für einen Zeitraum von 30 Sekunden bis maximal zwei Minuten zusammen mit einem Arbeitskollegen ein Fußballspiel in einem Livestream eines Bezahlsenders angeschaut. Darauf hin wurde er vom Arbeitgeber abgemahnt, wogegen er gerichtliche Schritte unternahm und zudem vom Arbeitgeber die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangte.
Arbeitsgericht Köln: Abmahnung war gerechtfertigt
Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage des Arbeitsnehmers ab und gab dem Arbeitgeber Recht. Zwar könnten Arbeitnehmer in bestimmten Fällen die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen (BAG, Urteil vom 02.11.2016 - 10 AZR 596/16). Die Entfernung der Abmahnung könne z.B. verlangt werden, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt sei, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalte, auf einer unzutreffenden Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruhe oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzte. Jedoch sei hier im Fall die Abmahnung zu Recht erfolgt, so dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet werden könne, die Abmahnung zu entfernen. Der Arbeitnehmer habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, indem er nicht seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung erbrachte, sondern ein Fußballspiel auf einem dienstlichen Computerbildschirm angesehen hat, was den Arbeitgeber zu einer Abmahnung berechtige. Das Arbeitsgericht Köln verglich das Anschauen eines Fußballspiels an einem dienstlichen Computer über einen Livestream eines Bezahlsenders während der Arbeitszeit mit einer Pflichtverletzung durch private Internetnutzung während der Arbeitszeit. Hierbei verletze der Arbeitnehmer grundsätzlich seine Hauptleistungspflicht zur Arbeit (vgl. BAG, Urteil vom 07.07.2005 - 2 AZR 581/04 und BAG, Urteil vom 31.05.2007 - 2 AZR 200/06)). Je mehr ein Arbeitnehmer bei der privaten Nutzung des Internets seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässige, umso schwerer wiege die Pflichtverletzung -BAG, Urteil vom 07.07.2005 - 2 AZR 581/04. Während der Dauer des Anschauens des Fußballspiels sei der Arbeitnehmer an der Erbringung seiner arbeitsvertraglichen Leistung gehindert gewesen. Er habe daher während dieser Zeit seine arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht verletzt. Schließlich sei dem Arbeitnehmer auch bekannt und bewusst gewesen, dass er seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzte, indem er ein Fußballspiel ansah. Nach allem liege in dem streitgegenständlichen Verhalten des Arbeitnehmers objektiv eine Verletzung der arbeitsvertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht. Diese Pflichtverletzung habe der Arbeitgeber abmahnen dürfen.
Es ist sicherlich nachvollziehbar, dass Fußballfans während der WM ihre Mannschaften anfeuern wollen, auch wenn sie durch ihre Arbeit daran „gehindert“ werden-jedoch ist es empfehlenswert vor etwaigen Alleingängen, nach der Devise „nur Mal kurz schauen„ Abstand zu nehmen, schließlich soll ihr gute Ruf gegenüber dem Arbeitgeber oder sogar der Arbeitsplatz selbst dem WM-Fieber nicht zum Opfer fallen. Aber Fragen kostet ja bekanntlich nichts. Besser ist es daher den Vorgesetzten zu fragen, ob er das Anschauen von WM-Spielen genehmigt.
04.06.2018
Gesetzesänderungen im Juni 2018
Dieselfahrverbot und ungetrübter Fußballgenuss zur WM 2018 !
Ab dem 1. Juni gelten in Deutschland einige neue Gesetze. Insbesondere Fußballfans, Dieselfahrer und Landwirte werden durch die neuen Normen betroffen sein. Alle Hintergründe erfahren Sie im Nachfolgenden.
Das Dieselfahrverbot
Bereits ab dem 31.05.2018 gilt im Hamburger Stadtteil Altona ein Teilverbot für Dieselfahrzeuge. Auf einer Strecke von rund 600 Metern der Max-Brauer-Allee dürfen nur Dieselfahrzeuge mit der Abgas-Norm Euro 6 fahren. Insgesamt 1,6 Kilometer der Stresemannstraße sind nur für Nicht-Euro-6-Fahrzeuge über einem Gesamtgewicht von 3.5 Tonnen gesperrt. Ausnahmen gelten dabei insbesondere für Anwohner und deren Besucher sowie Rettungsfahrzeuge, Müllautos, Taxis und Lieferfahrzeuge.
Bei Zuwiderhandlung-sprich bei einem Verstoß gegen das Dieselfahrverbot beträgt das Bußgeld 25 EUR für PKW und 75 EUR für LKW. Als Grundlage für die Durchfahrtsbeschränkung von Dieselfahrzeugen gilt die im vergangenen Februar vom Bundesverwaltungsgericht verfasste Norm, wonach Dieselfahrverbote als zulässige Maßnahme gegen zu hohe Stickoxidwerte erklärt wurde. Jedoch dürfen die Bundesländer die Verbote nur verhältnismäßig verhängen.
Gewerbliche Transporte mit schnellen Traktoren, bedürfen weiterhin keiner gesonderten Genehmigung
Dies bedeutet im Konkreten, dass Lohnunternehmer und Landwirte, die nicht für sich selbst gewerbliche Transporte erledigen, brauchen ab Juni 2018,weiterhin keine Erlaubnis hierfür einzuholen. Grundlage dafür bildet eine Auslegung des Güterkraftverkehrsgesetztes. Demnach hätten Transporte mit Fahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mindestens 40 km/h einer Erlaubnis bedurft. Diese Geschwindigkeit erreichen in der Zwischenzeit auch viele Traktoren. Das Bundesverkehrsministerium setzte die Anwendung jedoch zunächst bis Juni 2018 aus. Die Ausnahme wurde nun so lange verlängert, bis geplante gesetzliche Änderungen in Kraft treten.
Ruhestörung zur Fußball-WM-Lärmschutz wird gelockert
Am 14.06.2018 erfolgt der Anpfiff in Russland! Die WM beginnt um 17.00 Uhr mit dem Spiel der Gastgebermannschaft gegen Saudi-Arabien. Am Sonntag den, 17.06.2018 trifft Deutschland in seinem ersten Spiel auf Mexico. Mit in der deutschen Gruppe F sind außerdem Schweden und Südkorea. Am Samstag, den 23.06.2018 ab 20.00 Uhr duelliert sich Deutschland gegen Schweden auf dem grünen Rasen um das beste Endergebnis. Die nächste Partie muss Deutschland dann am Mittwoch, den 27.06.2018 ab 16.00 Uhr gegen Südkorea ausfechten. Diese und viele weitere spannende Begegnungen auf dem Spielfeld werden von Fans der jeweiligen Mannschaften am Bildschirm verfolgt werden-ob nun Daheim oder beim Public Viewing, es dürfte wohl laut mitgefiebert und mitgejubelt werden. Aufgrund der Zeitverschiebung werden einige Spiele erst nach 22.00 Uhr enden. Sorgen wegen einer Ruhestörung müssen sich Fußballfans und Public-Viewing-Veranstalter jedoch nicht machen, denn die Bundesregierung hat eine bis zum 31. Juni geltende Verordnung beschlossen, wonach Kommunen den nächtlichen Lärmschutz fürs Public Viewing lockern dürfen.
11.04.2018
Göttliches Urteil der Diana-Polizei lehnt Bewerber ab!
Die Geschichte von Tattoos reicht womöglich bis an die Wurzeln der Zivilisation zurück. Dokumentiert sind die ersten Hautpiktogramme in Ägypten und beim Gletschermann Ötzi. Darüber hinaus auch in vielen verschiedenen Kulturen rund um den Erdball. Die Bedeutung des Tattoos ist dabei sehr Unterschiedlich aufzufassen. Diese kann grob umrissen auf Funktionen als Mitgliedszeichen, rituelles oder sakrales Symbol hindeuten oder den sozialen Status des Trägers unterstreichen. In der heutigen Zeit dienen Tätowierungen als Ausdrucksmöglichkeit für Exklusivität, Selbstdarstellung, Geltungssucht und Abgrenzung, Oder können auch zur Ausgrenzung bei bestimmten Berufsgruppen führen-wie im folgenden Fall.
Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 03.04.2018 Az.:58 Ga 4429/18
Im nachfolgenden Fall lehnte der Berliner Polizeipräsident einen Bewerber aufgrund seiner Tätowierung am Unterarm ab, das die Göttin Diana mit entblößten Brüsten zeigt. Dies wollte der Bewerber nicht hinnehmen und setzte sich gegen die Entscheidung gerichtlich zur Wehr. Darüber hinaus wollte der abgelehnte Bewerber, der sich auf eine Stelle für den Zentralen Objektschutz der Berliner Polizei beworben hatte, eine anderweitige Besetzung der Stelle dadurch verhindern, in dem er vor dem Berliner Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt hatte. Diesen Antrag wies das Gericht zurück.
Das Gericht verwies auf den Beurteilungsspielraum der Berliner Polizei und konnte Ermessenfehler bei deren Entscheidung nicht erkennen. Es sei jedenfalls gut vertretbar, dass eine solche Abbildung auf dem Arm eines Mitarbeiters des Polizeipräsidenten von Bürgerinnen und Bürgern als sexistisch wahrgenommen werden könne. Die Berliner Polizei hatte ihre Einstellungspraxis im Hinblick auf Tätowierungen zuletzt gelockert, indem sie auch im Dienst sichtbare Tattoos teilweise für zulässig erachtet, sofern diese mit den Anforderungen an das Auftreten und die Neutralität der Dienstkräfte in der Öffentlichkeit vereinbar sind.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts kann mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg angegriffen werden.
Es ist aus dem Fall nicht hervorgestochen, aus welchen Motiven heraus sich der Bewerber nun ausgerechnet für ein Tattoo mit der Figur der Göttin Diana entschieden hatte und ob dabei mehr die Selbstdarstellung oder die Mystik als Hauptmotiv für seinen Entschluss überwogen. Folgt man jedoch der mythologischen Bedeutung des einst praktizierten Dianakultes, so wird Diana in der römischen Mythologie als die Göttin der Jagd, des Monde der Geburt und als die Beschützerin von Frauen und Mädchen verehrt. Würde man weiterhin diese Hypothese aus dem vorliegenden Fall zu Grunde legen, so könnte dem Bewerber weniger sexistische als edelmütige Charakterzüge zugesprochen werden, nämlich die eines Beschützers von Schwachen und Wehrlosen, wozu auch unter Umständen Frauen zählen dürften. Ob das Gericht dieses Gedankenspiel in einem weiteren Beschwerdeverfahren aufgreifen und diesem auch zugunsten des Bewerbers folgen wird, bleibt abzuwarten.
23.03.2018
Arbeitskollege Hund-Stimmungsmacher oder Stimmungskiller?
Sie performen nicht unbedingt glänzend bei der Präsentation der betrieblichen Kennzahlen und sind auch kein rhetorisches Ass im täglichen Büro-Smalltalk, dennoch können sie für eine gute Unterhaltung sorgen- die Rede ist von Bürohunden. Diese können nachweislich das Zusammengehörigkeitsgefühl im Büro stärken und für eine positive und damit produktive Atmosphäre im Unternehmen sorgen- oder das genaue Gegenteil davon, nämlich dann, wenn das Tier einen Kollegen stört.
Amtsgericht München, Beschluss vom 20.10.2017 Az.:182 C 20688/17
Der Fall
Im vorliegenden Fall hatte ein Angestellter den Antrag gestellt seiner Kollegin im Eilverfahren unbefristet zu untersagen, ihren Rauhaardackel in die gemeinsamen Büroräume mitzubringen und darüber hinaus im Falle einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR anzuordnen.
Der Antragsteller beschwerte sich darüber, dass von der Kollegin ein 6 Monate alter Hund, ein Rauhhaardackel übrigens, von dieser täglich mit ins Büro gebracht werde, ohne, dass die Kollegin hierfür um eine Erlaubnis gefragt hätte. Zwar halte sich der Hund überwiegend im Büro der Kollegin auf, würde dieser jedoch auch nach draußen in den Flur, den Empfang, das Kopierzimmer u.a. folgen bzw. würde von dieser auch dorthin getragen werden. Zudem liege der Hund im Dienstzimmer auf einem Stuhl auf dem, der Antragsteller, später Platz nehmen müsse. Der Antragsteller machte darüber hinaus klar, dass sowohl er selbst wie auch einige Bürokollegen aufgrund von schlechten Erfahrungen weder Hunde an sich, noch ihren Geruch mögen würden. Zudem macht der Antragsteller auf gesundheitliche Risiken im Hinblick auf den Hund aufmerksam - schließlich würden einige Menschen hochallergisch auf Hunde reagieren. Darüber hinaus würde der Hund die Außenwirkung der Firma beeinträchtigen und zudem für die von Kunden mitgebrachten Kleinkinder oder gar Hunde ein Problem darstellen, so der Antragsteller weiter. Dies lies der Antragsteller seine Kollegin wissen und forderte diese schriftlich auf, den Hund binnen einer Wochenfrist nicht mehr ins Büro mitzubringen. Die Antragsgegnerin wandte sich hernach per Email an ihre Kollegen, sie wissen zu lassen, ob sie etwas gegen den Hund einzuwenden hätten. Den Vorschlag des Antragsstellers den Hund mitzubringen, diesen aber nur in dem Büroraum zu lassen, habe die Kollegin nicht angenommen. Vielmehr entgegnete die Antragsgegnerin vorgerichtlich, dass ebenso auch von den Kunden mitgebrachte Hunde allergische Reaktionen auslösen können, zudem habe sie ihr Vorhaben lange Zeit zuvor vor den Kollegen bekundet und angemerkt, dass sich ein Hund positiv auf das Betriebsklima und auf die Produktivität des Unternehmens auswirken würde.
Die Entscheidung
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München sah keinen Grund zu einer Eilentscheidung. Es liegt keine Dringlichkeit im Sinne einer objektiv begründeten Besorgnis vor, dass dem Antragsteller wesentliche Nachteile drohen würden, die es gälte abzuwenden. Es ist zum einen weder im Einzelnen dargetan noch ersichtlich, dass der gute Ruf (der Firma) des Antragstellers einen irreparablen Schaden dadurch erleiden würde, dass die Antragsgegnerin ihren Dackel mit in die Arbeit bringt und es hierdurch zu konkreten Nachteilen wie etwa Umsatzeinbußen, Beschwerden (...) oder gar allergischen Reaktionen gekommen wäre. Zum anderen rechtfertigt die Antragsbegründung auch nicht, weshalb vorliegend nicht eine Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden könnte. Der Beschluss ist rechtskräftig. Wie das Gericht im Hauptverfahren entscheidet bleibt offen.
Der Hund ist der beste Freund des Menschen, nicht jedoch ist der Mensch der beste Freund des Hundes. Gegenseitige Toleranz auf beiden Seiten im täglichen miteinander ist dabei eine Notwendigkeit.
22.02.2018
Industrie 4.0- wie die Digitalisierung die Arbeitswelt umwandelt.
Für 2018 prophezeien Experten der deutschen Wirtschaft ein weiteres Boomjahr. Bereits im vergangenen Jahr wuchs die Wirtschaft hierzulande um 2,3 %. Darüber hinaus wurde der tiefste Stand der Arbeitslosenquote seit 25 Jahren gemessen und die Zahl der Studierenden hat sich im Laufe der letzten 20 Jahre kontinuierlich erhöht, so dass inzwischen ca. doppelt so viele Menschen ein Studium aufgenommen haben als in den vergangenen Jahren. Das wiederum bedeutet, dass die Gesellschaft immer gebildeter wird. Im Gesamtergebnis also gute bis sehr gute Aussichten für die Zukunft was den Arbeitsmarkt und die Beschäftigung angeht, könnte man attestieren- wäre da nicht die „Oxford-Studie“.
Die vorgestellte Studie der renommierten University of Oxford hat nämlich in Ihrer Behauptung die Grundfeste der Arbeitswelt erschüttert –demnach werden in den kommenden 25 Jahren 47 % der Jobs verschwinden-soweit die Situation in den industriell entwickelten Ländern. Die Auswirkungen der digitalen Revolution sind heute schon spürbar. Wie das Manager Magazin 2017 titelte, fielen bei dem Versicherer Allianz 700 Stellen der Digitalisierung zum Opfer-und das ist erst der Anfang.
Nun könnte man ins Feld führen, dass wann auch immer in der Geschichte der Menschheit, technischer Fortschritt menschliche Arbeitskraft überflüssig machte, neue Märkte mit neuen Möglichkeiten entstanden sind und, dass am Ende die Gesellschaft insgesamt immer wohlhabender aus der zuvor staatgefundenen Umwandlung hervorgegangen sei. Diese Theorie wurde bisher auch weitgehend von renommierten Ökonomen gestützt. Dem wiederspricht jedoch der Philosoph und Publizist Richard David Precht unter Berufung auf die bereits erwähnte „Oxford-Studie“. „Diesmal sei alles anders, wir stehen vor einem Umbruch der Gesellschaft, der strukturell der größte seit 250 Jahren ist“ so Precht in seiner pessimistischen Warnung.
In der „ Oxford-Studie“ der renommierten Ökonomen Carl Benedikt Frey und Michael Osborne lautet die düstere Prophezeiung, dass binnen der nächsten zwei Dekaden mutmaßlich jeder zweite Job in den USA ersetzbar sein wird. Soweit, so USA. Doch wie sieht die Situation in Europa und insbesondere in Deutschland aus ?
Zunächst macht Precht auf die politische Brisanz durch die Wahl Donald Trumps sowie den Zulauf der rechtspopulistischen Parteien und dem Wegbrechen der gesellschaftlichen Mitte aufmerksam. Denn auch in Europa und allen voran in Großbritannien, in den Niederlanden und auch in Deutschland ist ein Abschied des Großteils derjenigen festzustellen auf deren Schultern das Wachstum der Nation liegt-nämlich der gesellschaftlichen bzw. „bürgerlichen Mitte.“ Das Fundament der liberaldemokratischen bürgerlichen Gesellschaft scheint zu bröckeln“, stellt Precht unter dem Verweis auf den Brexit-Entscheid fest und den Zulauf bei den rechtspopulistischen Parteien wie der PVV in den Niederlanden oder AfD in Deutschland.“ Zumindest haben die Menschen ein diffuses, manchmal ein konkretes Unbehagen an der Gesellschaft, die so lange so erfolgreich war“, sagt Precht.
Den Grund dazu fügt er nach- es liege am klassischen Arbeitsmodell „Leistung gegen Entlohnung“ wie es jahrzehntelang usus war und funktionierte und der Grund für Deutschlands Wachstumsgröße war, wird künftig nicht mehr funktionieren. „Business as usual ist angesichts der gewaltigen Umbrüche nicht mehr möglich“ so Precht. Dieses dargestellte Szenario wird auch weitgehend von Martin Sonnenschein, Partner und Europa-Chef der Unternehmensberatung A.T.Kearny der für Deutschland ein ähnliches Szenario wie in den USA voraussieht gestützt. „In 20 Jahren wird fast die Hälfte der heutigen Arbeitsplätze in Deutschland durch Roboter, die die Jobs effizienter erledigen können, ersetzt werden“ so Sonnenschein in seiner Expertise.
„Software is eating the world“ hallt es ebenfalls aus der Wiege der digitalen Revolution, dem Silicon Valley. Sollte die Aussage des Internetunternehmers Marc Andreessen etwa ein Vorbote und gleichzeitige Rückerinnerung an die Aussage des Girondisten Pierre Victurnien Vergniaud aus der Zeit des Französischen Umbruchs im 18 Jhd. „ Die Revolution frisst Ihre Kinder“ sein, bevor das Fallbeil der Digitalisierung auf die Arbeitswelt und ihre „Kinder“ herabfällt und deren Schicksal für immer besiegelt, ohne jedoch durch die Abtrennung von den alten Prozessen eine Hydra aus neuen Möglichkeiten für diese zu erschaffen? Fakt ist, wir befinden uns bereits Mitten in diesem Prozess, der schleichend und daher nicht so drastisch wahrnehmbar ist wie eine plötzliche Wandlung. Doch die Vorboten dieser Entwicklung sind schon in vielen Bereichen der Wirtschaft im vollen Gange. Software die Röntgenbilder nach Tumoren scannt zum Beispiel, oder selbstfahrende Autos. Computer stellen Anlagedepots zusammen und prüfen Immobilienkredite. Das papierlose Büro als weiterer Schritt. Kaum eine Branche die nicht betroffen ist, ob bei Banken oder Versicherern, in Personal-und Vertriebsabteilungen, im Vorstandszimmer und im kaufmännischen Bereich. Der Einschätzung der Oxfordökonomen Osborne und Frey zufolge werden bald neun von zehn Sachbearbeitern überflüssig sein. Damit nicht genug, auch die Hochqualifizierten sind davor nicht gewappnet, denn die Technologie lernt, versteht Muster, scannt Millionen von Daten binnen Sekundenbruchteilen. Sie ist in der Lage Studenten zu unterrichten, diagnostiziert Krankheiten und klärt auch Rechtsfragen. „ Sie ersetzt Professoren, Ärzte, Anwälte“. So zumindest die Beobachtung der VWL-Professorin Dalia Martin.
Doch was genau ist der Grund dafür, dass auch die Fachkräfte und zwar anders als in den vorangegangen technischen Umbrüchen nicht im gleichen Ausmaß in neuen Betätigungsfeldern ihr Auskommen finden. Hierzu hält Precht wiederum eine These parat und zwar die, dass anders als damals werden mit dem Eintritt ins vierte digitale Zeitalter keine neuen Märkte geschaffen, sondern der bereits zur Verfügung stehende globale Markt mit der Hilfe von Computern und Robotern effizienter bewirtschaftet. Man mag nun Precht kritisch entgegnen, dass das iPhone zum Beispiel seiner These entgegenläuft-hier erwidert er „ Wo werden denn im Banken-und Versicherungsbereich so viele neues Stellen geschaffen wie beispielsweise infolge des Online-Bankings durch den Abbau von Bankfilialen freigesetzt werden?“ Auch wenn das iPhone zu einer Vielzahl von neuen Jobs geführt hat-die vor dem Apple Flaggschiff völlig unbekannt waren, so darf man darüber nicht vergessen, dass in der Zukunft weitere atemberaubende Erfindungen mehr und mehr von Robotern zusammengeschraubt, verkauft und nach Hause geliefert werden.
Angesichts derartiger Zukunftsszenarien stellt sich konsequenterweise die Frage, welche Tätigkeiten und Berufe werden denn gefragt sein in einer von Robotern dominierten (Arbeits-)Welt sein. Der Fokus fällt dabei auf hochspezialisierte Dienstleistungsberufe, insbesondere im sozialen und kreativen Bereich-diese sind, so die Meinung, auch künftig gefragt. Nur wie viele werden es denn sein? Und wird es für alle ausreichen? Was macht der Rest? Und wie löst man die Frage der gerechten Umverteilung der durch Maschinen produzierten Waren und Dienstleistungen auf jene die mit dem Prozess nichts mehr zu tun haben werden. Hier ist Precht der Überzeugung, dass wir für diese Situation neue Spielregeln brauchen werden, um das zu erhalten was uns in der heutigen Gesellschaft wichtig ist und dieses an eine veränderte anzupassen und somit zu erhalten.
In dieser Hinsicht steht gerade Deutschland vor einer großen Herausforderung. Denn die bürgerliche Gesellschaft hierzulande definiert sich über den Begriff der Arbeit und der Tüchtigkeit, als die Kardinaltugend einer Leistungsgesellschaft. Leistung bringen, Chancen nutzen, Chancengerechtigkeit herstellen sind weitere gelebte Attribute und tragende Säulen dieser Leistungsgesellschaft-Gestern wie heute. In der Zukunft, so prophezeit Precht sei damit jedoch Schluss. „ In 20 Jahren erleben wir eine Gesellschaft, in der wir überhaupt nicht mehr von einer Leistungsgesellschaft reden können, weil für die Hälfte der Menschen gar keine Möglichkeit mehr besteht, im klassischen Sinne Leistung gegen Entlohnung zu leisten“ so Precht.
Im Augenblick wie Anfangs erwähnt sei dieses Szenario schwer vorstellbar, haben doch Experten für das Jahr 2018 ein weiteres Wachstum der deutschen Wirtschaft prophezeit. Ja das ist richtig, denn Deutschland durchlebt im Augenblick eine Art Sonderkonjunktur, die damit zusammenhängt, dass Länder wie China, Brasillien und Indien einen bisher nie dagewesenen Aufstieg erleben. Und der deutsche Mittelstand stellt genau die Maschinen her, die diese Länder benötigen, um deren Industralisierung nachzuholen. Hinzukommt, dass die wachsende Mittel-und Oberschicht in den sog. Schwellenländern deutsche Autos liebt. Qualität Made in Germany ist weltweit also gefragt und geschätzt. Nur ändert dieser Umstand nichts an dem Heer von Arbeitslosen der Zukunft, der die auf uns warten. Wie schafft man also den gesellschaftlichen Wandel und die Bewahrung der gesellschaftlichen Mitte, also denjenigen die Deutschland groß gemacht haben, wenn eine klassische bürgerliche Gesellschaft die sich bis dato über Leistung und Fleiß definierte und deren bisherige Werte durch Technik obsolet gemacht werden. Precht weist auf einen möglichen Lösungsansatz hin- das sogenannte Grundeinkommen. Hier wiederum ist die Politik gefragt, sie muss unter Berücksichtigung der vorgestellten Studie nicht nur die Voraussetzungen für das Grundeinkommen schaffen, vielleicht durch die Einführung und Erhebung einer Digital bzw. Robotersteuer.
Diese Vorschau auf die nahe Zukunft mag verstörend sein, Fakt ist, dass wir uns dieser kommenden Herausforderung stellen müssen und zwar jeder Einzelne von uns. Ob Ihr Beruf und in welchen Ausmaße durch eine Automatisierung betroffen ist, können Sie beim JOB FUTUROMAT unter dem folgenden Link herausfinden:
https://job-futuromat.iab.de/
Text:Arthur Vorreiter
29.01.2019
Recht Kurios- Grumpy Cat siegt im Markenstreit vor Gericht -710.000 EUR Schadensersatz
In den USA ticken die Uhren manchmal etwas anders- so hat die berühmte Internet Katze einen Streit um Markenrechte gegen einen amerikanischen Kaffeehersteller vor Gericht gewonnen. Der Kaffeehersteller muss aufgrund seiner durch „Grumpy-Cat-Kaffe“ herbeigeführten Markenrechtsverletzung nun umgerechnet 710.000 EUR Schadensersatz zahlen. Ob, die mürrische Katze sich darüber gefreut hat, blieb offen.
Der Fall
Die für ihren grimmigen Gesichtsausdruck durch das Internet berühmt gewordene Fellnase aus den USA ist ein echter Star. Dieses Potential wollte sich ein amerikanischer Kaffeehersteller für sein Produktmarketing zu Nutze machen und erwarb von der Besitzerin, der scheinbar immer schlecht gelaunten Katze das Recht, die Marke für einen „Grumppoccino“ zu nutzen.
Bald darauf begann das Unternehmen jedoch auch noch „Grumpy-Cat-Kaffe“ sowie weitere Produkte wie T-Shirts mit dem Abbild der mürrischen Samtpfote zu verkaufen. Dagegen reichte die Besitzerin von Tardar Sauce (wie das Haustier in Wahrheit mit Namen heißt) bei einem US-Gericht Klage ein, und gewann. Der Kaffehersteller muss nun umgerechnet 710.000,00 EUR Schadensersatz für die begangene Markenrechtsverletzung an die Besitzerin der Katze Tabatha Bundesen zahlen.
Neben der Vermarktung von Kaffeesorten ist Grumpy Cat auch sonst in der weltweiten Öffentlichkeit vertreten. Darunter war die Katze u.a. Gast bei Talkshows wie „Good Morning America“ und hat 2014 ihren eigenen Spielfilm gedreht und wird zudem auch als Kuscheltier vermarktet. Der Zufluss aus dem Markenrechtstreit mag daher, ob des Marktwertes von Grumpy Cat, wohl nur einen geringen Teil der sonstigen Einnahmen ausmachen.
24.01.2018
Arbeitgeber übernimmt Verwarnungsgeld bei Falschparken - Ist das Arbeitslohn?
Eine Situation die jeder von uns tagtäglich beobachten kann: ein Paketdienst liefert die lang ersehnte Sendung- dabei kommt es sehr häufig vor, dass die Kurierfahrer zum Be-und Entladen in Fußgängerzonen halten. Häufig wird diese Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld gegen den Fahrer geahndet. Wenn nun aber das Unternehmen, bei dem der Fahrer angestellt ist, die Kosten für die Verwarngelder übernimmt, ist dies dann als Arbeitslohn zu werten? Das bejahte das Finanzamt, zu Recht?
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 04.112016 - 1 K 2470/14 L
Der Sachverhalt
Der bei dem Paketdienstleister angestellter Kurierfahrer musste wiederholend zum Be-und Entladen seines Lieferfahrzeuges in Halteverboten von Fußgängerzonen halten. Dabei hat der Paketzustelldienst in mehreren Städten kostenpflichtige Ausnahmegenehmigungen erwirkt, die ein kurzfristiges Halten der Auslieferungsfahrzeuge zum Zwecke des Be-und Entladens in Halteverbots-und Fußgängerzonen erlauben. Jedoch war eine derartige Ausnahmegenehmigung nicht überall erhältlich. Die sowohl gegen das Unternehmen als auch gegen den Fahrer festgesetzten Verwarnungsgelder wurden von dem Unternehmen gezählt.Das zuständige Finanzamt wertete die Übernahme der Verwarnungsgelder als einen lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn der Fahrer. Dabei folgten die Steuerbehörden bei ihrer Entscheidung einer geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes.
Die Entscheidung
Dem trat das Finanzgericht Düsseldorf mit seinem Urteil, Az. 1 K 2470/14 L vom 01.11.2016 entgegen. Es fehle bereits an einem Zufluss von Arbeitslohn auf Seiten der Arbeitnehmer. Denn die Klägerin erfülle mit der Zahlung der Verwarnungsgelder lediglich eine eigene Verbindlichkeit. Zwar hätten die Fahrer die Ordnungswidrigkeit begangen. Die Verwarnungsgelder seien jedoch unmittelbar gegenüber dem Unternehmen als Halterin der Fahrzeuge festgesetzt worden. Das Unternehmen habe auch keine Regressansprüche gegenüber den Fahrern.
Ungeachtet dessen sei die Zahlung der Verwarnungsgelder aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse der Klägerin erfolgt. Sie habe keinen Entlohnungscharakter. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Unternehmen nur Verwarnungsgelder wegen Verstößen gegen Park- und Haltevorschriften im ruhenden Verkehr zahle, die zudem von seinen Fahrern bei der Auslieferung und Abholung von Paketen in Gebieten ohne Ausnahmeregelung begangen worden seien. Dabei handele es sich um beachtliche betriebsfunktionale Gründe. Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
21.12.2017
Fremdenfeindliche Bilder auf WhatsApp - Kollege petzt beim Chef
Wer früher die Untaten seiner Mitschüler beim Lehrer verpetzt hatte, erfreute sich nicht gerade außerordentlicher Beliebtheit. Die Motivation des Informanten mag dabei möglicherweise der übertriebenen Pflicht-und Gesetzestreue oder aber auch purer Böswilligkeit entspringen-Tatsache ist, dass sie nur einer Seite dienlich ist, hier die des Vorgesetzten, die Kollegen des Mitarbeiters dürften über dessen Aktion hingegen „not amused“ gewesen sein.
Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 15.11.2017 - 4 Ca 1240/17
Der Sachverhalt
Die Stadt Worms hatte vier Mitarbeitern die Kündigung ausgesprochen, weil diese fremdenfeindliche Nachrichten in einer privaten WhatsApp-Gruppe verschickt hatten. Ein Teilnehmer dieser WhatsApp-Gruppe hatte sodann den Arbeitgeber informiert. Dieser sah das Verhalten als inakzeptabel.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht sah hierhin jedoch keinen Kündigungsgrund, weil dies auf den privaten Smartphones der Mitarbeiter geschah und diese darauf vertrauen durften, dass dies nicht nach außen getragen würde. Auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. BAG, Urteil vom 10.12.2009, 2 AZR 534/08, Rd.-Ziff. 18) entschied das Arbeitsgericht, dass es arbeitsrechtlich nicht zu Lasten des sich äußernden Arbeitnehmers gehen darf, wenn ein Gesprächspartner diese Vertraulichkeit aufhebt und den Arbeitgeber informiert. Die Stadt wolle nun das schriftliche Urteil prüfen und dann über weitere rechtliche Schritte entscheiden.
Wie es nun zwischen den Kollegen um die Wohlfühlatmospähre im Betrieb bestellt sein darf, kann man wohl erraten. Zusammenfassend ließe sich das auf die Formel reduzieren, dass man den Verrat schätzt, nicht jedoch den Verräter.
22.11.2017
Stelle mit Aussicht- Nach Voyeuraufnahmen folgt die fristlose Kündigung eines Trainers
Ein Trainer für Radsport hat einen Blick zu viel über den Tellerrand geworfen. Der Verein, in dem der Sporttrainer angestellt war, warf ihm vor, in der Umkleidekabine Sportlerinnen mit einer versteckten Kamera gefilmt zu haben. Der Verein hat das befristete Arbeitsverhältnis des Trainers für Radsport fristlos und hilfsweise fristgemäß gekündigt. Mit seiner Klage wendet sich der Trainer gegen die Kündigung.
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 01.11.2017 - 24 Ca 4261/17
Der Fall
Mit Sportsgeist hatten die Ambitionen eines Trainers für Radsport, als er den Entschluss fasste die von ihm trainierten Sportlerinnen mit einer versteckten Kamera in der Umkleidekabine zu filmen, nichts zu tun. Hollywoodreif waren die cineastischen Bemühungen des Trainers jedoch auch nicht - vielmehr wurde er von seinem Verein mit einer fristlosen Kündigung dafür „ausgezeichnet“. Gegen diese Kündigung klagte er vor dem Arbeitsgericht Berlin.
Die Entscheidung
Nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin ist die fristlose Kündigung des Trainers wirksam, der mit versteckter Kamera in der Umkleidekabine Sportlerinnen mit einer versteckten Kamera gefilmt hat. Diese schwerwiegenden Pflichtverletzungen seien ein Grund, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Zwar könne eine fristlose Kündigung gemäß § 626 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis der Kündigungsgründe erfolgen. Diese Frist sei hier aber eingehalten. Ausreichende Kenntnis über die Kündigungsgründe habe der Arbeitgeber erst erlangt, nachdem ihm die aufgrund dieser Vorwürfe gegen den Trainer ermittelnde Staatsanwaltschaft auf mehrfache Anträge und Nachfragen hin Akteneinsicht gewährt habe. Im Anschluss hieran sei die Kündigung innerhalb dieser Frist ausgesprochen worden.
Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.
27.10.2017
Änderung des Bundeskindergeldgesetzes 2018-Das sollten Sie beachten!
Ab Januar 2018 treten neue Gesetze im Hinblick auf das Kindergeld in Kraft. Die Änderungen betreffen nicht nur die Höhe des Kindergeldes, welches geringfügig ansteigt, sondern auch den auf nun 6 Monate rückwirkend limitierten Anspruchszeitraum des Kindergeldes. Wer also noch keinen Kindergeldantrag gestellt hat, sollte dies spätestens bis Ende 2017 tun um seine Kindergeldansprüche nach dem „alten“ Recht zugesprochen zu bekommen.
Die Kindergelderhöhung für die Jahre 2017 und 2018 wurde mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und –Verlagerungen“ geregelt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BStBl Teil I Nr. 63 Seite 3000 ff).
Danach wird das Kindergeld ab Januar 2017 um 2 Euro von bisher 190 auf 192 Euro für erstes und zweites Kind, für drittes Kind von 196 auf 198 Euro und für jedes weitere Kind von 221 auf 223 Euro pro Monat erhöht.
Ab Januar 2018 wird das Kindergeld um weitere 2 Euroerhöht und beträgt dann jeweils 194 Euro für erstes und zweites Kind, für drittes Kind jeweils 200 Euro und für jedes weitere Kind jeweils 225 Euro pro Monat. Die Zahlungen werden für Tarifbeschäftigte in den Abrechnungssystemen mit dem Abrechnungsmonat Januar 2017 und für Beamte und Soldaten zum Abrechnungsmonat Februar 2017 auf die erhöhten Beträge umgestellt. Eine eventuelle Nachzahlung für den Monat Januar 2017 wird dementsprechend im Februar 2017 überwiesen werden. Das Kindergeld erhöht sich für jedes Kind automatisch. Wer einen Kindergeldanspruch hat, erhält das höhere laufende Kindergeld und den eventuellen Nachzahlungsbetrag, ohne dass hierfür ein besonderer Antrag gestellt werden muss.
Verkürzung des Anspruchszeitraums
Eine weitere signifikante Änderung die ab dem 01.01.2018 in Kraft tritt, betrifft die Länge des bisherigen Anspruchszeitraumes. Diese verkürzt sich von 4 Jahren auf 6 Monate. Bisher prüfte die Behörde nicht nur, ob der Antragsteller alle Voraussetzungen ab Antragstellung erfüllte, sondern, ob er diese 4 Jahre rückwirkend geltend machen konnte, und zahlte im Falle eines positiven Bescheids das Kindergeld dann für den zurückliegenden Zeitraum von 4 Jahren an den Antragsteller aus. Betroffen davon waren und sind auch Personen aus dem EU-Ausland wie Beispielweise Polen, die über einen Zeitraum von 4 Jahren ihren ständigen Arbeits-und Wohnaufenthalt in der Bundesrepublik hatten.
Ab dem 01.01.2018 erfolgt eine Änderung dieser Regelung dahingehend, dass der Antragsteller, der nach dem 31.12.2017 seinen Anspruch auf Kindergeld bei der Familienkasse geltend macht, das Kindergeld für nur 6 Monate mit rückwirkender Wirkung berechnet und ausgezahlt bekommt, statt wie bisher für 4 zurückliegende Jahre:
Artikel 8
Änderung des Bundeskindergeldgesetzes
Das Bundeskindergeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2009 (BGBl. I S. 142,3177), das zuletzt durch Artikel 157 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 6 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Das Kindergeld wird rückwirkend nur für die
letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangenist."
2. Dem § 20 wird folgender Absatz 10 angefügt:
„(10) § 6 Absatz 3 in der am 1. Januar 2018
geltenden Fassung ist auf Anträge anzuwenden die nach dem 31. Dezember 2017 eingehen.“
Wer also sein Recht auf den Kindergeldanspruch für die letzten 4 Jahre geltend machen möchte, sollte seinen Antrag unbedingt vor dem 31.12.2017 stellen!
15.09.2017
Kündigung wegen schlechter Arbeitsleistung
Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund von schlechten Arbeitsleistungen gekündigt wird, so muss der Arbeitgeber die Leistungen des Mitarbeiters im Vergleich zu allen anderen Arbeitnehmern im Unternehmen beurteilen. Stellt sich dabei heraus, dass die Arbeitsleistung des Mitarbeiters unter dem zu erwartenden Durchschnitt liegt, kann eine verhaltensbedingte Kündigung nach vorheriger Abmahnung gerechtfertigt sein.
Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 25.08.2017 - 3 Ca 1305/17
Der Fall
Verhandelt wurde vor dem Arbeitsgericht Siegburg eine Kündigungsschutzklage. Bei dem vorliegenden Sachverhalt handelte es sich um einen Kfz-Mechaniker, der seitens des Arbeitgebers wegen schlechter Arbeitsleistungen verhaltensbedingt gekündigt worden war. Der Arbeitgeber brachte vor, dass der Kfz-Mechaniker bei einem Werkstatttest nur vier von sechs Fehlern erkannt habe und darüber hinaus habe er zu einem Auftrag dazugehörende Servicearbeiten nicht durchgeführt. Der Arbeitgeber fürchtet aufgrund der Minderleistungen des Mitarbeiters sein Autohaus könne in Verruf geraten. Auch argumentierte der Arbeitgeber, dass selbst drei, der Kündigung vorangegangenen Abmahnungen keine Besserung in der Arbeitsmoral des Kfz-Mechanikers nach sich gezogen hätten.
Die Entscheidung
Die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Siegburg (Az. 3 Ca 1305/17) hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Der Arbeitgeber habe weder die Leistungen des Klägers über einen repräsentativen Zeitraum noch die Fehlerquote vergleichbarer Arbeitnehmer dargelegt. So habe das Gericht nicht erkennen können, ob der Kläger seine vertraglichen Verpflichtungen vorwerfbar verletzt habe. Eine verhaltensbedingte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer nach Abmahnung seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mit der geschuldeten Qualität oder Quantität erfüllt. Der Arbeitnehmer muss tun, was er kann, und zwar so gut, wie er kann. Der Arbeitgeber muss jedoch mit seinem Vortrag das Gericht in die Lage versetzen, feststellen zu können, dass bei dem Arbeitnehmer eine die Durchschnittsleistung erheblich unterschreitende Leistung vorliege. Auch muss er weitere Umstände vortragen, dass und warum darin eine vorwerfbare Pflichtverletzung liege. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
08.09.2017
Gefundenes Handy - Darf es vom Support entsperrt werden?
Haben Sie schon einmal Ihr Handy verloren? Das Gefühl seine persönlichen Daten in den Händen einer fremden Person zu wissen löst ein mulmiges Gefühl aus Angst und Sorge darüber, was mit den eigenen Daten geschehen wird - Deshalb ist Schutz der eigenen Daten elementar, dies wird auch von einigen Unternehmen konsequent umgesetzt, wie das vorliegende Beispiel eines Sachverhalts wiedergibt.
Amtsgericht München, Urteil vom 24.07.2017 - 213 C 7386/17
Der Finder eines iPhone wurde nachdem er das Gerät in einem Fundbüro abgegeben und sich daraufhin niemand nach 6 Monaten bei dem Fundbüro meldete, zu dessen Eigentümer. Nun aber verlangte der neue Eigentümer vom Apple Support, dass dieser das Handy entsperren solle. Dieser verweigerte jedoch die Entsperrung des Geräts ohne konkrete Gründe zu nennen. Daraufhin erhob der Eigentümer Klage beim Amtsgericht München auf Freischaltung des Mobiltelefons.
Das Urteil
Die Klage vor dem Amtsgericht München blieb ohne Erfolg. Der Kläger verkennt, soweit er sich auf seine Rechte als Eigentümer nach Fund beruft, dass er als Finder gemäß § 973 Abs. 1 Satz 1 BGB das Eigentum an der gefundenen Sache lediglich "ex nunc" und damit in dem zum Zeitpunkt des Ablaufes der Sechs-Monats-Frist bestehenden Zustand erwirbt. Dies bedeute, dass der Kläger Eigentum an einem gesperrten und damit für ihn eben nicht nutzbaren iPhone erworben habe. Ein freigeschaltetes iPhone sei zu keinem Zeitpunkt Fundgegenstand gewesen.
Datenschutz des ursprünglichen Eigentümers
Ein Anspruch auf Freischaltung des betreffenden Mobiltelefons würde hier auch erheblichen Datenschutzrechtlichen Bedenken begegnen, da nach Freischaltung ein Zugriff auf sämtliche, auf dem Telefon befindliche Daten des ursprünglichen Eigentümers möglich wäre. Dies solle das Sperren des Mobiltelefons jedoch gerade verhindern. Dies insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass hier nicht geklärt sei, wann, wo und unter welchen Umständen das Mobiltelefon dem ursprünglichen Eigentümer abhandengekommen sei. Das Urteil ist rechtskräftig.
01.09.2017
Großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich-ungeeignet für den Polizeidienst?
Die Geschichte des Tattoos reicht bis zum Gletschermann Ötzi und wahrscheinlich noch weiter zurück. Das Tattoo galt und gilt heute noch als Merkmal für Status, Religionszugehörigkeit, soziales Merkmal oder zur Verschönerung des eigenen Körpers und Unterstreichung der eigenen Persönlichkeit. Rechtlich gesehen ist das Tattoo Privatsache. Doch kann ein angehender Polizeibeamter durch großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich als für den Dienst ungeeignet angesehen werden.
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 24.08.2017 - 2 L 3279/17
Der angehende Polizist hatte sich für den Polizeidienst in NRW beworben. Das zuständige Landesamt schloss den Bewerber aufgrund einer 20 x 14 cm großen Tätowierung in Form eines Löwenkopfes auf der Innenseite seines linken Unterarms vom Auswahlverfahren aus. Das Land Nordrhein-Westfalen äußerte zum Motiv selbst keine Bedenken. Vielmehr verweist und beruft sich das Land NRW auf einen Erlass des Innenministeriums. Dieser kann großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich als einen absoluten Eignungsmangel des jeweiligen Bewerbers deklarieren.
Erlass des Innenministeriums
Sichtbar sind Körperstellen, die beim Tragen der Sommeruniform der Polizeibeamten erkennbar sind, also etwa die Unterarme. Tätowierungen, die die durchschnittliche Größe eines Handtellers überschreiten, sind an diesen Körperstellen unzulässig, und zwar unabhängig von dem Motiv. Der Erlass zielt darauf ab, dass die Legitimation und Autorität von Polizeibeamten durch solche Tätowierungen nicht beeinträchtigt werden sollen. Nach Auffassung des Landes NRW kann nicht festgestellt werden, dass ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden hat, nach dem solche Tätowierungen bei Polizeibeamten toleriert werden.
Die Entscheidung
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hält diese Verwaltungspraxis für rechtswidrig. Für einen Eignungsmangel reiche es nicht aus, dass Teile der Bevölkerung großflächige Tätowierungen nur für unpassend oder unästhetisch hielten. Erforderlich sei vielmehr, dass Polizeibeamten aufgrund ihrer großflächigen Tätowierungen das erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht werde. Hierfür fehle es an belastbaren Erkenntnissen. Aktuelle Umfrageergebnisse zur Akzeptanz von Tätowierungen von Beamten lägen nicht vor. Die augenfällige Zunahme von Tätowierungen gerade an den Armen deute eher auf einen gesellschaftlichen Wandel hin. Diesen müsse der Dienstherr bei der Einstellung junger Bewerber in den Blick nehmen. Die Ablehnung eines Bewerbers aufgrund der Gestaltung der Tätowierung (z.B. gewaltverherrlichende Motive) sei weiterhin zulässig. Gegen den Beschluss kann beim Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster Beschwerde eingelegt werden.
18.08.2017
Lehrer oder nicht Lehrer - das ist hier die Frage?
In William Shakespeares Hamlet im 3. Akt, 1. Szene beginnt in dem Stück der Protagonist Hamlet mit dem Satz:“ Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ einen Monolog, in dem er darüber nachdenkt, dass er vor entschlossenem Handeln Scheu hat. Letztendlich eine existentielle Frage über den Entschluss zu leben oder zu sterben. Nicht ganz so dramatisch spielte sich die „Tragödie“ eines jungen Lehrers ab, der zumindest seinen beruflichen Exitus in Kauf nehmen musste.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 24.01.2014
- 12 Sa 443/13 –
Ein Harem wurde für gewöhnlich von einem Eunuchen bewacht, das ist ein unbestrittener geschichtlicher Fakt. Wie verhält es sich aber, wenn ein Lehrer als ein Hüter des Wissens selbst nicht die erforderlichen Qualifikationen aufgrund einer nichtbestandener Prüfung aufweist, dafür eingesetzt wird um zu unterrichten. Der besagte Lehrer, wie im folgenden Fall dargestellt, unterrichtete an einer Privatschule seit Anfang 2010, obgleich er die zweite Staatsprüfung für das höhere Lehramt nicht bestanden hatte. Die Arbeitgeberin wusste um diese Tatsache und hob die Befristung seiner Anstellung Mitte 2011 auf. Im Juni des darauffolgenden Jahres schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis im Juni 2013 enden sollte. Im Oktober des Jahres 2012 erhielt die Arbeitgeberin von der Landesschulbehörde eine Untersagungsverfügung-damit wurde die Lehrtätigkeit des Lehrers verboten. Die ausgesprochene Untersagung wurde nicht als sofort vollziehbar angeordnet. Daraufhin erklärte die Arbeitgeberin aufgrund der Untersagungsverfügung die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Der gekündigte Lehrer erhob zuerst gegen die Untersagungsverfügung und hernach gegen die Kündigung Klage.
Urteil des Arbeitsgerichts
Das Arbeitsgericht Hannover hielt die ordentliche Kündigung für zulässig und wies daher die Kündigungsschutzklage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Lehrers.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschied zu Gunsten des Lehrers und hob daher die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf. Die ordentliche Kündigung sei unwirksam gewesen. Ein personenbedingter Grund zur Kündigung habe nicht vorgelegen. Soweit die Arbeitgeberin anführte, dass dem Lehrer die erforderliche Eignung fehle, um zukünftig die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, hielt das Gericht dies angesichts dessen, dass der Lehrer über 2 ½ Jahre die Lehrtätigkeit ausgeübt hatte, für unbeachtlich. Dieser Umstand habe gegen die absolute Unfähigkeit des Lehrers, angemessen zu unterrichten, gesprochen. Zwar könne die Untersagungsverfügung einer Landesschulbehörde eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, so das Landesarbeitsgericht. Dies setze aber voraus, dass die Verfügung entweder für sofort vollziehbar erklärt wurde oder sie bestandskräftig ist. Beides habe hier nicht vorgelegen. Der Sofortvollzug sei nicht angeordnet worden. Die Verfügung sei daher solange schwebend unwirksam gewesen, bis sie entweder durch Zeitablauf bestandskräftig geworden oder durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bestätigt worden wäre. Dies sei aber nicht geschehen. Die Untersagungsverfügung sei angesichts des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht bestandskräftig geworden. Damit habe ein öffentlich-rechtliches formelles Hindernis, welches einer Unterrichtstätigkeit des Lehrers entgegengestanden hätte, zum Zeitpunkt der Kündigung nicht vorgelegen.
15.08.2017
Burn-out: Ordnungsliebende Seniorin zündet Bäckerei an
„Wenn es gelänge, mit Feuer Ketzer zu überwinden, so wären die Henker die gelehrtesten Doktors auf Erden“ soll Martin Luther gesagt haben. Und als Ketzer gegen ihren Ordnungssinn muss auch eine Seniorin aus Sachsen ihre benachbarte Bäckerei gesehen haben-denn die vorherrschende Unordnung in dieser hatte die Rentnerin schlicht rasend gemacht-sie zündete sie kurzer Hand an
AG Bautzen Urteil vom 01.08.2017 Az. 40 Ls 520 Js 59/17
Die Unordnung der Bäckerei muss auf die Seniorin, wie auf den Mönch Savonarola die Ausschweifungen der Herrscherelite in Florenz zu Zeiten der Medici gewirkt haben. Ketzerisch und unannehmbar. Am Silvesterabend 2016 wurde die Rentnerin aus Scheckwitz dann zur Verteidigerin ihres Ordnungsglaubens und zündete die Bäckerei an. Dokumentiert wurde die Tat der pyromanischen 71-Jährigen anhand einer am Gebäude angebrachten Kamera. Sie zeigt wie die Frau mit einem Feuerzeug Pappe und leere Mehlsäcke in einem Anbau der Bäckerei anzündet. Innerhalb von nur wenigen Minuten griffen die Flammen auf den Vorbau der Bäckerei über. Durch das Feuer entstand ein Sachschaden von 4600 EUR.
Vor dem Amtsgericht Bautzen wurde die Sache verhandelt. Die Seniorin aus Sachsen gab an, dass die vorherrschende Unordnung sie rasend gemacht habe. Auch will sie in der Nähe des Ladens, an deren Grundstück das Haus der 71-Jährigen grenzt, mehrmals Ratten beobachtet haben. Ein noch vor Ort durchgeführter Atemalkoholtest ergab, dass die Seniorin zum Tatzeitpunkt 1,2 Promille hatte. Das AG Bautzen verurteilte die Brandstifterin zu einer Bewährungsstrafe. Hier hatte die Frau noch einmal viel Glück gehabt. Gem. § 306 StGB droht nämlich bei Brandstiftung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Hier hat das Gericht einen minderschweren Fall angenommen, bei dem eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren fällig wird. Die Rentnerin erhielt ein Strafmaß von acht Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung. Der Grund für das relativ milde Urteil des Gerichts dürfte wohl die Tatsache gewesen sein, dass die Seniorin die Tat gestanden und sich zudem mehrfach bei den Geschädigten entschuldigt hatte. Der Vorsitzende ermahnte die Täterin, dass Selbstjustiz kein Mittel sein dürfe, um Probleme zu klären. Den entstandenen Sachschaden hat die reuige 71-Jährige nach eigenen Angaben bereits beglichen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Es blieb offen, ob die „Maßnahme“ der Rentnerin ihre Nachbarn in Zukunft zu mehr Ordnung bewegt habe. Unbestreitbar wurde sie jedoch selbst geläutert.
04.08.2017
Frau isst Schokolade ihrer Kollegin-Kündigung!
Viele können dem Geschmack von Schokolade nicht widerstehen, manch einer ist sogar süchtig nach ihr. Doch woran liegt das? Eine Antwort auf diese Frage liefert das in der Schokolade enthaltene Tryptophan, eine Aminosäure, aus der unser Körper das Glückshormon Serotonin erzeugt. Ein Glück das jedoch für eine Heilerziehungspflegerin von kurzer Dauer und mit ernsten Konsequenzen verbunden war.
Wie die Verlockung Eva‘s im Garten Eden vom Baum der Erkenntnis zu probieren, muss die Tafel Schokolade auf die Heilerziehungspflegerin gewirkt haben. Hypnotisch, den zartschmelzenden Geschmack jener Köstlichkeit bereits vor Augen, die Synapsen im vorweggenommenen Glücksrausch, ob des baldigen Genusses begriffen, zu einem Feuerwerk geballt-sie griff zu! Und entwendete ihrer Kollegin eine Tafel Schokolade im Wert von 2,50 EUR. Die Verbotene Frucht gepflückt, das Urteil des Arbeitgebers hart und die Vertreibung aus dem Paradies sicher-die Kündigung. Die 64-jährige Heilerziehungspflegerin arbeitete seit nun 32 Jahren für die baden-württembergische Schule. Im Februar erhielt sie die Kündigung. Der Arbeitgeber warf ihr vor ihrer Kollegin eine Tafel Schokolade im Wert von 2,50 EUR gestohlen und diese gegessen zu haben. Doch damit nicht genug. Weiterhin wurde der Angestellten vorgehalten, sie habe die Schulwaschmaschine für private Zwecke genutzt. Eine andere Kollegin warf ihr darüber hinaus vor, deren Jutebeutel im Wert von 10 EUR an Weihnachten unerlaubt an einen Schüler verschenkt zu haben. Das habe der Schulanstalt genügt, um die Heilerziehungspflegerin nach 32 Jahren Dienst eine Kündigung vorzulegen. Die 64-Jährige erhob Klage gegen ihre Kündigung. Der Fall landete vor dem Arbeitsgericht Heidelberg. Dort wurde von dem vorsitzenden Richter ein Vergleich vorgeschlagen. Die Beschuldigungen bezüglich des Jutebeutels und des Privatgebrauchs der Waschmaschine konnten nicht geklärt werden. Hingegen stellte das Wegessen der Schokolade eine Eigentumsverletzung dar, die jedoch Aufgrund des Wertes von 2,50 EUR einer Lappalie gleichkam. Der Richter schlug vor, die Heilerziehungspflegerin solle wiedereingestellt werden. Dem stimmten die Vertreter der Schule zu. Man wolle der Heilerziehungspflegerin nicht schaden, jedoch erfüllt sie auch für die teilweise behinderten Kinder in der Hilfseinrichtung über eine Vorbildfunktion-gegen diese habe sie jedoch durch ihr Verhalten massiv verstoßen, ebenso gegen die Hausordnung.
Im Unterschied zur biblischen Geschichte, durfte diese „Sünderin“ wieder zurück ins „Paradies“ kehren, um hoffentlich in Zukunft ihrer Vorbildfunktion für die Kinder der Hilfseinrichtung gerecht mehr zu werden als davor.
21.07.2017
Entlassung eines Polizisten wegen vorgetäuschter Dienstunfähigkeit zulässig
Sieg und Niederlage liegen oft beieinander. So auch im Falle eines Polizisten der um an einen Hindernislauf teilnehmen zu können, sich dafür offiziell krank gemeldet hatte. Er trug in der Tat einen persönlichen Sieg davon - er belegte nämlich den 127 Platz von 649, verlor dafür aber seinen Arbeitsplatz
Verwaltungsgericht Cottbus, Beschluss vom 23.06.2017 Az.: 4 L 110/17
In dem vorliegendem Sachverhalt hatte das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ob die Entlassung eines Polizisten aus dem Probebeamtenverhältnis wegen Vortäuschung einer Dienstunfähigkeit zulässig war. Dem Polizisten wurde vorgeworfen an einem 16 km langen Hindernislauf teilgenommen zu haben, obgleich er sich davor unter der Vorlage eines ärztlichen Attestes wegen einer Fußverletzung beim Arbeitgeber krank gemeldet hat. Das Verwaltungsgericht Cottbus hat die Einschätzung des Landes Brandenburg als Dienstherrn bestätigt, dass dieses Verhalten Zweifel an der charakterlichen Eignung des Beamten begründet. Insbesondere teilt das Gericht die Ansicht, dass die vom Beamten vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch dessen eigenes Verhalten widerlegt wurde. Die Schwere der Verfehlung rechtfertigt auch die sofortige Vollziehbarkeit. Erlaubt es die körperliche Verfassung, Sandkuhlen, Tunnel, natürliche Hindernisse, Stolperfallen, Strohballen, schlammiges Wasser, Schlammgraben etc. zu überwinden und dabei Platz 127 von insgesamt 649 Teilnehmern einzunehmen, liegt darin ein Missbrauch der Krankschreibung, der ein besonders außergewöhnliches Ausmaß erreicht.
Als zusätzlich erschwerend wertet das Gericht, dass sich der Antragsteller seiner Laufleistung unter Angabe seines Berufes auf Facebook rühmte.
20.07.2017
Ehevertrag mit Verzicht auf Zugewinn-Verstoß gegen die guten Sitten?
Kennen Sie die Abkürzung für EHE- Errare Humanum Est, also irren ist menschlich. Wohl deshalb entscheiden sich nicht wenige Paare in der heutigen Zeit, einen Ehevertrag vor dem Notar aufzusetzen, der die Vermögen der beiden Kandidaten im Falle einer Trennung schützen soll. In den meisten Konstellationen wird hierbei auch auf den Zugewinn verzichtet. In einer solchen vertraglich vereinbarten Gegebenheit gehört das während der Ehe angesammelte Vermögen dem jeweiligen Ehegatten alleine. Diese Regelung kann jedoch unter Umständen nichtig sein.
Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 10.05.2017 Az.:3 W 21/17 (NL)
Folgende Situation:
Zwei Ehegatten schließen nicht nur eine Ehe sondern auch einen Ehevertrag der eine Gütertrennung vereinbart. In diesem Falle gehört das Vermögen, das ein Ehegatte während der Ehe erwirbt nur diesem alleine und wird auch im Fall einer Scheidung nicht geteilt, anders also als im gesetzlichen Regelfall einer Zugewinngemeinschaft. Dies gilt auch wenn ein Ehegatte verstirbt, auch hier steht dem anderen verehelichten Lebenspartner kein Zugewinnausgleich zu, welcher den Anteil am Nachlass erhöht. Auch der nachfolgende Fall schildert ein solches Vorkommnis. Die Ehefrau hat nach dem Tod ihres Ehemannes ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich und somit auf die Erhöhung ihres Anteiles am Nachlass geltend gemacht. Hierzu legte sie einen zuvor beantragten Erbschein vor. Das Amtsgericht lehnte das Begehren der Witwe mit der Begründung ab, dass diese durch einen notariellen Vertrag auf den Zugewinn verzichtet habe. Dies wollte die Betroffene nicht akzeptieren und beschritt den rechtlichen Weg.
Das Urteil:
Vor dem Oberlandesgericht Oldenburg bekam die Frau Recht. Der Ehevertrag sei nichtig und entfalte keine Rechtswirkung. Denn nach dem Vertrag hätte die Frau weder Anspruch auf den Zugewinnausgleich noch auf Teilhabe an den Rentenansprüche ihres Mannes gehabt. Außerdem wäre auch ihr Unterhaltsanspruch weitgehend eingeschränkt worden. Dies sei jedenfalls in der Summe eine unangemessene Benachteiligung der Ehefrau, so der Senat. Das führe zur Nichtigkeit, weil die Ehefrau beim Abschluss des Vertrages in einer Zwangslage und ihrem künftigen Ehemann in Lebenserfahrung und Bildung deutlich unterlegen gewesen sei. Sie war nämlich Auszubildende im Betrieb ihres 20 Jahre älteren künftigen Ehemannes, hochschwanger und musste damit rechnen, dass die bevorstehende Hochzeit ohne ihre Unterschrift abgesagt werden würde. Weil der Vertrag ungültig ist, haben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Deshalb ist auch der Anteil der Ehefrau am Nachlass des Ehemannes durch den Zugewinnausgleich erhöht.
14.07.2017
Mindestgröße als Kriterium für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst erforderlich
Alexander des Großen Körpergröße betrug gerade Mal 150 cm, Napoleons wiederum 169 cm und Edith Piaf brachte es auf nur 147 cm Körpergröße. All diese Personen verbindet neben des verhältnismäßig kleines Wuchses eine herausragende Lebensleistung auf den von ihnen gewählten oder erwählten Gebieten. Die Körpergröße war für den Erfolg hiermit sekundär von Bedeutung. Anders sieht es jedoch aus, wenn der Dienstherr die Mindestgröße festlegt, die notwendig ist um eine Anstellung zu erhalten-hier entscheidet die Körpergröße sehr wohl über Erfolg oder Misserfolg in der eigenen Sache. Gegen eine solche Einschränkung klagte eine Bewerberin die sich für den Polizeivollzugsdienst entschied.
Verwaltungsgericht, Urteil vom 01.06.2017 Az.:VG 5 K 219.16
Die spätere Klägerin mit einer Körpergröße von 154 cm gesegnet, bewarb sich um die Einstellung in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei zum April des Jahres 2017. Die Bewerbung wurde von dem Polizeipräsidenten mit der Begründung abgelehnt, dass die Klägerin die für die Laufbahn vorgeschriebene Mindestgröße von 160 cm für weibliche Bewerberinnen nicht ausreiche. Gegen diese Entscheidung ging die Bewerberin rechtlich vor. Als Argumentation trug sie vor, dass ihre gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst stehe außer Frage. Weiterhin führte sie aus, dass die Anforderungen an die Größe von Bewerberinnen eine mittelbare Diskriminierung von Frauen darstelle. Die Klägerin erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin.
Das Urteil
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil, Az VG 5 K 219.16) wies die Klage ab. Die Klägerin sei zu Recht nicht in den Polizeivollzugsdienst eingestellt worden. Es sei Sache des Dienstherrn, die aus seiner Sicht maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG zu bestimmen. Dabei stehe ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren habe. Bewerber müssten sich mit ihren individuellen körperlichen Fähigkeiten daher an den vom Dienstherrn getroffenen Vorgaben messen lassen. Anders als bei Einstellungshöchstaltersgrenzen bedürfe die Festlegung einer Mindestgröße keiner gesetzlichen Grundlage. Die Festlegung der Mindestgröße auf 160 cm für Frauen sei sachgerecht und beurteilungsfehlerfrei. Denn für die Durchsetzungsfähigkeit bei körperlichen Auseinandersetzungen und für die Anwendung unmittelbaren Zwangs müssten gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein. Polizistinnen unter 160 cm könnten zudem wegen ihrer Körpergröße als unterlegen wahrgenommen werden und damit auch eher bevorzugtes Ziel von Widerstandshandlungen sein. Eine sachwidrige und geschlechtsbezogene Benachteiligung liege mit Blick auf das mit der Regelung verfolgte Ziel nicht vor. Gegen das Urteil wurde bereits die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt.
Es ist zwar für die beschriebene Bewerberin sicherlich ein Rückschlag wenn sie durch ihre Körpergröße an der Ausübung der von ihr bevorzugten Profession durch ihre Köpergröße gehindert wird. Der Dienstherr hat dies jedoch hinreichend und substantiiert dargestellt und auch das Sicherheitsrisiko für die körperliche Unversehrtheit für die Bewerberin herausgestellt. Die Entscheidung des Dienstherren, die Klägerin zum Polizeivollzugsdienst nicht zuzulassen, war somit nicht willkürlich gefällt worden. Anders also als zu Zeiten Friedrich des Großen, der als Dienstherr, sein altpreußisches Infanterieregiment No. 6 das u.a. auch die Bezeichnung Potsdamer Riesengarde trug, ausschließlich durch die sogenannten „Langen Kerls“ also Soldaten mit einer Mindestgröße von 188 cm bestücken ließ.
28.06.2017
Bonnie und Clyde am Glascontainer-Rentnerehepaar entwendet Pfandflaschen
Bonnie und Clyde das berühmte Gangsterpaar starb am Ende im Kugelhagel der Polizei. Sie brauchten nur zwei Jahre, um zur Legende zu werden Gemeinsam überfielen sie Banken und Geschäfte. Die Geschichte von Bonnie und Clyde fesselte ihre Zeitgenossen, die Zeitungsartikel über die Verbrechen der beiden verschlangen und nicht genug bekommen konnten von der abenteuerlichen Flucht. Nun, nicht ganz so dramatisch und geschichtsträchtig verlief der „Raubzug“ eines Rentnerehepaares. Ihre Beute-Pfandflaschen, ihr Feind-der Nachbar.
Amtsgericht München, Beschluss vom 29.03.2017 - 843 Cs 238 Js 238969/16
Mithilfe eines Greifarms entwendete das Ehepaar mehrere Flaschen aus einem Glascontainer um diese anschließend in bare Münze umwandeln zu können. Doch die Aktion blieb nicht unbeobachtet, aufmerksame Anwohner haben das Treiben der „Pfandflaschengangster“ aufmerksam beobachtet und alarmierten besorgt die Polizei. Die Staatsanwaltschaft beantragte für die beiden beim Amtsgericht München Strafbefehle wegen Diebstahls.
Der Richter hatte zu entscheiden
Der zuständige Richter lehnte den Erlass der Strafbefehle ab, da er die Rechtsauffassung vertrat, dass kein messbarer Diebstahlschaden entstanden sei. Der Pfandwert der aus dem Container entwendeten Altglasflaschen betrage lediglich 1,44 Euro. Die Flaschen würden mit dem Einwurf in den Altglascontainer dem Pfandkreislauf entzogen. Denn sie werden nicht aus dem Altglas aussortiert, vielmehr werden sie mit den anderen Flaschen eingeschmolzen. Mit dem Einwurf der Glasflaschen in den Container gehe das Eigentum an den Flaschen auf den Betreiber der Altglascontainer über. Maßgeblich für die Wertberechnung sei der Wert, den die insgesamt 18 entwendeten Glasflaschen für den Betreiber haben. Dieser sei jedoch so minimal, dass im Rahmen der Nachermittlungen, nicht geklärt werden konnte, welchen Wert diese 18 Flaschen im Rahmen des Recyclingprozesses zukomme, so das Amtsgericht in seinem Beschluss.
Über den Verbleib des Geldes aus dem „Raubzug“ wurde hingegen nichts bekannt. Möglicherweise ist es in einem undurchsichtigen Firmenkonstrukt auf den Cayman Inseln versickert und dient nun dem Ehepaar zur Finanzierung eines ausschweifenden Lebensstils, bei Kaviar und Champagner-nobel geht die Welt zugrunde.
09.06.2017
Illoyales Verhalten einer Geschäftsführerin berechtigt zur fristlosen Kündigung
Die Intrige - sie ist ein Instrument der Macht das fasziniert und zugleich abstößt - und so alt wie die Menschheit selbst. Ob in der Politik, im Privaten oder am Arbeitsplatz, das Ränkespiel kann nicht nur dem Opfer zum Verhängnis werden, oft ist es der Intrigant selbst der zum Leidtragenden seiner Machenschaften wird - wie im Falle einer Geschäftsführerin die aufgrund ihres illoyalen Verhaltens fristlos gekündigt wurde.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 01.06.2017 Az.:-6 AZR 720/15-
In dem Zugrunde liegenden Fall war die spätere Klägerin als Geschäftsführerin bei dem beklagten Verein beschäftigt, der wiederum selbst als Dachverband für seine örtlichen Mitgliederverbände fungierte. Im Rahmen ihrer ausgeübten Funktion als Geschäftsführerin kam es in Laufe der Zeit zu Diskrepanzen mit dem Präsidenten des Vereins. Die Klägerin hatte daraufhin im Zuge einer außerordentlich einberufenen Mitgliederversammlung versucht die Vereinsspitze, durch eine Abwahl ihrer Funktion zu entheben. Der als Präsidium fungierende Vorstand beschloss als Reaktion auf diesen Umsturzversuch eine fristlose, hilfsweise eine ordentliche Kündigung der Klägerin. Diese erhob unter der Argumentation Klage, mit der sich gegen die Kündigung wandte, dass der Präsidiumsbeschluss unwirksam sei, da das Präsidium wegen vorherigen Rücktritts eines Mitglieds nicht vollständig besetzt gewesen ist.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Der Kündigung liegt zwar ungeachtet des vorherigen Rücktritts eines Vizepräsidenten ein nach der Vereinssatzung wirksamer Beschluss des Präsidiums zugrunde. Wegen des illoyalen Verhaltens der Klägerin liegt auch ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vor. Das Bundesarbeitsgericht konnte aber nicht abschließend beurteilen, ob die fristlose Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von den maßgebenden Tatsachen erklärt wurde und verwies zurück an das Landesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob entsprechend dem Vortrag des Beklagten eine Anhörung der Klägerin den Fristbeginn gehemmt hat. Dies würde voraussetzen, dass der Klägerin bezogen auf den kündigungsrelevanten Sachverhalt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Ob dies der Fall war, ist zwischen den Parteien streitig geblieben.
16.05.2017
Chef grob beleidigt- Fristlose Kündigung!
„Wer seine Gedanken nicht auf Eis zu legen versteht, der soll sich nicht in die Hitze des Streites begeben.“ Heißt es nach einem Zitat von Nietzsche. Ganz in dem Sinne seines hitzigen Temperaments handelte ebenfalls ein 62 Jahre alter Handwerker eines Kleinbetriebs in der Nähe von Hamburg, der es nicht verstand Contenance gegenüber seinem Chef zu wahren und sich mit seinem grobmotorischen diplomatischen Geschick um seine langjährige Arbeitsstelle brachte
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.01.2017 Az.:3 Sa 244/16
Seit über 23 Jahren arbeitete der nun 62 Jahre alte Kläger in der nahen Umgebung von Hamburg bei einem kleinen Gas und Wasserinstallateurbetrieb. Mit ihm zusammen waren dort noch die Geschäftsführer, deren Mutter als Bürokraft und weitere drei Gesellen beschäftigt. Zu Beginn des Jahres 2016 erfolgte ein Wortwechsel zwischen dem Kläger und dem früheren Geschäftsführer des Betriebes. Am Morgen darauf kehrte der Kläger in das Büro zurück, um in einen geladenen Wortwechsel einem der Geschäftsführer vorzuwerfen, dass dieser gerne den Chef raushängen lasse und dass sich dessen Vater dem Kläger gegenüber als ein „ Arsch“ aufgeführt habe. Die Situation spitzte sich allmählich zu und erreichte ihren Höhepunkt als der Kläger „ Dann kündigt mich doch“ ausrief, wobei dies vom Geschäftsführer, wie folgt erwidert wurde: „ Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen“. Hierauf reagierte der Kläger mit der Antwort, dass die Firma es ohnehin schon sei. Nach Beendigung des Gesprächs nahm der Kläger seine Arbeit auf und setzte diese wie gewohnt fort. Am gleichen Tag wurde er für die nächsten drei Tage von der Arbeit freigestellt. Als sich der Kläger auch dann noch nicht entschuldigt hatte, wurde vom Arbeitgeber fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage mit der Argumentation, dass seine Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt seien und er zudem aus dem Affekt heraus gehandelt habe und weiterhin durch den Geschäftsführer sowie seinen Vater provoziert worden sei. Od das spätere Verhalten des Klägers durch eine sarkastische Bemerkung seitens der Geschäftsführung ausgelöst wurde, konnte letzten Endes nicht geklärt werden.
Das Urteil des Gerichts
Die Klage war sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein erfolglos. Bei groben Beleidigungen könne sich ein Arbeitnehmer nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen-so das Gericht. Die Äußerungen des Geschäftsführers und des Vaters stellen keine Provokationen dar. Von besonderem Gewicht sei die 16-stündige Zeitspanne zwischen den beiden Gesprächen, die eine Affekthandlung ausschließt. Einer Abmahnung bedurfte es hier gerade wegen der fehlenden Entschuldigung und der auch noch in der Berufungsverhandlung fehlenden Einsicht des Klägers, sich gegenüber dem Arbeitgeber falsch verhalten zu haben, nicht. Laut Gericht sei es der Beklagten als kleinem Familienbetrieb nicht zuzumuten, das über 23 Jahre andauernde Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
27.04.2017
Ehrlich währt am längsten- Das Verschweigen des Todes vom Mieter führt zur Kündigung des Mietverhältnisses
Unterlässt es ein Mieter, den Vermieter über den Tod einer Mieterin mit der im verwandtschaftlichen Verhältnis stand und bei der er wohnhaft war, über einen Zeitraum von mehreren Monaten zu unterrichten, so verhält er sich vertragswidrig und dies berechtigt den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses gegenüber ihm als Verwandten der Verstorbenen.
Amtsgericht München, Urteil vom 18.08.2016 Aktenzeichen- 432 C 9516/15-
Der Fall ereignete sich in München. Eine Mieterin bewohnte mit ihrer erwachsenen Tochter gemeinsam eine Genossenschaftswohnung. Diese hatte die in der zwischenzeit verstorbene Mutter der Beklagten mit dem Vertrag vom 05.05.2009 angemietet. Die Höhe der Miete betrug seit dem 01.07.2011 440,20 EUR netto. Im März des Jahres 2014 wandte sich die Tochter an die Vermieterin und teilte ihr mit, dass sie von nun an bei der Mutter wohne, gleichzeitig erteilte sie der Vermieterin ein Lastschriftmandat für das eigene Konto. Im November konnte die Miete für den selbigen Monat mangels Kontodeckung nicht eingezogen werden, wurde jedoch verspätet am 14. November nachbezahlt. Als die Miete für Mai 2015 erst im Juli 2015 entrichtet wurde, begehrte die Vermieterin die Auskunft über die tatsächlichen Bewohner der Mietwohnung. Daraufhin teilte die spätere Beklagte mit, dass ihre Mutter verstorben sei und sie nun mit ihrer Tochter und deren Sohn in der Wohnung lebe. Auch dem Verlangen der Vermieterin eine Sterbeurkunde vorzulegen, kam die neue Mieterin nicht nach. Erst das Einschalten einer Rechtsanwältin zur Vorlage der Sterbeurkunde hatte die entsprechende Wirkung und führte zum Erfolg. Demnach war die Mutter und ursprüngliche Mieterin bereits am 15 November 2014 verstorben. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis und verlangte von der Tochter und Enkelin der verstorbenen Mieterin die Herausgabe der gemieteten Räume. Die beiden Beklagten weigerten sich jedoch auszuziehen mit der Behauptung, dass die Kündigung des Mietverhältnisses unwirksam sei. Daraufhin erhob die Vermieterin Räumungsklage.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht München verurteilte die beiden Beklagten, die Wohnung zu räumen und gewährte unter der Berücksichtigung des angespannten Wohnungsmarktes in München eine Räumungsfrist bis 31. Januar 2017. Die Kündigung der Vermieterin aus wichtigem Grund sei wirksam, denn die Klägerin habe hier hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlungsfähigkeit beider Beklagten gefährdet erschien-so das Gericht. Die eingeholten Schufa Auskünfte hätten eine Mehrzahl negativer Einträge aufgewiesen. Zum Kündigungszeitpunkt seien die Beklagten in zwei vorangegangenen Monaten mit der Zahlung des Mietzinses in Rückstand geraten. Hinzu kamen nach Auffassung des Gerichts weitere erhebliche Gesichtspunkte, aus denen die Klägerin Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagten herleiten durfte. Denn es könne laut Gericht nicht angehen, dass in den Vertrag eingetretene Personen ihren neuen Vermieter über einen Zeitraum von mehr als zehn Monaten nicht über den Tod der bisherigen Mieterin informieren, sondern dies erst auf Nachfrage der Vermieterseite zögerlich nachholen. Ein derartiges Verhalten sei in nicht hinnehmbarer Weise vertragswidrig und stelle eine weitere konkrete Erschütterung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und künftige Vertragstreue der Eingetretenen dar. Derartige Mieter müsse sich ein Vermieter nicht aufdrängen lassen. Die vermeintlich raffinierte Vorgehensweise ist den Umstand der Wohnraumverknappung in München und Umgebung berücksichtigend in gewisser Hinsicht nachvollziehbar wenn auch nicht entschuldbar. Es wäre für die Beklagten zweckmäßiger gewesen von vorne herein gegenüber der Vermieterin mit offenen Karten zu spielen.
25.04.2017
30 Jahre den Tod des Vaters verschwiegen-Tochter muss Unfallrente zurückerstatten
Schweigen ist Gold und kann sogar im Rahmen der sprachlichen Ökonomie und Kommunikation einen echten Vorteil darstellen-unter Umständen einen monetären. Auch das Strafrecht kennt dieses Prinzip unter der lateinischen Terminologie „Nemo tenetur se ipsum accusare“, also dem Recht des Beschuldigten zu schweigen. Im Falle einer Leistungserschleichung kann dieses Prinzip sich jedoch in einen gravierenden Nachteil umkehren
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.03.2017-L16/3 U 58/14
Über 30 Jahre lang verschwieg die Tochter den Tod ihres Vaters gegenüber dem Gemeindeunfallversicherungsverband Hannover und erschlich so über die Jahre Leistungen in Höhe von rund 166.000 EUR. Erst als die Mutter der Beklagten im Heim für betreutes Wohnen untergebracht werden sollte und die Tochter dem Gemeindeunfallversicherungsverband Hannover ihre Generalvollmacht vorlegte, platzte die Bombe und der Tod des Vaters kam ans Tageslicht.
Doch wie war dies möglich, dass über einen so langen Zeitraum die Tochter den Tod des Vaters erfolgreich gegenüber dem Versicherer verschweigen konnte. Der 1922 geborene und 1975 verstorbene Vater bezog eine Verletztenrente für einen im Jahre 1962 erlittenen Baustellenunfall. Die Rente von zuletzt 510 EUR im Monat wurde stets auf ein Postsparbuch der 1921 geborenen Mutter überwiesen, diese kam alsdann ins Pflegeheim. Als dann im Zuge der Vorlage der Generalvollmacht der Tochter der Versicherer sich über die unberechtigt erhaltenen Zahlungen orientierte realisierte der Gemeindeversicherungsverband Hannover in einem ersten Schritt durch Rücküberweisung vom Postsparbuch einen Rückfluss von rund 25.000 EUR für die letzten vier Jahre. Der Gemeindeunfallversicherungsverband Hannover hat die Tochter zu der übrigen Summe angehört. Hernach und im Rahmen ihrer Generalvollmacht löste die Tochter das Postsparbuch ihrer Mutter auf und überwies das Restguthaben in Höhe von 129.000 EUR auf ein anderes Konto. Gegen ihre eigene Inanspruchnahme hat die in der Nordheide wohnhafte Tochter eingewandt, dass der Gemeindeunfallversicherungsverband Hannover die Rückforderung vorrangig gegenüber der Postbank als kontoführendem Kreditinstitut geltend machen möge. Sie selbst habe die Leistungen weder in Empfang genommen noch über sie verfügt. Außerdem halte sie die Forderung für verjährt.
Das Urteil
Dem ist das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen nicht gefolgt. Das Gericht sah die Tochter als "Verfügende" und damit Zahlungspflichtige im Sinne des § 96 Abs. 4 SGB VII an. Der Rechtsbegriff sei weit gefasst und löse eine verschärfte Haftung aus, die dem Schutz der Beitragszahler diene. Ein vorrangiger Rücküberweisungsanspruch gegen die Bank aus § 93 Abs. 3 SGB VII komme nach Auflösung des Rentenkontos gerade nicht mehr zum Tragen. Bei einem Scheitern der Rücküberweisung hafteten sowohl der Verfügende als auch der Begünstigte und der Erbe. Die Rückforderung sei auch nicht verjährt, da die Frist erst ab Kenntnis des Gemeindeunfallversicherungsverbands Hannover laufe. Das Gericht hat die Akten an die Staatsanwaltschaft abgegeben um eine Strafbarkeit der Tochter prüfen zu lassen.
13.04.2017
Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Zum 01.04.2017 trat das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) in Kraft. Mit dem bereits Ende 2016 verabschiedeten Gesetz beabsichtigt der Gesetzeber den bis dato vorherrschenden Entwicklungen und Missständen im Rahmen von Leiharbeit entgegenzuwirken.
Die AÜG Reform umfasst folgende wesentliche Änderungen:
1.Höchstüberlassungsdauer
Die Neuregelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und explizit im § 1 Abs.1b AÜG legen fest, dass Leiharbeiter nicht länger als in 18 aufeinander folgenden Monaten bei dem gleichen Entleiher beschäftigt sein dürfen. Die Ausleihdauer kann jedoch verlängert werden, wenn die Überlassung für mindestens 3 Monate und 1 Tag unterbrochen wird. Dies erfolgt jedoch nur durch die Beendigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages und nicht durch etwa Krankheit oder Urlaub des Leiharbeitnehmers. Darüber hinaus besteht für den Entleiher die Option einen anderen Leiharbeitnehmer übergangsweise zu ersetzen und hierdurch die Unterbrechung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages in die Wege zu leiten zum Beispiel wenn er den Zeitarbeiter für den Zeitraum von mindestens 3 Monaten und 1 Tag bei einem Tochterunternehmen beschäftigen lässt.
2.Pflichten zur Kennzeichnung und Dokumentation
Auch die Pflicht zur Dokumentation wird nun strenger von dem Gesetzgeber geregelt. So muss der Vertrag der zwischen Entleiher und Verleiher geschlossen wird, ausschließlich in schriftlicher Form erfolgen und auch als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag benannt werden, dies regelt der § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG. Weiterhin normiert der § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG, dass der Name des jeweiligen Zeitarbeiters konkret bezeichnet werden muss. Auch der Vertragsschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages muss vor Beginn der Beschäftigung des Zeitarbeiters beim Entleiher erfolgen. Verstöße gegen diese Pflichten werden mit empfindlichen Geldstrafen geahndet.
3.Verbot der Fallschirmlösung
Der im Rahmen der Zeitarbeit angewandten „Fallschirmlösung“ wurde vom Gesetzgeber der Riegel vorgeschoben. Worum ging es? Im Zuge der „Fallschirmlösung“ wurde statt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zwischen Verleiher und Entleiher ein Werkvertrag vereinbart. Der Verleiher beantragte hierbei eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Diese Vorgehensweise sollte für den Fall vorsorgen, sollte sich der vermeintliche Werkvertrag als verdeckte Arbeitnehmerüberlassung herausstellen. Dies ist seit der Einführung der Kennzeichnungspflicht durch den Gesetzgeber nicht mehr möglich. Auch hier drohen bei Verstößen Bußgelder.
4.Equal Pay
Leiharbeitnehmern steht grundsätzlich das gleiche Gehalt zu wie Stammarbeitskräften. Gem. § 8 Abs.4 AÜG können durch einen Tarifvertrag für die ersten 9 Monate einer Überlassung abweichende Regelungen getroffen werden. Eine Ausdehnung des Zeitraums und somit eine wesentliche Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz ist nur in strikten Ausnahmefällen möglich und darf aber höchstens 15 Monate betragen. Die 9 Monatsfrist kann durch eine mindestens 3 Monate und 1 Tag andauernde Unterberechnung ausgesetzt werden und beginnt bei anschließender Aufnahme der Arbeit bei null zu laufen. Eine Nichtbeachtung des Equal Pay wird als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 EUR und dem Entzug zur Arbeitnehmerüberlassung des Verleihers geahndet.
5.Betriebsverfassungsgesetz
Der Betriebsrat muss nun mit der Erweiterung des § 80 Abs.2 BetrVG von dem Einsatz von Leiharbeitern umfassend informiert werden. Er ist über den zeitlichen Umfang, die konkrete Aufgabe sowie den Einsatzort des Zeitarbeiters zu unterrichten. Darüber hinaus sind Leiharbeiter bezüglich ihrer Rechte zur Mitbestimmung des Betriebsrates zu berücksichtigen-allerdings im Hinblick auf den Schwellenwert nur dann, wenn sie mindestens 6 Monate und 1 Tag ausgeliehen wurden.
6.Streik
Ist ein Entleiher direkt vom Streik betroffen so darf der Leiharbeitnehmer nicht im Unternehmen tätig werden. Dies regelt der § 11 Abs. 5 AÜG. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet jedoch die Übernahme einer Tätigkeit des Leiharbeitnehmers die, die streikenden Arbeitnehmer bis dato nicht ausgeführt haben.
13.04.2017
Büffelmozarella und Nordkrabbensalat im Handgepäck - Fluggast klagt gegen Untersagung
272 g Büffelmozzarella, 155 g Nordseekrabben, 140 g „Flensburger Fördetopf“, was zunächst nach der Aufzählung eines Kochrezeptes klingt, war der Anlass für einen Passagier um vor dem Verwaltungsgericht und schließlich vor dem Oberverwaltungsgericht, gegen die Untersagung durch die Bundespolizei am Flughafen Berlin-Tegel die oben aufgeführten Lebensmittel im Handgepäck mitnehmen zu dürfen, eine Klage zu erheben
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.03.2017 Az.:OVG 6 70.15
Im März 2013 untersagte die Bundespolizei dem späteren Kläger am Flughafen Berlin-Tegel 272 g Büffelmozzarella, 155 g Nordseekrabben sowie 140 g „Flensburger Fördetopf“ im Handgepäck zu transportieren. Darüber war der Betroffene derart verärgert, dass er vor das Verwaltungsgericht zog. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Untersagung. Das wollte sich der Fluggast wiederum nicht gefallen lassen und ging in Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat in dem Berufungsverfahren die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt.
Aus der Entscheidung:
Es handelt sich nach dem in Deutschland unmittelbar geltenden europäischen Verordnungsrecht über die Kontrolle des Handgepäcks bei den Lebensmitteln um Mischungen von Flüssigkeiten und Feststoffen. Derartige Mischungen dürfen allenfalls in Einzelbehältnissen mit einem Fassungsvermögen von nicht mehr als 100 Millilitern in einem durchsichtigen, wieder verschließbaren Plastikbeutel mit einem Fassungsvermögen von nicht mehr als 1 Liter befördert werden. Diese Vorgaben, die hinreichend bestimmt sind, hat der Kläger nicht eingehalten. Die Bundespolizei war auch nicht verpflichtet, die mitgeführten Lebensmittel auf das Vorhandensein von Flüssigsprengstoff zu untersuchen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
10.04.2017
Schwarzfahrt mit verfälschtem Fahrschein- Fürs Lehramt ungeeignet!
„Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben“. Dieses von den meisten Schülern mit einem Augenrollen quittierte Zitat, dürfte jedem von uns geläufig sein, hat doch diese von einigen Lehrern vorgetragene Feststellung zunächst einmal vermeintlich wenig mit dem „echten“ Leben zu tun. Dass aber auch Lehrkräfte oder angehende Lehrkräfte auch außerhalb des Klassenzimmers, also im „echten“ Leben von ihrer, von der Gesellschaft erwarteten Vorbildfunktion nicht wesentlich abrücken dürfen, zeigt ein Fall der vor dem Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg verhandelt wurde.
Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 31.03.2017 Az:2 Sa 122/17
Dem klagenden Bewerber wurde durch das Land Berlin eine Einstellung als Lehrer in Aussicht gestellt. Diese Offerte hat das Land jedoch revidiert nach dem es ein erweitertes Führungszeugnis über den Lehreranwärter eingeholt hatte – gegen diese Entscheidung zog der Anwärter vor Gericht und unterlag. In dem erweiterten Führungszeugnis ist nämlich ein Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten aufgeführt, aus dem hervorgeht, dass der rechtskräftige Strafbefehl aufgrund eines versuchten Betruges ergangen ist und der Kandidat zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt wurde, da er ohne einen gültigen Fahrschein S-Bahn gefahren ist und darüber hinaus bei der erfolgten Fahrscheinkontrolle einen verfälschten Fahrschein vorgezeigt habe. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden dass, dem Bewerber die für eine Einstellung als Lehrer gemäß Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz erforderliche charakterliche Eignung fehlt. Eine rechtsverbindliche Zusage einer Einstellung sei entgegen der Auffassung des Bewerbers nicht erfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Auch wenn der Beruf des Lehrers angesichts des oft beklagten Respektmangels seitens der Schüler schwieriger geworden ist, sollte sich dennoch jede angehende oder bereits im Berufsleben befindliche Lehrkraft ihrer besonderen gesellschaftlichen Position bewusst sein. Sowie der Tatsache, dass die Verantwortung für das eigene Handeln nicht nur im gesetzlichen sondern im moralisch-gesellschaftlichen Sinne stets abzuwägen ist, sowohl im Klassenraum als auch in der eigenen Freizeit.
23.03.2017
„Schwarzmatt“-Keine Ansprüche bei nachträglicher Vereinbarung von Schwarzarbeit
Es klingt zu verlockend wenn man keine Steuern auf das hart verdiente Geld zu bezahlen braucht. Das kann man entweder, entsprechende Summen vorausgesetzt, über Holdings und windige Firmenkonstrukte in einem Steuerparadies erreichen oder bei geringeren Summen über die Schwarzarbeit. Beiden Modellen ist gemeinsam, dass diese illegal sind und sich unter Umständen gegen Denjenigen wenden können, der sie nutzt.
In dem vorliegenden Fall - Entscheidung des Bundesgerichtshofes, Urteil vom 16.03.2017 AZ.:VII ZR 197/16 begehrte der Kläger vom Beklagten die Rückerstattung des bereits geleisteten Werklohns in Höhe von 15.019,57 EUR nachdem er wegen Mängel den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat. Die Klage wurde in Vorinstanzen abgewiesen. Das Berufungsgericht stellte fest, dass die Parteien zuerst einen Vertrag über die Arbeiten in Höhe von 16.164,38 EUR geschlossen haben. Danach einigten sich die Parteien jedoch darauf, dass nur die Summe von 8.619,57 EUR in der Rechnung ausgewiesen werden sollte. Weitere 6.400 EUR sollten zwischen den Parteien in bar beglichen werden. Der Kläger überwies den offiziellen Rechnungsbetrag auf das Konto des Beklagten, den Rest entrichtete er in bar an diesen.
Das Berufungsgericht führte aus, dass der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, § 134 BGB nichtig sei. Deshalb habe der Kläger keine Mängelansprüche und könne die Rückzahlung weder aus Rücktritt noch aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger seinen Antrag weiter. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in mehreren Urteilen seit 2013 entschieden, dass bei einer -auch nur teilweisen- "Ohne-Rechnung-Abrede" ein Werkvertrag nichtig ist, wenn die Parteien bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie vereinbaren, dass für eine Barzahlung keine Rechnung gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte (vgl. § 14 UStG). In solchen Fällen bestehen keine gegenseitigen Ansprüche der Parteien, weder Mängelansprüche noch Rückzahlungsansprüche des Bestellers noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil v. 01.08.2013 - VII ZR 6/13 -, Bundesgerichtshof, Urteil v. 10.04.2014 - VII ZR 241/13 - und Bundesgerichtshof, Urteil v. 11.06.2015 - VII ZR 216/14 -).
Neu in der aktuellen Entscheidung ist, dass diese Grundsätze in gleicher Weise gelten, wenn ein zunächst nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßender Vertrag nachträglich durch eine "Ohne-Rechnung-Abrede" so abgeändert wird, dass er nunmehr von dem Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG erfasst wird.
27.02.2017
Klage einer ZDF-Reporterin
auf Lohnausgleich zwischen Frauen und Männern erfolglos
Der ewig fortdauernde Geschlechterkampf kennt viele Nuancen und Ausprägungen. Als eine der signifikantesten Erscheinungsformen sei hier der Gender Pay Gap Effekt genannt. Als Gender Pay Gap wird die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen bezeichnet. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienen vollzeitbeschäftigte Frauen in Deutschland durchschnittlich 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Weil sich eine Reporterin deshalb gegenüber ihren männlichen Kollegen diskriminiert fühlte zog sie vor das Arbeitsgericht-ohne Erfolg. Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 01.02.2017 Az.:56 Ca 5356/15
Die Reporterin des ZDF zog vor das Arbeitsgericht Berlin und machte geltend, dass sie alleine wegen ihres Geschlechts hinsichtlich der Vergütung gegenüber ihren männlichen Kollegen benachteiligt werde. Deshalb sei das ZDF zur Auskunft über die Vergütung ihrer Kollegen sowie zur einer monetären Entschädigung wegen ungerechtfertigter Ungleichbehandlung in die Pflicht zu nehmen. Das Arbeitsgericht hat den Auskunftsanspruch abgewiesen, weil für ihn eine gesetzliche Grundlage fehle. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin in Bezug auf ihre Vergütung liegt nicht vor. Auch habe die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen, die auf eine solche ungerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Vergütung von Männern und Frauen hindeuten würden. Die von ihr benannten Mitarbeiter seien nicht vergleichbar, weil sie anders als die Klägerin beschäftigt würden; diese Mitarbeiter seien zum Teil in einem anderen Rechtsverhältnis tätig oder – soweit sie in einem vergleichbaren Rechtsverhältnis stehen – würden über längere Beschäftigungszeiten verfügen. Weitere Anhaltspunkte für die behauptete Ungleichbehandlung seien nicht gegeben. Da eine Diskriminierung der Klägerin nicht festgestellt werden könne, stehe ihr auch ein Entschädigungsanspruch nicht zu.
23.02.2017
Datenschnüfflerin wird fristlos gekündigt!
Dass Verstöße gegen den Datenschutz keine Bagatelldelikte darstellen, dürfte den Meisten von uns klar sein. Wenn es sich jedoch dabei bei der Person, die das Datenschutzdelikt begeht um eine Angestellte des Meldeamtes handelt, die uneingeschränkten Zugriff auf unterschiedliche Meldedaten hat - dann sieht die Sachlage noch etwas ernster aus- so wie der nachfolgende Fall einer Beamtin zeigt. LAG Urteil vom 01.09.2016 Aktenzeichen: 10 Sa 192/16.
Einer langjährig beschäftigten Angestellten des Berliner Meldeamts wurde vorgeworfen, in 851 Fällen die Meldedaten von Bekannten abgerufen zu haben. Dies führte nicht nur zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen gegen die Betroffene, sondern zum Verlust ihres Arbeitsplatzes nach 34 Arbeitsjahren und trotz tariflicher Unkündbarkeit. Zwar war die Angestellte nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder nur noch außerordentlich kündbar, doch gerade die zugrundeliegenden Taten und der damit einhergehende Vertrauensverlust rechtfertige eine außerordentliche Kündigung-so das LAG Berlin in seinem Urteil vom 01.09.2016 Aktenzeichen: 10 Sa 192/16. Die Angestellte des Meldeamtes hatte während ihrer Arbeitszeit im Berliner Meldeamt in dem Zeitraum vom 2009 bis 2014 ohne dienstlichen Anlass in 851 Fällen Daten aus dem Melderegister abgerufen und in mindestens einem Fall diese auch an Dritte weitergegeben- so hatte sie ihrem Lebensgefährten die Meldedaten seiner früheren Ehefrau verschafft. Diese reichte eine Beschwerde ein, worauf hin das Meldeamt die Arbeit der Mitarbeiterin überprüfte und im Rahmen dessen das mehrfach unerlaubte Abrufen von Meldedaten durch die Beamtin feststellte. Ihr Handlungsmotiv begründete die Betroffene mit der persönlichen Neugier. Das Land Berlin als Arbeitgeber kündigte ihr fristlos. Daraufhin strengte die Betroffene gegen das Land Berlin einen Kündigungsschutzprozess an, in dem sie zunächst obsiegte, worauf hin ein Strafverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten verurteilte die Angestellte am 17.03.2015 wegen des unbefugten Abrufs personenbezogener Daten zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Denn dies stellt eine Straftat nach § 32 des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG) dar. Eine Straftat nach § 44 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) lag nach dem Urteil nicht vor, weil die Arbeitnehmerin nicht in Bereicherungsabsicht gehandelt habe. Dieses Strafurteil nahm das Land zum Anlass für eine erneute außerordentliche Kündigung. In diesem Verfahren erklärte das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg die Kündigung in zweiter Instanz für wirksam. Auch bei tariflicher Unkündbarkeit konnte die Arbeitnehmerin aus wichtigem Grund gekündigt werden. Die Verletzung datenschutz- und melderechtlicher Vorschriften stelle einen »wichtigen Grund« zur Kündigung im Sinne von § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) dar.
Der mit zugrundeliegenden Taten einhergehende Vertrauensverlust rechtfertige die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin, auch wenn man ihre langjährige Beschäftigung berücksichtigt. Die Arbeitnehmerin habe die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt. Dafür sei es auch unerheblich, dass die massenhaften Abrufe der Meldedaten nur einen kleinen Personenkreis betroffen haben, über den sich die Klägerin »auf dem Laufenden« habe halten wollen. Gegen das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg ist noch eine Nichtzulasssungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht anhängig (Aktenzeichen 2 AZN 997/16)
16.02.2017
Der Tanz der Zuckerfee- Betriebsrentner verlangen Marzipantorte zu Weihnachten
Tschaikowskis berühmte Komposition „ Der Tanz der Zuckerfee“ aus der „Nussknacker-Suite“ ist ein das Ohr durch harmonische Klänge umschmeichelndes Stück von musikalischer Finesse. Und um das versüßen der Weihnachtszeit geht es auch im Folgenden Artikel, jedoch mit einem weniger schmeichelhaften Ausklang für Gaumen und Geldbörse. Freilich, Weihnachten mag ja schon lange vorbei sein, aber spätestens wenn ab Ende August die Weihnachtsmänner in den Kaufhausregalen das Ende des Sommers und die mehrmonatige Vorweihnachtszeit einläuten-dann wird die Entscheidung des Arbeitsgericht Köln doch wieder an einer gewissen Relevanz gewinnen
Die Forderungen mehrerer Betriebsrentner eines Kölner Nahrungsmittelherstellers die von ihrem ehemaligen Arbeitgeber neben einer Marzipantorte auch ein Weihnachtsgeld in Höhe von 105 EUR verlangten wurden bitter enttäuscht. Nicht nur, dass das Arbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 24.11.2016 Aktenzeichen 11 Ca 3589/16 den verlangten Anspruch auf eine Marzipantorte ablehnte als auch das Weihnachtsgeld den Klägern nicht zusprach. Der Argumentation der Betriebsrentner, die sich darauf beriefen, dass der Arbeitgeber bereits in der Vergangenheit entsprechende Leistungen an die Arbeitnehmer herausgegeben habe und daraus eine betriebliche Übung resultiere, vermochte das Gericht nicht zu folgen.
Auszug aus dem Urteil des Arbeitsgericht Köln:
„Nach dem rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgericht Köln (11 Ca 3589/16) haben die Rentner keinen Anspruch auf die Marzipantorte bzw. auf das Weihnachtsgeld in Höhe von 105,00 EUR. Eine betriebliche Übung sei zum einen deshalb nicht entstanden, weil nicht alle Betriebsrentner in der Vergangenheit das Weihnachtsgeld und die Torte erhalten hätten. Zum anderen habe der Arbeitgeber mit den jeweils gleichzeitig übermittelten Weihnachtsschreiben deutlich gemacht, dass die Leistungen immer nur für das aktuelle Jahr gewährt werden. Die Rentner hätten deshalb nicht davon ausgehen dürfen, auch in den Folgejahren in den Genuss einer Marzipantorte und des Weihnachtsgeldes zu kommen.“
11.02.2017
Änderung des beruflichen Status im XING-Profil-Fristlose Kündigung?
Von dem Netzwerk welches man im Laufe seines beruflichen Lebens aufbaut, kann vieles abhängen, ob wir zum Beispiel erfolgreich sind und es auch bleiben. Es gibt jedoch Augenblicke in denen so ein Netzwerk, bei unvorsichtigem Taktieren, unter Umständen einen irreparablen Schaden anrichten kann. Insbesondere wenn es sich hierbei um ein beruflich-soziales Netzwerk handelt. Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 07.02.2017 Aktenzeichen:12 Sa 745/16
Der Angestellte einer Steuerberaterkanzlei und später Kläger, erhielt eine fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses ausgesprochen und zwar, weil er kurz vor dem Ende seiner Beschäftigungszeit, in seinem privaten XING-Profil angegeben hatte, als „Freiberufler“ tätig zu sein. Dies wurde von der Arbeitgeberin als unzulässige Konkurrenztätigkeit angesehen-sie sprach die fristlose Kündigung aus. Dieses Entscheidung begründete sie damit, dass aufgrund der überwiegend beruflichen Nutzung des sozialen Netzwerkes XING, davon auszugehen sei, dass der Kläger einen Konkurrenzsituation zur Arbeitgeberin hergestellt habe mit der Absicht ihre Mandanten abwerben zu wollen.
Das Urteil des LAG Köln
Das Landesgericht Köln (Urteil, Az. 12 Sa 745/16) hat - wie bereits das Arbeitsgericht als Vorinstanz - die außerordentliche Kündigung als rechtsunwirksam angesehen. Einem Arbeitnehmer ist zwar grundsätzlich während des gesamten rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit untersagt. Die falsche Angabe des beruflichen Status als "Freiberufler" kann jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine fristlose Kündigung wegen einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit rechtfertigen. Zulässig sind jedoch Handlungen, mit denen eine spätere Konkurrenztätigkeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses lediglich vorbereitet wird. Die Grenze der noch zulässigen Vorbereitungshandlung wird erst bei einer aktiv nach außen tretenden Werbung für eine Konkurrenztätigkeit überschritten. Dies kann bei der fehlerhaften Angabe, der - aktuelle - berufliche Status sei "Freiberufler", ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht angenommen werden. Entscheidend war für die Kammer auch, dass der Name der Arbeitgeberin im XING-Profil weiterhin als aktuelle Tätigkeit genannt war und unter der XING-Rubrik "Ich suche" gerade keine Angaben durch den Kläger dahingehend vorgenommen worden waren, dass freiberufliche Mandate gesucht werden. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Der Aufbau, die Pflege sowie die Nutzung eines gut funktionierenden sozialen Netzwerkes-beruflich wie privat, ist eine Kunst für sich. Man sollte bei dem Auswerfen seiner Fäden jedoch auf die richtige Balance achten und sich darin nicht wie eine Fliege im Spinnennetz verheddern.
19.12.2016
Ein Adventstürchen Extra!
Europaweite Kontenpfändungsverordnung kurz vor der Realisierung
Der Advent-eine Zeit der Besinnlichkeit, der Weihnachtsmärkte und des Adventskalenders. Jeden Tag darf man ein Türchen öffnen, um sich über die dahinter verborgene, oft süße, Überraschung zu freuen. Weniger süß ist es jedoch, wenn die Gläubiger nicht an Ihr Geld kommen, weil sich das Konto des Schuldners im Ausland befindet und dieser sich womöglich auch dahin abgesetzt hat. Das ist dann schon eine bittere und weniger knusprig-süße Mandel welche, die Gläubiger hier verdauen müssen. Hoffnung macht eine neue Verordnung der EU, die eine grenzüberschreitende Vollstreckung ermöglichen soll.
Die EU-Verordnung, namentlich die Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO), die zum 18.01.2017 in Kraft treten soll, bietet den Gläubigern zukünftig ein Werkzeug, mit dessen Hilfe es ihnen erleichtert werden soll, an ihre offenen Forderungen zu gelangen. Die Gläubiger sollen somit in die Lage versetzt werden, in allen Mitgliedstaaten der EU unter den gleichen Voraussetzungen Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung erwirken zu können. Der Gläubiger hat hierbei die Möglichkeit sowohl eine vor-als auch nachgerichtliche Pfändung zu erreichen. Bei der vorgerichtlichen Pfändung kann der Gläubiger ein Konto ohne die durch das Gericht erteilte Rechtskraft vorläufig pfänden lassen. Ermöglicht wird dieses Vorgehen durch den Art. 7 EuKoPfVO, wonach der Antragsteller beweisen muss, dass ohne eine Sicherungsmaßnahme seine Vollstreckung gefährdet ist. Ist jedoch gegen den Schuldner eine gerichtliche Entscheidung bereits erwirkt worden, weiß aber der Gläubiger noch nicht wie er die Vollstreckung im Ausland erreichen soll, so besteht die Option nachgerichtlich eine Kontenpfändung zu beantragen. Gestützt durch den Art. 5 Buchst. B EuKoPfVO muss auch hier der Antragsteller die Dringlichkeit und Gebotenheit seines Antrages beweisen. Erlassen werden derartige Beschlüsse vom Gericht des Mitgliedstaats, das gemäß den Zuständigkeitsregelungen für die Hauptsacheentscheidung gem. Art. 6 Abs.1 EuKoPfVO zuständig ist. Im Falle, dass das Verfahren bereits anhängig ist, ist das Gericht als Gericht der Hauptsache anzusehen, bei dem diese zurzeit der Antragstellung gem. § 946 ZPO und Art. 6 EuKoPfVO schwebt. Doch damit nicht genug, denn im Rahmen der Durchsetzung seiner Forderungen kann der Gläubiger auch einen Antrag auf die Einholung von Informationen über Schuldnerkonten gem. § 948 ZPO stellen. Die EU-Mitgliedstaaten sind dabei verpflichtet, dem Antragsteller eine Methode zur Verfügung zu stellen, die eine Identifizierung von Schuldnerkonten ermöglicht. Eine formale Voraussetzung gem. Art.14 EuKoPfVO hierzu ist jedoch, dass ein Titel vorliegt und Deutschland der Vollstreckungsstaat ist.
Auch wenn die EU Gesetzgebung das Adventstürchen erst zum 18.1.2017 aufmachen wird, also längst nach dem der letzte Christstollen verspeist und sich in Form einer Festtagsadipositas auf den Hüften wieder gefunden hat, so kann man als Gläubiger ein vorsichtig-optimistisches Glas Glühwein auf den bevorstehenden Erlass heben- freilich wird die Umsetzung der europäischen Kontopfändung unterschiedlich in den jeweiligen EU-Staaten ausfallen, sie kann aber auch einen echten Vorteil bieten, um doch noch an sein verloren geglaubtes Geld zu kommen.
07.12.2016
Kindeswohlgefährdung durch die Nutzung von WhatsApp ?
Laut den Angaben von Statista nutzten im Januar 2015 rund 700 Millionen Menschen den Messaging-Dienst WhatsApp zum Versenden und Empfangen von Kurznachrichten. Bei dieser Menge an Kommunikationsdaten ist es beinahe zwingend, dass bei der Verwendung des beliebten Nachrichtendienstes nicht immer die Regeln des guten Benehmens gewahrt werden. Von Stalking, Beleidigungen bis hin zur Nötigung sind alle Varianten des unfreundlichen miteinander vertreten. Was jedoch wenn die eigene minderjährige Tochter von dem erwachsenen Schulfreund des Kindesvaters via WhatsApp sexuell belästigt wird ? Dazu eine Entscheidung des Amtsgerichts Bad Hersfeld in dem Beschluss vom 22.07.2016 Az.:F 361/16 EASO
Die 5 Axiome des berühmten Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick besagen : 1. Man kann nicht nicht kommunizieren, 2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, 3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung, 4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten, 5. Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär. Gemäß diesen von Watzlawick untersuchten und aufgestellten Kommunikationsregeln wollen wir den nun folgenden Fall zugrunde legen. Die Kommunikation der teilnehmenden Protagonisten die 15 Jahre alte beim Vater lebende Tochter, der Vater selbst sein bester Freund und die Mutter des vorbenannten Kindes waren an einem Rechtskonstrukt beteiligt, das schlussendlich zur Verhandlung vor dem Amtsgericht Bad Hersfeld kam. Hier ging es neben der Rückübertragung des Sorgerechts auf die Mutter gem. § 1666 BGB im Wege der einstweiligen Anordnung auch um die Entfernung der Messanger App „WhatsApp“ von den Geräten der Kinder sowie deren jegliche Nutzung bis zum Erreichen des 16. bzw. 18.Lebensjahres der Kinder zu verhindern-also den Kindern, zu deren Schutz versteht sich, ein Kommunikationsstopp zu erteilen. Eine Banalität war dies nicht, die zu diesem Schritt führte, hatte doch der Schulfreund des Vaters über ein Jahr lang mit der 15 Jährigen Tochter Kontakt mittels der Messanger-App „WhatsApp“ erhalten und darüber sexuell anzügliche Nachrichten gesendet sowie um Nacktfotos der 10 jährigen Schwester gebeten. In dem Augenblick als der Vater davon erfuhr, brach er den Kontakt mit seinem Schulfreund ab, richtig zwar, jedoch zu spät, denn die Kindesmutter leitete das obige Verfahren gegen den Kindesvater bereits ein, in Folge dessen das Gericht folgenden Beschluss fasste:
[…] Das Amtsgericht stellt fest, dass das Risiko kindeswohlgefährdender Kontakte mit dem Schulfreund des Vaters noch nicht endgültig ausgeräumt sei, weil sich dessen Kontaktdaten auch noch bei der gerichtlichen Anhörung auf den Smartphones beider Kinder befunden hätten. Zur Verhinderung weiterer Kontakte reiche es nicht aus, den Kontakt auf dem Handy zu sperren oder die Mobilfunknummer zu wechseln. Vielmehr sei es notwendig, dass der Vater die Kinder an der Nutzung der Messenger-Applikation „WhatsApp“ hindere. Die Nutzung dieser Messenger-App stelle grundsätzlich eine Gefahr für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren dar. Diesen sei die Nutzung nach den AGB von „WhatsApp“ folgerichtig untersagt. Deshalb habe der Vater die App zu löschen und dafür zu sorgen, dass diese von der jüngeren Tochter nicht vor dem 16. Lebensjahr und von der nach Ansicht des Gerichts erheblich reifeverzögerten älteren Tochter nicht vor Erreichen der Volljährigkeit genutzt werden könne. Dieser sei zudem das zweite Handy abzunehmen. […]
Dem Urteil zugrunde liegendes Problem war also im Bereich der fehlgeleiteten Kommunikation zu suchen sowie den moralischen Verwerfungen eines Protagonisten geschuldet. Allen Beteiligten gemein ist jedoch, bei unterschiedlichen Kommunikationsebenen, dass sie miteinander nicht, nicht kommunizieren konnten. So ist das stillschweigende „Einverständnis“ der 15 jährigen Tochter des Kindesvaters zu den Textamouren seines besten Freundes zwar mit ihrer gerichtlich festgestellten erheblichen geistigen Verzögerung teilweise zu erklären, aber, dass sie wiederum ein ganzes Jahr gebraucht, hat um sich an ihren Vater zu wenden, erscheint in einem Zwielicht. Das stillschweigende „Einverständnis“ der Minderjährigen kann vom besten Freund des Kindesvaters wiederum als Einverständnis zu seinen Textamouren verstanden worden sein, ohne hier jedoch seine Amoralität in Frage zu stellen-denn diese war unzweifelhaft vorhanden. Als der Kindesvater und erst Recht die Kindesmutter von diesen Vorgängen erfuhren, waren beide nicht darüber erhaben. Der Kindesvater brach den Kontakt zu seinem Freund ab, die Kindesmutter war wiederrum bemüht, den Kontakt zum Kindesvater endgültig abzubrechen. Ebenso wie dieses Problem durch eine dritte und neutrale Kommunikationsinstanz nämlich hier den Messangerdienst „WhatsApp“ entstand, so wurde der Gordische Kommunikationsknoten auch wieder von einer dritten und neutralen Instanz nämlich dem Staat in Form des Gerichts aufgelöst.
Kommunikation ist selten einfach, oft herausfordernd und bildet immer wieder mal ein Konfliktpotential-sie ist jedoch unvermeidbar aber dank von verschiedenen Kommunikationstheorien und Modellen, wie dem nach Watzlawick, oft erklärbar und steuerbar.
01.11.2016
„Sauklaue-Unterschrift“ Anspruch auf neues Arbeitszeugnis?
„An den modernen Gemälden ist nur noch eins Verständlich-die Signatur.“-so formulierte einst Ephraim Kishon seine Verständlichkeit von der zeitgenössischen Kunst. Bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses sind beide Kriterien verständlich zu verfassen, der Inhalt und die Unterschrift des Vorgesetzten, wie uns dieser Fall lehrt.
Ein Fall den das Landesarbeitsgericht in Hamm in seinem Beschluss vom 27.07.2016 Az.: 4 Ta 118/16 zu entscheiden hatte, wies eine überaus kuriose Hintergrundgeschichte auf. Eine Angestellte die seit 1998 als technische und kaufmännische Angestellte beschäftigt war, stritt vor Gericht im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht Iserlohn, worauf hin ein gerichtlicher Vergleich folgte, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2015 sowie die Ausstellung eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses für die Arbeitnehmerin festlegte. Ab diesem Augenblick fängt die Geschichte an, sonderbare Züge anzunehmen. Zunächst wies die Arbeitnehmerin das zuerst ausgestellte Zeugnis zurück, weil nicht der Geschäftsführer, sondern nur der Personalreferent des Arbeitgebers das Dokument unterzeichnete. Das zweite Zeugnis war zwar mit dem Namen des Geschäftsführers unterschrieben, aber die Signatur ähnelte nicht der üblicherweise von dem Geschäftsführer verwendeten Form, sondern gemahnte laut des Vortrages der Klägerin an eine „Kritzelei“. Sie ließ auch nicht als Erklärung des Arbeitgebers gelten, dass dieser aufgrund eines Schlüsselbeinbruchs keine saubere Unterschrift hätte ausführen können-sie ging vor Gericht und bekam Recht zugesprochen. Die dem Entscheid zugrunde gelegte Argumentation lautete wie folgt:
„Der Namenszug auf dem Arbeitszeugnis weicht jedenfalls unstreitig von der sonstigen Art und Weise der Unterschriftsleistung ab. Damit lässt sich nicht mehr eindeutig die Identität des Unterzeichners feststellen. Die im Interesse des Schutzes im Rechtsverkehr notwendige Echtheitsvermutung steht damit in Frage.“ […]
„Die Unterschrift soll die Identität des Ausstellers erkennbar und die Echtheit der Urkunde gewährleisten und beweisbar machen (Zuordnungsfunktion)“ […]
„Die Unterzeichnung muss in der Weise erfolgen, wie der Unterzeichner im Übrigen wichtige betriebliche Dokumente unterschreibt; er darf im Zeugnis keine Unterzeichnung wählen, die hiervon abweicht.“ […]
Doch damit nicht genug, denn die ehemalige Arbeitnehmerin wollte den Streit nicht so leicht beilegen. Vielmehr monierte sie nun die Art und Weise wie der Arbeitgeber die Unterschrift geleistet hat. Zwar war das nun neu ausgestellte Zeugnis in lesbarer Weise durch den Arbeitgeber unterschrieben worden, jedoch verlief die Signatur nicht parallel zum Text, sondern von links oben nach rechts unten. Auch hier sprach mit folgender Argumentation das Gericht der Klägerin Recht zu:
„Eine Unterzeichnung ist daher unwirksam, wenn sie von der allgemein üblichen Gestaltung signifikant abweicht. Beim Leser des Arbeitszeugnisses dürfen keine Zweifel über die Ernsthaftigkeit des Zeugnistextes aufkommen.“ […]
„Eine derartige Form der Unterschriftsleistung ist im Rechtsverkehr völlig unüblich. Ein Zeugnisleser wird dies auf den ersten Blick feststellen und sich veranlasst sehen, sich über den Grund einer derartigen Unterschriftsleistung Gedanken zu machen. Die von der Gläubigerin befürchtete Möglichkeit, dass dies als eine Distanzierung vom Zeugnistext verstanden wird, ist dabei naheliegend. Jedenfalls begründet diese Art der Unterschrift erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Zeugnistextes und entwertet diesen vollständig.“ […]
24.10.2016
„As time goes by“ –Von der Vererbarkeit des Urlaubs!
„ Spiel es nochmal Sam“ fordertet Rick gespielt von Humphrey Bogart den Klavierspieler Sam in dem berühmten Filmklassiker „Casablanca“ auf, für ihn das Lied „ As Times Goes By“ zu spielen, welches ihn an seine verflossene Liebe Ilsa gespielt von Ingrid Bergmann erinnert, während er in eine melancholische Stimmung verfällt. Ebenfalls in melancholischer Stimmung befinden sich Angehörige die einen lieben Menschen verloren haben, anders aber als in dem obigen Musikstück, wie auch im wahren Leben vergeht die Zeit nicht-zumindest dann wenn es sich um Urlaubszeit handelt, auf die der verstorbene Arbeitnehmer noch Anspruch gehabt hätte-diese steht nämlich den Angehörigen als Erbe zu, so der EuGH.
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf vergüteten Jahresurlaub geht nicht mit seinem Tod unter. Vielmehr steht seinen Erben ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs zu. Dieser setze keinen Antrag des Arbeitnehmers voraus-so der EuGH in seiner Entscheidung vom 12.06.2014 Az:C-118/13. Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer bis zu seinem Ableben bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen beschäftigt. Aufgrund einer schweren Erkrankung war der besagte Arbeitnehmer ab 2009 mit einigen wenigen Unterbrechungen arbeitsunfähig. Bis zum seinen Tod hatte er 140,5 Tage noch offenen Jahresurlaub angehäuft. Die hinterbliebene Witwe forderte daraufhin die Abgeltung des von ihren Ehemann angesammelten Urlaubes von dem Arbeitgeber. Dieser bezweifelte die Vererbbarkeit des Urlaubsanspruchs und wies die Forderung der Witwe zurück. Das mit der Sache befasste Landesarbeitsgericht Hamm wollte daraufhin vom EuGH wissen, ob das Unionsrecht einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten gestattet, wonach im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht. Ferner wollte es wissen, ob eine solche Abgeltung von einem Antrag des Betroffenen im Vorfeld abhängt. In seinem Urteil vom 12.06.2014 Az:C-118/13. erinnert der Gerichtshof daran , dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts ist und dass die Ansprüche auf Jahresurlaub und auf Bezahlung während des Urlaubs zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs darstellen. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass der Arbeitnehmer, wenn das Arbeitsverhältnis geendet hat, Anspruch auf eine Vergütung hat, um zu verhindern, dass ihm jeder Genuss des Anspruchs auf Urlaub vorenthalten wird. Das Unionsrecht steht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, nach denen dem Arbeitnehmer am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung geschuldet wird, obwohl er krankheitsbedingt nicht in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaubs kommen konnte. Der Gerichtshof betont, dass der Begriff des bezahlten Jahresurlaubs bedeutet, dass für die Dauer des Jahresurlaubs das Entgelt des Arbeitnehmers fortzuzahlen ist. Ein finanzieller Ausgleich im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers stellt die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicher. Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen. Der EuGH stellt deshalb klar, dass das Unionsrecht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Er stellt weiter fest, dass diese Abgeltung nicht davon abhängt, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat.
11.10.2016
Fristlose Kündigung nach volksverhetzender Kommentierung auf Facebook
Der Rechtsdruck nicht nur in Deutschland sondern auch europaweit nimmt im Rahmen der Flüchtlingskrise zu. Demonstrationen gegen Asylbewerber, brennende Flüchtlingsunterkünfte, Zuwachs bei den populistischen Parteien geben ein trauriges Zeugnis über die neue Realität ab. Einige geben ihre Meinung in den sozialen Netzwerken darüber unverhohlen ab, ohne dabei für sich arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht zu ziehen.
So geschehen bei einem Bergarbeiter. Auf Facebook wurde über einen Brand in einer Asylunterkunft berichtet. Der Kläger kommentierte den Beitrag mit den Worten: "Hoffe das alle verbrennen..." Der Arbeitgeber kündigte den Kläger fristlos. Dagegen wehrt sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage. Der 48-jährige ledige Kläger war seit 1983 für die Beklagte, einem Bergwerk, zuletzt als Bergmechaniker unter Tage tätig. Der Kläger unterhält privat unter seinem Namen einen Facebookaccount.In seinem freizugänglichen Facebookprofil hat er seinen Arbeitgeber "Bergwerke X" angegeben. Bei Aufruf des Profils erscheinen die Angaben zum Arbeitgeber an oberster Stelle.
Auf seiner Facebookseite teilte der Kläger eine Vielzahl von Beiträgen, welche sich mit dem Thema Asyl- und Einwanderungspolitik befasst haben. Darüber hinaus kommentierte der Kläger auf anderen Seiten Beiträge anderer Nutzer. So auch auf der Facebookseite des Fernsehsenders nt-v, die über einen Brand in einer Thüringer Asylunterkunft berichteten. Er kommentierte mit folgenden Worten:
"Hoffe das alle verbrennen,,, die nicht gemeldet sind."
Sobald andere Kommentatoren mit der Maus über den Namen oder das Bild des Klägers fuhren, öffnete sich in einem sogenannten "PopUp-Fenster" die Profilseite des Klägers, an dessen oberster Stelle der Arbeitgeber benannt wurde. Auf den Kommentar des Klägers reagierten auch andere Besucher. Einer schrieb:
"... du bist ja mal der Oberknaller. Scheint so als wenn du mit "brauner" Kohle zu tun hast. Screenshots sind doch was feines."
Im weiteren Verlauf der Kommentierung äußerte der Kläger noch: "wenn mir einer sagt ich bin Nazi ...falsch ...Herr nazi" - "alle raus und geht es gut."
Nachdem die Konzernrevision von einem externen Dritten einen telefonischen Hinweis auf die Kommentierungen des Klägers auf der Facebookseite des Fernsehsender nt-v erhielt, kündigte sie in der Folge das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 23.03.2016 - 5 Ca 2806/15
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung beendet worden. Die Kündigung ist durch einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Durch die Äußerung "hoffe das alle verbrennen“ im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Presseveröffentlichung zum Brand in einem Asylbewerberheim, bei dem ein Mensch ums Leben gekommen ist, hat der Kläger die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen, dass er Teile der Bevölkerung, nämlich Asylbewerber, böswillig verächtlich gemacht und zum Hass gegen diese aufgestachelt hat. Unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung seiner Äußerung ist diese geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, in dem sie für einen Teil der Bevölkerung das unveräußerliche Recht auf Unversehrtheit des Lebens in Abrede stellt. Die volksverhetzenden Äußerungen des Klägers hatten auch einen Bezug zum Arbeitsverhältnis zur Beklagten. In seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil hat der Kläger die Beklagte in identifizierbarer Weise als Arbeitgeber benannt. Aufgrund der Programmierung der Webseiten auf Facebook konnten somit die bei Facebook registrierten Besucher der Seite das Profil des Klägers durch einfache Mausbewegungen aufrufen und somit die Beklagte als Arbeitgeber identifizieren. Damit stellt der Kläger selbst einen Zusammenhang zwischen der Beklagten und seiner volksverhetzenden Äußerung her. Dass diese Verbindung bei den Besuchern der Seite auch tatsächlich hergestellt wurde, zeigt der Kommentar eines Nutzers, der eine Anspielung auf braune Kohle machte.
Der Kläger hat das Rechtsmittel der Berufung am 29. August 2016 zurückgenommen. Das Urteil des Arbeitsgerichts Herne wird damit rechtskräftig.(Quelle:Rechtsindex.de)
07.10.2016
Boni und Sonderzahlungen – Darf der Chef einfach kürzen?
Schon am Hof des englischen Monarchen Heinrichs VIII. wurden zur Durchsetzung der Interessen des Souveräns Kürzungen vorgenommen-wenngleich in radikaler Weise. Heutzutage finden Kürzungen in hierarchischen Strukturen, insbesondere wirtschaftlicher Natur, meist mittels Personalabbaus oder des Entgeltes statt. Hierzu zählen auch Sonderzahlungen-doch ist dies dem Vorgesetzten überhaupt gestattet?
Dieser Frage liegt ein Fall zugrunde mit dem sich das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 10.05.2016 Aktenzeichen 5 Sa 209/15 auseinandersetzen musste. Hierbei ging es um die Angestellten eines Unternehmens die regelmäßig am Ende jedes Jahres eine Sonderzahlung in Form von Weihnachtsgeld erhielten. Der Arbeitgeber selbst behielt sich jedoch vor, dass die so gewährte Sonderzahlung stets freiwillig erfolgen sollte. Mit dieser Methode wollte er seine Mitarbeiter belohnen und zwar sowohl für Betriebstreue und geleistete Arbeit als auch als Motivation für das kommende Jahr. Die Zahlung der Boni durch den Arbeitgeber erfolgte jedoch nicht schrankenlos, vielmehr nahm der Arbeitgeber davor bei manchen Angestellten Korrekturen vor, die nach bestimmten Regeln erfolgten. Wer nach dieser Regelung für einen ununterbrochenen Zeitraum von mehr als sechs Kalenderwochen arbeitsunfähig erkrankt war, musste eine Kürzung der Sonderzahlung um 1/12 je angefangenen Monat hinnehmen. So geschah dies auch im Jahr 2014 als der Arbeitgeber einem Teil seiner Mitarbeiter die Sonderzahlung vollständig auszahlte. Bei dem verbliebenen Teil nahm er Kürzungen mit der Argumentation vor, dass diese erst im laufenden Jahr in das Unternehmen aufgenommen wurden oder aber deren Arbeitstätigkeit aufgrund von Elternzeit geruht habe. Lediglich nur eine Mitarbeiterin wurde von der Bonizahlung vollends ausgeschlossen. Der Mitarbeiterin-einer Juristin, wurde als Grund für die Verweigerung der Zahlung ihr illoyales Verhalten genannt. Der Arbeitgeber fuhr in seiner Argumentation weiter fort, die Mitarbeiterin hätte bei Antritt ihres Urlaubs im August ihren Schreibtisch in so einer Weise aufgeräumt als wollte sie nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Desweitern sei sie zu ihrem Freund in eine andere Stadt gezogen. Dieser Umstand, so der Arbeitgeber weiter, spreche für ein baldiges Ausscheiden aus dem Unternehmen. Weiterhin nahm der Arbeitgeber die sechs wöchige Krankschreibung der Juristin aufgrund ihrer Schwangerschaft zum Anlass ihr die Auszahlung der Boni zu verweigern. Die Juristin erhob daraufhin Klage gegen den Arbeitgeber.
Das Urteil
Das Landes Arbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern verpflichtete mit dem Urteil vom 10.05.2016 Aktenzeichen 5 Sa 209/15 den Arbeitgeber zur Zahlung des Weihnachtsgelds.
Grundsätzlich gilt bei Vergütungsfragen vorrangig die Vertragsfreiheit, nicht der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser kommt jedoch zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung seiner Angestellten nach selbst gesetzten verallgemeinerten Regeln vornimmt. Dann nämlich muss sich der Arbeitgeber auch an seine eigenen Vorschriften halten. Ausnahmen sind nur möglich, wenn triftige Gründe für eine Ungleichbehandlung vorliegen, z. B. wenn eine Leistungskürzung bei Neueingestellten vorgenommen wird und die Sonderleistung an die Betriebstreue anknüpft. Vorliegend gab es keinen Grund, allein der Juristin die Sonderzahlung komplett vorzuenthalten. Die sollte schließlich sowohl der Belohnung für geleistete Arbeit und Betriebstreue dienen als auch für das kommende Jahr motivierend wirken. Die Juristin hatte die ihr übergebenen Aufgaben – wie ihre Kollegen auch – erfüllt. Ferner konnte sie die Motivation „gut gebrauchen“ – es stand schließlich keine Kündigung oder sonstige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Raum. Aufgrund ihrer Schwangerschaft war sie wohl auch nicht daran interessiert. Ob sie in Zukunft vielleicht in der Nähe ihres neuen Wohnorts eine neue Stelle sucht, geht den Arbeitgeber im Übrigen nichts an. Auch durfte der Arbeitgeber die Sonderzahlung wegen der zusammenhängenden und über sechs Wochen andauernden Arbeitsunfähigkeit der Juristin nicht kürzen. Einerseits ist das Interesse des Chefs, die Abwesenheiten der Mitarbeiter möglichst gering zu halten, durchaus verständlich. Andererseits sollte mit dem Weihnachtsgeld im vorliegenden Fall unter anderem die geleistete Arbeit belohnt werden – und der Leistungsumfang ist der gleiche, unabhängig davon, ob man zusammenhängend krank war oder immer wieder einmal.
Sollte Ihnen ähnliches widerfahren und sie auch von einer Kürzung betroffen sein, so gilt es nicht den Kopf zu verlieren, sondern einen kompetenten Anwalt um Rat zu fragen.
21.09.2016
Vögel füttern auf dem Balkon - darf der Eigentümer das ?
„Lieber einen Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach“-dieses Sprichwort ist den meisten von uns geläufig. Bei dem vorliegenden Fall jedoch hätte sich die Eigentümergemeinschaft von ihrem Mitglied gewünscht, er hätte nichts von Beiden auf seinen Balkon gelockt.
In einem solchen Fall hatte das Amtsgericht München in dem Urteil vom 23.09.2015 - 485 C 5977/15 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) zu entscheiden. Der beklagte Eigentümer hat auf seinem Balkon Wassergefäße als Vogeltränken aufgestellt, an der Decke Meisenknödel sowie einen kleinen Behälter mit Käsestreifen und Sonnenblumenkernen aufgehängt und in den Blumenkästen Rosinen als Vogelfutter ausgelegt. Durch dieses Futterangebot angelockt, tummelten sich täglich eine Menge Tauben auf dem Balkon des Beklagten. Dieses Spektakel missfiel der Eigentümergemeinschaft sehr. Sie verwies hierbei auf die Hausordnung, wonach das Füttern von Tauben und Möwen auf dem Grundstück oder von Wohnungen aus, nicht gestattet sei. Es sei zudem bekannt, dass Taubenkot ein intensiver Überträger von Keimen und Krankheiten ist. Der Beklagte verstoße zudem gegen das Taubenfütterungsverbot der Landeshauptstadt München.
Das Urteil
Die zuständige Richterin gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten, es zu unterlassen, auf dem Balkon oder aus der Wohnung heraus, verwilderte Tauben zu füttern und Tauben durch das Auslegen von Futter und Lebensmitteln anzulocken. Verstößt ein Wohnungseigentümer gegen die sich aus der bindenden Hausordnung ergebenden Pflichten, so stehen den beeinträchtigten anderen Eigentümern daher Unterlassungsansprüche zu, so das Gericht. Daneben hat die Eigentümergemeinschaft einen gesetzlichen Anspruch auf Unterlassen der Taubenfütterung. Das Wohnungseigentumsgesetz berücksichtige den Umstand, dass die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine soziale Gemeinschaft bildeten und damit zwischen ihnen eine Sonderverbindung gegeben sei, innerhalb derer allgemein die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bestehe. Der Beklagte verletzt das Rücksichtnahmegebot des § 14 Wohnungseigentumsgesetzes durch das (unstreitige) Auslegen von Vogelfutter, das Bereitstellen von Trinkwasserbehältern und das Aufstellen von Behältern, die sich zum Nisten und Brüten zumindest eignen. Durch diese Maßnahmen lockt der Beklagte Tauben in letztlich nicht kontrollierbarer Zahl an. Damit besteht nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht nur die konkrete Gefahr der vermehrten Beschmutzung auch des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums anderer Wohnungseigentümer, sondern auch eine konkrete Gesundheitsgefährdung etwa durch von Tauben verbreitete Parasiten wie Taubenzecken und -flöhen oder durch Taubenkot. Dies ist allgemein bekannt und bedarf keines Beweises.
29.08.2016
Erwerb von Immobilien in Polen durch EU Bürger ohne Beschränkungen möglich
Am 1. Mai 2016 jährt sich zum zwölften Mal der Tag seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union. Ab diesem Tag bestehen keine Einschränkungen für EU-Bürger bezüglich des Erwerbes von Immobilien in Polen. Einschränkungen diesbezüglich bleiben jedoch weiterhin gegenüber übrigen Ausländern aufrechterhalten.
Der Erwerb von Immobilien durch Ausländer in Polen wird durch das Gesetz vom 24 März 1920 über den Erwerb von Immobilien durch Ausländer reglementiert. Die Norm, ist trotz ihres knapp 100 jährigen Bestehens weiterhin gültig. Ausländer im Sinne der regelnden Norm sind Privatpersonen und juristische Personen, entscheidend sind hierbei die Staatsangehörigkeit oder der Sitz. Ausländer, müssen grundsätzlich um in Polen Immobilien erwerben zu dürfen, die Erlaubnis des Innenministers einholen, welche wiederum auf Antrag im Ministerium erteilt wird. Ein vorgefertigtes Antragsformular hierfür ist jedoch nicht vorhanden, weshalb es für den Antragsteller unabdingbar ist, sich mit dem polnischen Verwaltungsrecht vertraut zu machen und zwar deshalb, da beim Antrag auf Immobilienerwerb durch einen Ausländer, wie auch im gleichen Fall beim Erwerb von Unternehmensanteilen und Aktien durch diesen eine Steuergebühr in Höhe von 1570 zl (ca.392,50 EUR) erhoben wird. Die oben aufgeführten Einschränkungen gelten jedoch nicht für Bürger der EU-Staaten, die derzeit ohne Restriktionen und somit ohne entsprechende Genehmigungen Immobilien erwerben dürfen. Hierzu muss jedoch ergänzend erwähnt werden, dass in Polen im Bereich des Erwerbs von landwirtschaftlichen Flächen sowie Wäldern eine Gesetzesnovellierung erfolgt ist. Demnach steht der Erwerb von landwirtschaftlichen Gütern und Wäldern nur Landwirten zu, die in der jeweiligen Gemeinde wohnen. Die Norm zum Veräußerungsstopp von landwirtschaftlichen Flächen sowie weitere Änderungen einiger Normen wurde am 14.04.2016 beschlossen und trat am 30.04.2016 in Kraft. Der polnische Gesetzgeber hat dieses Datum nicht rein zufällig gewählt. Sein Ziel war es die heimischen landwirtschaftlichen Immobilien vor Investoren aus dem EU-Ausland zu schützen. Die Konsequenzen für die Besitzer landwirtschaftlicher Güter in Polen fallen weit aus restriktiver aus und berühren auch die Rechte der polnischen Bürger erheblich-dieses Thema haben wir in unserem Artikel vom 02.08.2016 ausführlicher beleuchtet.
Polen entwickelt sich zunehmend zu einem attraktiven Land für ausländische Investoren. Ebenfalls kann sich die Einbringung des ersparten Vermögens für den privaten Investor als lukrative Anlage herausstellen. Viele polnische und in Deutschland arbeitende Bürger entscheiden sich häufig dazu in ihrem Herkunftsland eine Wohnung, ein Haus oder ein Grundstück zu erwerben. Dies geschieht vor allem im Hinblick auf die geringeren Investitionskosten. Immobilien stellen eine relativ sichere Geldanlage dar, deshalb kann ein Immobilienerwerb in Polen sowohl für Deutsche als auch für andere EU-Bürger sehr lukrativ sein. Insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt, wenn es hierzu keiner gesonderten Erlaubnis bedarf.
21.08.2016
Mitarbeiter zum Chef: „Ich stech Dich ab“- Folge fristlose Kündigung ?
Vielleicht haben Sie sich schon einmal über Ihren Vorgesetzten geärgert, dies ist in zwischenmenschlichen Beziehungsgeflechten nicht allzu selten. Kommen im Arbeitsalltag noch unvorhergesehene Ereignisse dazu, die den Stressfaktor erhöhen, so können schnell die Nerven blank liegen und dies wiederum zu gegenseitigen Verärgerungen führen-aber auf die Idee seinen Vorgesetzten zu bedrohen, würden wohl die wenigsten kommen
In einem solchen Fall jedoch musste das Arbeitsgericht in Düsseldorf in seinem Urteil vom 15.08.2016 Aktenzeichen 7 Ca 415/15 befinden. In der zu treffenden Entscheidung durch das Gericht lag ein Vorwurf eines Arbeitgebers gegen seinen Mitarbeiter zu Grunde. Im Konkreten warf er seinem Arbeitnehmer vor, es bestehe der dringende Verdacht, dieser habe seinen Vorgesetzten in einem Telefonat massiv mit den Worten „Ich stech Dich ab“ bedroht. Der Arbeitgeber kündigte darauf seinem Mitarbeiter fristlos. Der Mitarbeiter wiederum setzte sich durch eine Klage gegen die fristlose Kündigung vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf zur Wehr. Die markante Stimme hätte den Mitarbeiter verraten, behauptete der beklagte Arbeitgeber, der den Anrufer durch dessen Stimme angeblich identifizieren konnte. Zudem sei die Telefonnummer einem überschaubaren Personenkreis bekannt gewesen, so der Arbeitgeber in seiner Argumentation weiter. Zudem haben die strafrechtlichen Ermittlungen ergeben, dass der Vorgesetzte am 19.12.2014 gegen 20:50 aus einer Telefonzelle angerufen wurde. Die selbige Telefonzelle befindet sich ca. 3,5 km vom Wohnsitz des Klägers entfernt. Der Kläger hat vorgetragen, sich zum Zeitpunkt des Telefonanrufs vor seinem Wohnhaus befunden zu haben, was seine geschiedene Ehefrau sowie ein Nachbar bestätigen könnten. Nach durchgeführter Beweisaufnahme, in der sowohl der Vorgesetzte des Klägers als auch dessen Nachbar und dessen geschiedene Ehefrau als Zeugen vernommen wurden, stand zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger den streitigen Anruf getätigt hat. Bei dem Anruf handelte sich um einen erheblichen Verstoß des Klägers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, so das Arbeitsgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung. Aufgrund der ernsthaften und nachhaltigen Bedrohung seines Vorgesetzten war der Beklagten eine Weiterbeschäftigung des Klägers unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles nicht weiter zumutbar. Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung war eine vorherige Abmahnung entbehrlich. Die fristlose Kündigung war somit wirksam.
Abgesehen von den moralischen Verwerfungen des Arbeitnehmers im obigen Fall, zeigt sich einmal wieder, dass Wut kein guter Ratgeber ist. Wenn Sie sich also wieder einmal über Ihren Vorgesetzten ärgern sollten, atmen Sie tief durch und suchen bei passender Gelegenheit das Gespräch mit ihm. Oder Sie besuchen zusammen den Auftakt des nahenden Oktoberfestes und klären in entspannter Atmosphäre Ihre Diskrepanzen-zumindest dürfte dieser An-Stich wesentlich charmanter ausfallen als im obigen Beispiel. Aber vergessen Sie auch hierbei nicht das Maß zu halten.
28.07.2016
Schock durch lesen eines Schreibens
Waren Sie jemals beim Durchlesen eines Schriftstückes derart geschockt, dass Sie sich direkt danach in eine psychiatrische Behandlung begeben hätten? Einen Beamten hat das Durchlesen seiner Personalakte eben dazu veranlasst und zudem dies als einen Dienstunfall geltend zu machen.
Zugegeben so manch ein Schreiben kann einem schon die Nackenhaare aufstellen oder in den Wahnsinn treiben, aber aufgrund dessen sich gleich in die psychiatrische Behandlung zu begeben oder den Vorfall-sofern während der Arbeitszeit erfolgt-als Dienstunfall deklarieren, mag als übertrieben erscheinen. Dennoch hat ein Beamter, der von einem Schreiben Kenntnis erlangte, welches sich in seiner Personalakte befunden hat, eben solches getan. Er begab sich in psychiatrische Behandlung bei der eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde. Das schockierende Schreiben war an die vorgesetzte Dienststelle gerichtet. Es beinhaltete dabei eine Einschätzung über Quereinsteiger, die sich nicht durch eine motivierende Art auf die Kollegen hervorgetan hätten, welche durch gute Arbeitsleistung auffielen und in dem besagten Bereich auf ihre Beförderung warten würden. Der geschockte Beamte war einer von den besagten Quereinsteigern. Da er seinen erlittenen Schock als Dienstunfall deklarierte und vor das Verwaltungsgericht in Aachen brachte, musste dieses darüber entscheiden, ob ein Dienstunfall vorgelegen habe oder nicht. Das Verwaltungsgericht konnte in seinem Urteil vom 11.12.2014 Az.1 K 1161/13 zwar die Verärgerung des Beamten nachvollziehen, wies die Klage jedoch ab. Nach Einschätzung des Schreibens über Quereinsteiger durch die Richter habe es keinen beleidigenden Inhalt feststellen können. Daher sei das Schreiben auch nicht geeignet eine psychische Erkrankung hervorzurufen, zumal der Beamte bereits vorher über Existenz und Inhalt des Schreibens informiert worden war. Ein schockartiges Erleben durch das eigene Lesen - wie es der Beamte geltend gemacht - sei schon wegen dieser Vorwarnung ausgeschlossen.
Manch ein Schreiben hat durchaus die Qualität eines Stephen King Romans-es sorgt für Gänsehaut. Überhöhte Rechnungen, Kündigungen oder Abmahnungen, um nur Einige zu nennen, haben die oben beschriebene Eigenschafen aber die wenigsten von uns würden deshalb psychiatrische Hilfe suchen, wenn ihnen beim Durchlesen mulmig werden würde. Der beste Weg also mit Stress umzugehen, ist diesem vorzubeugen-wie wäre es mit Yoga oder Sport?
22.07.2016
Krank durch Tonerstaub auf Schriftstücken-Dienstunfall?
In der Arbeitswelt lauern oft Gefahren die unter Umständen die Gesundheit und in einigen Fällen sogar das Leben kosten können. Feuerwehrleute und Polizisten gehören unter anderem zu so einer Gruppe von besonders gefährdeten Personen. Ob allerdings ein Beamter einen Dienstunfall geltend machen konnte, weil er durch Tonerstaub auf Schriftstücken erkrankt ist, dies musste das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 08.07.2016 Az 3 A 964/15 feststellen
Doch was war geschehen. Ein Finanzbeamter gab an durch den Tonerstaub aus den Leserdruckern an einer Kontaktdermatitis erkrankt zu sein. Weiterhin gab er an, dass sich der Tonerstaub nicht nur in der Raumluft der Finanzämter befinde, sondern auch auf den Schriftstücken die der besagte Beamte bearbeiten musste. Die Oberfinanzdirektion lehnte jedoch eine Anerkennung der Erkrankung als Dienstunfall ab. Der Beamte klagte daraufhin vor dem Verwaltungsgericht Münster (Az.4 K 3510/13)- ohne Erfolg. Den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 8. Juli 2016 (Az. 3 A 964/15) ab. Erforderlich sei nicht nur eine Gefahr der Erkrankung, sondern dass der Beamte dieser Gefahr besonders ausgesetzt sei so die Richter.
Aus dem Urteil:[...] Soweit es um in den Amtsräumen in der Luft befindlichen Tonerstaub gehe, scheide die Anerkennung als Dienstunfall gemäß § 31 Abs. 3 LBeamtVG NRW a. F. schon deshalb aus, weil es allein auf die Art der dienstlichen Verrichtung und nicht auf die besondere räumliche Beschaffenheit des Dienstzimmers ankomme. Folge man dem Vortrag des Klägers, wonach die Kontaktdermatitis auf die besondere Art der Dienstverrichtung - Bearbeitung von Schriftstücken, die mit Tonerstaub belastet seien - zurückzuführen sei, lasse sich nicht feststellen, dass die in Rede stehende dienstliche Verrichtung typischerweise einen Gefährdungstatbestand beinhalte, der zu einer Kontaktdermatitis führe. Das niedersächsische OVG führe zu dieser Frage unter Bezugnahme auf eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung zur Gefährdung durch Druckerimmissionen aus, dass auf 10.000 Personen, die Druckerimmissionen ausgesetzt seien, nur 1,1 Verdachtsfälle kämen. Von einer besonderen Gefährdung, die für die dienstliche Verrichtung an einem mit einem Laser-Drucker ausgestatteten Büroarbeitsplatz typisch sei, könne vor diesem Hintergrund keine Rede sein. [...]
„Viel Lärm um Nichts“ würde Shakespeare das Drama um den staubigen Dienstunfall wohl kommentieren.
Pizzafahrer: Für eine Hand voll Euro!
Wenn Sie einmal wieder Hunger aber keine Lust haben, zu kochen und zudem die Adipositas fördern wollen-was machen Sie da? Sie bestellen sich Essen beim Lieferdienst. Schnell, fettig, günstig! Vielleicht geben Sie dem freundlichen oder zumindest stets bemühten Essenslieferanten ein Trinkgeld in der Hoffnung seinen Dienst entsprechend zu würdigen und Ihnen ein paar Karmapunkte mehr zu verschaffen. Doch was wenn der Essensbote für einen Stundenlohn arbeitet, der weit unter dem Wert des bestellten Essens rangiert?
Das was wie ein Bericht über ein Lohnniveau der Dritten Welt klingt, fand inmitten der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2011 statt. Hierbei verklagte das Jobcenter einen Arbeitgeber, da dieser seine Pizzafahrerin einen Lohn in Höhe von 136 € für 40 Stunden im Monat bezahlte. Demnach ergibt sich hier ein Stundenlohn von 3,40 € die Stunde. Was immerhin der Taschengeldempfehlung pro Woche für ein 8-9 Jahre altes Kind entspricht. Aufgrund dieses Umstandes erhielt die Betroffene Leistungen zur Grundsicherung. Diese jedoch wären aber geringer ausgefallen, wenn der übliche Lohn gezahlt worden wäre-wie das Jobcenter argumentierte. Das Jobcenter hat geltend gemacht, dass die Vergütung der benannten Arbeitnehmerin sittenwidrig niedrig sei. Bei Zahlung der üblichen Vergütung wären geringere Leistungen an Grundsicherung angefallen, weshalb das Jobcenter nun auf die angefallene Differenz in Höhe von 5744,18 € den Arbeitgeber verklagt hat. Das Gericht folgte der Argumentation des Jobcenters. Nach Auffassung des Landearbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Az. 15 Sa 2258/15) handelt es sich bei dem sich ergebenden Stundenlohn von 3,40 Euro um einen Hungerlohn. Selbst bei unterstellter Vollzeittätigkeit werde ein Einkommen erzielt, von dem man nicht leben könne.
Die Vereinbarung von Hungerlöhnen sei sittenwidrig und damit gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Die übliche Vergütung ergebe sich aus den Feststellungen des statistischen Landesamtes. Für das Jahr 2011 sei das klagende Jobcenter zutreffend von einem Stundenlohn von 6,77 Euro ausgegangen, der sich bis zum Jahr 2014 auf 9,74 Euro steigere. Ob sich eine Sittenwidrigkeit daneben auch aus Wertungen der Europäischen Sozialcharta ergeben kann, wurde nicht entschieden.
07.07.2016
Fristlose Kündigung: Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem NS-Regime
In Georges Orwells Roman 1984 erleben wir als Leser eine totalitäre Diktatur, in der Winston Smith vergebens mit allen Mitteln und Tricks versucht, das Überwachungssystem zu besiegen-bis er selbst von dem selbigen nach einem langem und zähem Kampf mit vielen persönlichen Opfern in die Knie gezwungen wird und am Ende sogar dem „Großen Bruder“ seine Liebe eingesteht.
Ebenso, wie der vorgestellte Protagonist muss sich auch ein Betriebsratsmitglied gefühlt haben, als er die geplante Einführung von Überwachungskontrollen des Arbeitgebers kritisierte und diese Maßnahmen mit dem totalitären Regime vor 70 Jahren verglich. Der Arbeitgeber selbst fand den Vergleich wenig schmeichelhaft und vertrat die Auffassung, dass der Arbeitnehmer die betrieblichen Verhältnisse mit dem NS-Regime verglich und wollte den Arbeitnehmer fristlos kündigen. Doch blicken wir ein paar Szenen zurück. Was war geschehen. Unser scharfsinniger Protagonist, also jenes Betriebsratsmitglied, wollte in der Manier und Entschlossenheit eines Don Quichote gegen die geplanten Überwachungskontrollen in seinem Betrieb vorgehen und frühzeitig vor der Entwicklung einer solchen Maßnahme warnen. Hierzu ließ er seine Reflexion der Umstände in schriftlicher Form einer Email an den Einrichtungsleiter und die Aufsichtsratsmitglieder mit folgenden Zeilen zukommen:
"...wie ich von mehreren Mitarbeitern erfahren habe, beabsichtigen Sie wöchentlich eine Überwachungskontrolle mit technischen Gerätschaften der Mitarbeiter in der Pflege durchzuführen. Es soll damit festgestellt werden, wie viel Zeit der Mitarbeiter benötigt, bis er dem Klingelruf nachkommt. Hier findet eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers statt, die einen dringlichen Handlungsbedarf des Betriebsrats vorsieht gemäß einer einstweiligen Verfügung vorsieht. Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70 Jahren hinter uns gebracht, auch wenn hier im Kleineren gehandelt wird, so ist dies der Anfang von dem was dann irgendwann aus dem Ruder laufen kann. ..."
Der Arbeitgeber unseres „Ritters“ zeigte sich not amused und wollte seinem Arbeitnehmer fristlos kündigen. Er argumentierte, die Mail enthalte durch den Vergleich mit dem nationalsozialistischen Terrorregime eine grobe Ehrverletzung. Eine personenbezogene Auswertung von Aufzeichnungen der Rufanlage finde nicht statt. Es werde lediglich auf dem Server der Zeitraum vom Klingeln eines Bewohners bis zum Abschalten der Klingel durch die Pflegekraft aufgezeichnet. Dies sei erforderlich, um auf Beschwerden von Bewohnern zu reagieren. Der Betriebsrat winkte die Argumente des Arbeitgebers ab und verweigerte seine Zustimmung zur Kündigung. Weiter vor Gericht forderte der Arbeitgeber die Ersetzung dieser Zustimmung. Doch auch das Gericht entschied zugunsten des Betriebsratsmitglieds. Dieses stellte nämlich fest, dass ein Grund zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitglieds nicht vorliege-so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 04.03.2016 Az. 10 Ta BV 102/15. Zutreffend ist, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung, dass ein Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem nationalsozialistischen Terrorregime in der Regel ein Grund für eine fristlose Kündigung ist. Eine solche Gleichsetzung ist in der E-Mail des Betriebsratmitglieds jedoch nicht enthalten. Das Betriebsratsmitglied warnt vielmehr vor einer möglichen künftigen Entwicklung und knüpft damit allenfalls an die Verhältnisse der Weimarer Republik an. Es geht ihm darum, dass man Entwicklungen von Beginn an beobachten muss „bevor etwas aus dem Ruder läuft.“ Eine solche Äußerung ist von der Meinungsfreiheit geschützt. Die übrige Kritik des Betriebsratsmitglieds, u.a. an der von diesem behaupteten und von der Arbeitgeberin bestrittenen Unterbesetzung im Tages- und Nachtdienst enthält zulässige Werturteile, die sich im Rahmen seiner Funktionen als Betriebsrats- und Aufsichtsratsmitglied halten.
Der Einsatz unseres Protagonisten hat einen positiven Ausklang gefunden.Damit teilt er nicht das tragische Schicksal mit den beiden Antihelden Winston Smith oder Don Quichote, die trotz größter Anstrengungen ihr Ziel nie erreicht haben. Vielmehr zeigt der vorliegende Fall auf, dass es lohnenswert sein kann, zu seiner Meinung zu stehen, trotz aller äußerlicher Widerstände.
05.07.2016
Fußball EM 2016- Tora et Labora?
Die Europameisterschaft 2016 neigt sich langsam einem spannenden Ende entgegen. Insbesondere der 11-Meter Krimi des Spieles Deutschland gegen Italien am 02.07.2016 dürfte Vielen in emotionaler Erinnerung geblieben sein. Nicht immer haben Arbeitnehmer die Möglichkeit ihrer Fußball Leidenschaft so unverfänglich wie in Ihrer Freizeit zu frönen. Viele Spiele fallen nämlich in die üblichen Arbeitszeiten. Für viele Arbeitnehmer bedeutet dieser Umstand ein kolossales Problem. Doch was tun in dieser Situation?
Was also darf man während der EM-Spiele und welche „Lösung“ ist bedenklich und würde zu einer roten Karte für den Arbeitnehmer führen? Es mag für einige nicht erfreulich klingen aber auch während der Fußball EM herrscht der Grundsatz, dass bei der Arbeit gearbeitet werden muss. Ausnahmen sind nur nach vorheriger Einholung einer Genehmigung beim Vorgesetzten möglich. Es ist daher nicht erlaubt, die Spiele während der Arbeitszeit am Fernseher oder im Radio zu verfolgen, denn dies stellt ein reines Privatvergnügen dar. Auch die Verfolgung eines Live-Tickers im Internet ist bedenklich und sollte vorher vom Arbeitgeber genehmigt werden. Doch was, wenn zum Beispiel auch die anderen Kollegen ein Spiel sehen wollen? Gilt dann das „Recht“ der Mehrheit? Nun leider nicht, es gilt das Gleiche was bereits erwähnt wurde. Arbeitszeit muss der Dienstpflicht gewidmet sein. Eigene Entscheidungen können hier schnell in einer Abmahnung oder gar Kündigung münden, deshalb gilt auch hier-Wenn Sie ein Event wie Public Viewing im Betrieb planen-immer vorher mit dem Vorgesetzten abstimmen. Die Situation gestaltet sich auch nicht anders, wenn Sie ein „wichtiges“ Spiel verfolgen möchten und aus diesem Grund früher nach Hause gehen wollen. Hier sollten Sie darüber nachdenken eventuell, frühzeitig Urlaub zu beantragen oder in Abstimmung mit den Kollegen und dem Chef die Gelegenheit nutzen, um Überstunden abzubauen. Die Abstimmung sollte auch stattfinden, wenn Sie vor haben im Fußballtrikot zur Arbeit zu erscheinen. Während der EM-werden für das Unternehmen üblichen Etikettenregeln nämlich nicht außer Kraft gesetzt. Vielmehr ist es so, dass eine gewisse „Kleiderordnung“ je nach Unternehmenstyp und Branche auch während der EM beibehalten werden sollte oder gar muss. Nun kommt es nicht selten vor, dass während des aufregenden Spielverlaufs ein kühles Bier getrunken wird, um dem Ereignis den richtigen Rahmen zu geben, doch lässt sich dieses Vorgehen auch während eines Public Viewing im Büro umsetzen? Zunächst besteht kein grundsätzliches Alkoholverbot am Arbeitsplatz-jedoch hat der Arbeitnehmer die Pflicht die eigene Leistung und die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Führt der Alkoholkonsum am Arbeitsplatz jedoch zur Beeinträchtigung der vorab genannten Kriterien, so darf der Arbeitgeber seinen Angestellten aus dem Betrieb verweisen. Es ist deshalb wichtig auch hier den Vorgesetzten um Erlaubnis zu bitten. Unter Umständen hat er nichts dagegen mit seinen Mitarbeitern auf die Lieblingsmannschaft anzustoßen. Doch bitte in Maßen-wer übertreibt wacht am nächsten Morgen verkatert auf und ist unter Umständen zu keiner Leistung mehr fähig. Hier entschließen sich nicht wenige für einen Besuch beim Arzt, um sich „krank“ schreiben zu lassen. Dies ist zwar nicht regelwidrig-denn krank ist krank- aber für den Chef nicht unbedingt vorteilhaft, wenn er auf einen Mitarbeiter verzichten muss. Hierbei sollte auch der Arbeitnehmer bedenken, die „Erkrankung“ unverzüglich seinem Arbeitgeber mitzuteilen, dazu ist er sogar per Gesetz verpflichtet.
Damit Sie also während der EM bei Ihrem Arbeitgeber nicht ins Abseits geraten, empfiehlt es sich, sämtliche Vorhaben mit ihm abzustimmen, dann steht einem ungetrübten Fußball Vergnügen für die restliche EM 2016 und weitere in Zukunft folgenden Fußballereignisse nichts mehr im Wege.
17.06.2016
Neues Urteil-Bundesfinanzhof versagt nicht verheirateten ausländischen EU-Mitbürgern das Kindergeld!
BFH Urteil vom 04.02.2016, Az.III R 17/13
Nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs ist nur der Elternteil Kindergeld berechtigt, bei dem das Kind wohnt. Dies gilt auch dann, wenn ein Elternteil im EU Ausland lebt und beide Elternteile geschieden sind, wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil entschieden hatte. Damit wies er die Klage eines deutschen Vaters auf die Gewährung von Leistungen des Kindergeldes ab.
Dem Urteil des Gerichts folgend kann der Anspruch auf Kindergeld nur durch den Elternteil geltend gemacht werden, bei dem das Kind auch tatsächlich wohnt, wenn die Eltern getrennt, geschieden oder nicht verheiratet. Hierbei ist es allerdings nicht relevant, ob sich der Wohnsitz innerhalb der Bundesrepublik befindet. Zunächst regelt der deutsche Gesetzgeber im § 62 des Einkommensteuergesetzes, dass grundsätzlich nur derjenige Kindergeld erhält, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat und einkommenssteuerpflichtig ist. Sind die Eltern des Kindes geschieden, so steht der Anspruch auf Kindergeld demjenigen vorrangig zu, in dessen Haushalt das Kind lebt.Nach der Auffassung des BFH wird durch die im EU-Recht verankerte Wohnsitzfiktion für Ansprüche auf Familienleistungen in grenzüberschreitenden Sachverhalten die Möglichkeit eröffnet, die gesamte Familie so zu behandeln, als würde diese in dem Mitgliedstaat wohnen, dessen Leistungen beansprucht werden. Hierbei verweist das Gericht auf Art. 60 Abs.1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 und Art. 67 und 68 der VO Nr. 883/2004. Das Münchner Gericht entschied nun, dass dies auch für getrennt voneinander lebende Elternteile Geltung habe. Der deutsche Vater, der für seinen mit der Mutter in Polen lebenden Sohn, Kindergeld beantragt hatte, scheiterte mit seiner Klage. Der BFH betonte hierbei, dass nur die Mutter Kindergeld beanspruchen könne, obwohl sie selbst nicht in Deutschland lebt. Die Entscheidung des BFH ist der Argumentation des Europäischen Gerichtshofs gefolgt. In einem Vorabentscheidungsersuchen hatten die Richter des BFH beim EUGH angefragt, ob die EU Regelung in dem weiten Sinne auszulegen sei. Im Oktober vorigen Jahres wurde in Luxemburg entschieden, dass die Wohnsitzfiktion auch zu einem Wechsel der persönlichen Anspruchsberechtigung von dem in Deutschland lebenden Elternteil zu dem im EU-Ausland lebenden anderen Elternteil führen kann. Dabei ist es unerheblich, wenn der im EU-Ausland lebende Elternteil keinen Antrag auf deutsches Kindergeld gestellt hat. (EuGH Urteil vom 22.10.2015 C-378/14 Rechtssache Trapkowski). Mit dieser Begründung wiesen die Richter des BFH die Klage des in Deutschland lebenden Vaters ab. Sie stellten auf die Wohnsitzfiktion ab und stellten das Konstrukt auf, dass die Mutter mit ihrem Sohn in Deutschland lebe. In diesem Falle stehe nur ihr der Anspruch auf das Kindergeld zu, weil das Kind in ihrem Haushalt lebe.
Es ist jedoch fraglich ob die so zustande gekommene Entscheidung des BFH nicht in sich den Kern einer Diskriminierung von EU-Bürgern trägt und in der Form erhalten bleibt.
17.06.2016
Ohrfeige für Mitarbeiter: Vorgesetzter muss 800 € Schmerzensgeld zahlen
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 27.10.2008
- 5 Sa 827/08 –
Nach Carl von Clausewitz ist Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Auch eine Ohrfeige kann eine solche fragwürdige Fortsetzung der arbeitspolitischen Maßnahmen darstellen, sofern die verbale Argumentation des Vorgesetzten nach seiner Meinung nicht ausreichend ist, um den Mitarbeiter zur Räson zu bringen.
War es Früher in der besseren Gesellschaft Brauch, seinem Kontrahenten zunächst eine Ohrfeige zu verpassen und ihm anschließend ein Duell anzutragen, so könnte man dies auch in dem vorliegenden Falle umdeuten. Denn der geschädigte Mitarbeiter setzte die ihm durch seinen Vorgesetzten angetragene Fehde vor dem Arbeitsgericht fort. Dem Streit ging zunächst eine verbale Auseinandersetzung voraus. Der als Sicherheitskraft beschäftigter Arbeitnehmer und späterer Kläger und sein Schichtleiter, der Beklagte stritten darüber, ob der Beklagte überhaupt weisungsbefugt sei. Das Ende der Wortgefechtes besiegelte die Ohrfeige des Beklagten gegen den Kläger. Es blieb in der Verhandlung jedoch ungewiss, ob der Beklagte nur mit seiner Hand zugeschlagen hatte oder aber-wie vom Kläger vorgetragen-beim Schlag eine unter dem Verband verborgene Schließerkette trug. Einen weiteren Streitpunkt stellten die Verletzungsfolgen des Klägers dar. Dieser behauptete unter anderen durch den Schlag eine Schädelprellung, ein Hämatom sowie eine Lippenschwellung erlitten zu haben, konnte dies jedoch nicht nachweisen. Hierbei stellte das Gericht zu Gunsten des Beklagten fest, dass dieser entgegen der Behauptung des Klägers diesen ohne einen Gegenstand in der Hand geschlagen habe und dies zudem mit einer flachen Hand erfolgte. Jedoch führte das Gericht aus, dass auch solch ein Schlag mit der flachen Hand eine Körperverletzung darstelle. Hingegen wies das Gericht das Argument des Beklagten zurück, dieser habe den Schlag gegen den Kläger aus einer Notwehrsituation heraus ausgeführt als dieser ihn am Revers gepackt und ihn festgehalten habe. Dagegen argumentierten die Richter, dies sei keine adäquate Verteidigungsreaktion gewesen. Schließlich hätte der Beklagte die Hände des Klägers vom Revers lösen können. Bei der Zumessung des Schmerzensgeldes wägte das Gericht die duale Funktion des Schmerzensgeldes ab. Zum einem als Instrument des Ausgleichs für die vom Kläger erlittenen Schmerzen, zum anderen als Mittel der Satisfaktion. Weiterhin rügten die Richter das Verhalten des Beklagten. Dieser habe als Vorgesetzter eine Vorbildfunktion. In dieser dürfe er nicht den Eindruck erwecken, innerbetriebliche Konflikte mit körperlicher Gewalt lösen zu wollen und dies dann vorsätzlich auch umzusetzen. Weiterhin sei so ein Verhalten gegenüber dem Mitarbeiter für diesen besonders demütigend, sich auf solche Art und Weise von seinem Vorgesetzten züchtigen zu lassen.
Wie man anhand des oben aufgeführten Beispiels erkennt, durchbrechen manchmal primitive Instinkte die Manieren und führen zu unschönen Situationen-ob nun im Arbeitsleben, im Privaten oder manchmal auf der politischen Bühne. Es bliebe derart temperamentvollen Zeitgenossen anzuraten, sich in Ruhe zu üben und Sport zu treiben. Und wenn in Ihnen die Lust nach Ohrfeigen weiterhin aufrecht erhalten bleibt, erlernen Sie doch den Bayrischen Watschentanz oder Schuhplattler-denn dann hat es zumindest einen Unterhaltungsfaktor.
03.06.2016
Inanspruchnahme von Elternzeit-Darauf sollten Sie achten!
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.05.2016 9 AZR 145/15
„Die Freude und das Lächeln der Kinder sind der Sommer des Lebens“ Wie Jean Paul treffend formulierte. Diese verbringt man am besten mit seinem Nachwuchs im Rahmen einer Elternzeit. Damit jedoch diese Freude und der Sommer sich nicht schlagartig in ein Unwetter verwandeln, muss man darauf achten die einem zustehende Elternzeit auch korrekt beim Arbeitgeber zu stellen.
Ein wie oben beschriebenes Unwetter erlebte eine Rechtsanwaltsfachangestellte. Diese sendete nach der Geburt ihrer Tochter ihrem Vorgesetzten via Telefax die Mitteilung, dass sie Elternzeit für die Dauer von 2 Jahren in Anspruch zu nehmen gewillt ist. Die Antwort des Chefs kam, aber anders als erwartet nicht in Form einer Bestätigung sondern in Form einer Kündigung. Als Begründung führte der Vorgesetzte aus, dass seine Mitarbeiterin nicht wirksam Elternzeit verlangt hat. Daraufhin erhob die Angestellte Kündigungsschutzklage.
So sah das Gericht den Fall
Die Klage blieb ohne Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts genoss die Klägerin nicht den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Das bestehende Arbeitsverhältnis ist somit durch die Kündigung aufgelöst worden, denn die Klägerin hatte mit ihrem Fax nicht wirksam Elternzeit verlangt. Wer wirksam Elternzeit nehmen will, muss die strenge Schriftform i. S. v. § 126 Abs.1 BGB einhalten. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung.
Darauf sollten Sie achten wenn Sie Elternzeit beanspruchen möchten
Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss sie nach § 16 Abs. 1 BEEG spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Bei der Inanspruchnahme handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit - vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung - zum Ruhen gebracht wird. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht.
Das Elternzeitverlangen erfordert die strenge Schriftform i.S.v. § 126 Abs. 1 BGB. Es muss deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung. Allerdings kann sich ein Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, indem er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB).
20.05.2016
Das Recht auf einen Rauchfreien Arbeitsplatz?
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.05.2016 - 9 AZR 347/15
Dass, der Zigarettenqualm gesundheitsschädlich ist und zwar unabhängig davon ob er nun aktiv oder passiv „genossen“ wird- dürfte wohl jedem bekannt sein. Sofern man seine Gesundheit achtet, kann man entweder selbst auf das Rauchen verzichten oder rauchende Personen meiden. Wie verhält es sich aber wenn man faktisch, aufgrund seiner Arbeitsstelle, dazu genötigt wird, sich diesem Rauch auszusetzen. Besteht hierbei möglicherweise ein Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz?
Mit dieser Frage musste sich das Bundesarbeitsgericht auseinandersetzen. Der Mitarbeiter einer Spielbank musste zwei Mal pro Woche im Raucherbereich des Casinos arbeiten. Damit war er jedoch nicht einverstanden. Er verlangte von seinem Arbeitgeber, dieser möge ihm einen Arbeitsplatz in einem rauchfreien Bereich zuteilen, da der Rauch seine Gesundheit gefährde.
Schutzpflicht des Arbeitgebers im Hinblick auf die Gesundheit seiner Mitarbeiter
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden. Die ArbStättV geht damit davon aus, dass Passivrauchen die Gesundheit gefährdet. Bei Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber nach § 5 Abs. 2 ArbStättV nur insoweit Schutzmaßnahmen zu treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen.
Der klagende Mitarbeiter vertritt die Rechtsauffassung, dass er einen Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz habe. Dieser ergebe sich aus der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht i. V. m. § 618 BGB und § 5 ArbStättV und der Gewerbeordnung.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Die Revision des Mitarbeiters erwies sich als erfolglos. Zwar hat der Mitarbeiter nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV grundsätzlich Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber macht in seinem Spielcasino jedoch von der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 5 Nr. 5 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) Gebrauch, die das Rauchen in Spielbanken ermöglicht. Deshalb müssen Schutzmaßnahmen nur insoweit getroffen werden, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung dies zulassen. § 5 Abs. 2 ArbStättV verpflichtet den Arbeitgeber allerdings, die Gesundheitsgefährdung zu minimieren. Diese Verpflichtung hat er mit der baulichen Trennung des Raucherraums, einer Be- und Entlüftung sowie der zeitlichen Begrenzung der Tätigkeit des Mitarbeiters im Raucherraum erfüllt.
21.04.2016
Zeit ist Geld-Abmahnung wegen 13 Minuten Verspätung
Zeit ist Geld und Pünktlichkeit eine Tugend. Wer das Zweite nicht beachtet, muss womöglich in Zukunft mit weniger Geld rechnen und zwar wenn der Arbeitgeber das zu spät kommen nicht länger duldet und irgendwann eine Abmahnung oder gar schlimmer eine Kündigung ausspricht.
So ähnlich geschehen in einem Fall als eine Arbeitnehmerin ein einziges Mal 13 Minuten zu spät zur Arbeit erschienen ist. Der Arbeitgeber reagierte gar nicht gelassen und ließ der Arbeitnehmerin eine Abmahnung zukommen und trug sogleich das Fehlverhalten in die Personalakte ein. Das Arbeitsgericht Leipzig sah das anders und entschied zu Gunsten der Arbeitnehmerin. In seinem Urteil vom 23.07.2015 Az: 8 Ca 532/15 sah es in der Abmahnung des Arbeitgebers den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als nicht gewahrt an. Denn die Voraussetzung für eine Abmahnung sei ein objektiver Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten. Mit der Verspätung der Arbeitnehmerin liege dieser Verstoß zwar vor, ein Abmahnungsgrund sei aber aufgrund der unverhältnismäßigen Auswirkung nicht gegeben. Denn diese einmalige Verspätung um einige Minuten stelle nur ein geringfügiges Fehlverhalten dar und dieses müsse nicht gleich mit einer Abmahnung abgestraft werden. Eine einfache Ermahnung, die keine Androhung einer Kündigung enthalte und nicht in die Personalakte komme, sei ausreichend- so das Gericht. Der Arbeitgeber wurde aufgefordert, die Abmahnung wieder aus der Personalakte zu entfernen.Ein kurzer Exkurs in die Praxis des Arbeitsrechts zeigt auf, dass der Arbeitgeber mit einer Abmahnung den Arbeitnehmer auffordert, ein von ihm als vertragswidrig angesehenes Verhalten zu unterlassen. In der Abmahnung muss der Vorgesetzte das nicht gewünschte Verhalten des Arbeitnehmers dokumentieren und es ihm mitteilen sowie auch was er von diesem künftig erwartet. Weiterhin muss er arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Fall der Wiederholung und Zuwiderhandlung androhen. Die Abmahnung bildet zu meist eine Voraussetzung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung, die nur in sehr schwerwiegenden Fällen ausgesetzt werden kann. Doch auch bei einer Abmahnung herrscht keine Willkür seitens des Arbeitgebers, diese muss sich nämlich stets im Rahmen der Verhältnismäßigkeit bewegen –dies bedeutet im Umkehrschluss, dass geringfügige Verstöße gegen den Arbeitsvertrag nicht mit einer Abmahnung geahndet werden können, sofern sie gegen die Verhältnismäßigkeit verstoßen.
„Pünktlichkeit stiehlt uns die beste Zeit“ stellte schon Oskar Wilde in einem Bonmot fest. Dies kann man im Falle des Arbeitnehmers als die gestohlene Freizeit und im Falle des Arbeitgebers als die gestohlene Arbeitszeit betrachten, jedoch sollten Sie sich das obige Zitat zu Ihrem Leitgrundsatz lieber nicht erklären sondern vielmehr dem Prinzip des französischen Königs Ludwig XVIII folgen, der anmerkte:“ Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige“.
15.04.2016
Frauen an die Macht und der verletzte Männerstolz
Arbeitsgericht Köln Urteil vom 10.02.2016 Az 9 Ca 4843/15
Kaum ein Bereich in der Arbeitswelt, der nicht von Frauen erobert worden wäre-auch typische Männerdomänen sind bereits der weiblichen Emanzipation zum „Opfer“ gefallen. Dies begrüßt natürlich nicht jeder Mann mit Gleichmut oder Freude.
Über eine derartige gefühlte oder auch tatsächliche Benachteiligung eines männlichen Angestellten musste das Arbeitsgericht Köln entscheiden. Es hatte nämlich die Frage zu beantworten, ob eine Stellenanzeige mit der Überschrift „Frauen an die Macht!!“ einen Entschädigungsanspruch begründet. Der obigen Beschwer des Klägers lag die Veröffentlichung einer Stelleanzeige des Arbeitgebers –einem Autohaus-zugrunde in dem er, so der Wortlaut:“ Frauen an die Macht!! Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin“, - eine neue Arbeitskraft suchte. Die Belegschaft des Autohauses bestand bis dato ausschließlich aus männlichen Verkäufern. Auf die Anzeige hin wurde eine Verkäuferin eingestellt-hier fühlte sich der Beschwerdeführer als Mann benachteiligt und machte eine Entschädigung geltend. In seiner Entscheidung gab das Arbeitsgericht Köln dem Kläger nur zum Teil Recht. In seinem Urteil ( Az.9 Ca 4843/15) entschied das Gericht zwar, dass die Stellenanzeige einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zwar enthalte, da der Wortlaut der Anzeige sich nur an Verkäuferinnen richte, jedoch ist diese unterschiedliche Behandlung ausnahmsweise zulässig. Dies begründete das Gericht damit, dass der Arbeitgeber das Ziel verfolge, seinen Kunden Verkaufsberater beider Geschlechter zur Verfügung zu stellen Zusätzlich hatte auch der Arbeitgeber argumentiert, dass der Frauenanteil unter den Mitarbeitern bei rund 25-30 % liege. Darüber hinaus sind bestimmte Einstiegsmodelle besonders bei Frauen gefragt, wodurch seitens der Kundschaft ausdrücklich die Nachfrage nach einer Verkäuferin erfolgt sei.
Vielleicht hätte der männliche Protagonist mit der Anzeige seines Arbeitgebers gelassener umgehen sollen und zwar nach dem Motto „Frauen an die Macht-Macht nix“.
01.04.2016
Alter schützt vor Torheit nicht- Seniorin vernichtet Banknoten im Wert von 18.500 € und verlangt Ersatz
Über den Umgang mit Geld kann man streiten. Einige beherrschen diesen ganz souverän, andere wiederum können selbst innerhalb kürzester Zeit große Vermögen vernichten. Die Vernichtung von Vermögen kennt viele Gesichter, eines der skurillsten Fälle betraf eine Seniorin die Banknoten im Wert von 18. 500 € selbst zerrissen und anschließend über den Verlust einen Ersatz gefordert hat.
Nach der mutmaßlichen Zerstörung der Banknoten durch die Klägerin, verlangte diese sowie ihre Enkel als auch eine Enkelin die zu der Betreuerin der Klägerin bestellt worden ist, im Anschluss Ersatz bzw. den Umtausch der Banknoten bei der Filiale der Deutschen Bundesbank in München.
Diese lehnte den Ersatz ab. Dabei verwiesen die Mitarbeiter der Bank auf einen bindenden Beschluss der Europäischen Zentralbank, wonach ein Ersatz bzw. Umtausch grundsätzlich ausgeschlossen sei, wenn der Inhaber der Banknoten diese vorsätzlich zerstört.
Der Prozessbevollmächtigte führte als Gegenargument an, dass die damals weit über 80-jährige Klägerin wegen ihrer in Erscheinung getretener Altersdemenz selbst nicht in der Lage gewesen sei, ihr Handeln einzuschätzen oder auch nur im entferntesten dessen Tragweite zu beurteilen. Die konkreten Umstände bezüglich der Motive, die zur Zerstörung der Banknoten durch die Klägerin führten, blieben weitestgehend im Dunkeln. Dies ließ das Verwaltungsgericht in Frankfurt nicht gelten und wies die Klage ab. Die vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung der Klägerin gegen das Urteil war hingegen von Erfolg gekrönt. Die Deutsche Bank wurde, zum Ersatz der Banknoten verpflichtet. In seiner Entscheidungsbegründung argumentiert der Hessische Verwaltungsgerichtshof, dass nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung die Klägerin die Banknoten zwar vorsätzlich zerstört habe, es bestünden jedoch ausreichende Gründe zu der Annahme, dass sie dabei gutgläubig im Sinne des "Beschlusses der Europäischen Zentralbank über die Stückelung, Merkmale und Reproduktion sowie den Umtausch und Einzug von Euro-Banknoten" vom 19. April 2013 gehandelt habe. Angesichts der vorliegenden medizinischen Befunde und im Hinblick auf die für einen geistig gesunden Menschen völlig ungewöhnlichen, im Detail nicht mehr aufklärbaren Tatumstände gehe der Verwaltungsgerichtshof von der Annahme aus, dass sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Beschädigung der Banknoten in einem krankheitsbedingten Zustand geistiger Verwirrtheit befunden habe und damit gutgläubig im Sinne des genannten Beschlusses der Europäischen Zentralbank gewesen sei.
„ Mit Geld spielt man nicht“ heißt es in dem Werbespot eines bekannten Versicherers-auch wenn es in dem vorgestellten Fall gerade noch gut gegangen ist, so sollte man sich der Verantwortung für sein Vermögen und dessen Sicherung bewusst sein und wie im obigen Falle die Verantwortung zum Wohle des anderen für dessen Vermögen rechtzeitig übernehmen.
24.03.2016
Nachweispflicht von Arbeitsstunden, selber zählen reicht nicht
Der Leitzins liegt derzeit bei historischen 0 %. Sparen ist unter diesen Umständen nicht lohnenswert-es bleiben somit nur die Alternativen des Konsums oder des Investierens. Anders aber verhält es sich bei Arbeitszeitkonten, sie sind quasi die Sparbücher der Arbeitswelt. Um jedoch das Guthaben an Arbeitszeitstunden angerechnet zu bekommen sind einige Dinge zu beachten, sonst verfällt das Erstparte unwiederbringlich.
Die gesammelten Stunden auf dem Arbeitszeitkonto sind bares Geld wert, denn die Extrastunden kann der Arbeitnehmer entweder abfeiern oder bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und einem Plus auf seinem Arbeitszeitkonto sich in Geld auszahlen lassen.
Doch hier lauert oft Ärger wenn keine Einigkeit über die Höhe des Kontostandes herrscht. Hier muss der Arbeitnehmer die Überstundenabgeltung nachweisen. Jedoch reicht eine selbst angefertigte Liste nicht aus, wie das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 23.09.2015, Az.: 5 AZR 767/13 entschieden hat.
Dem Sachverhalt zur Grunde lag die Klage einer Frau, die 2008 von ihrem Arbeitgeber in ihrer Arbeitszeitaufstellung einen Überschuss von 414 Stunden erhalten hat. Der Arbeitgeber stellte mit dem Hinweis auf die Vertrauensarbeitszeit vertragswidrig schließlich die Führung des Arbeitszeitkontos der Mitarbeiterin ein.
Die Arbeitnehmerin legte daraufhin ihre eigene Liste an, in der sie die von ihr geleisteten Überstunden protokollierte und saldierte ohne jedoch ihre Aufzeichnungen dem Arbeitgeber vorzulegen. So sammelte sie im Zeitraum von 2008 bis 2011 ein Arbeitszeitkontoguthaben von 643 Stunden, an. Letzten Endes belief sich ihr Arbeitszeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf 1057 Stunden deren Abgeltung die ehemalige Arbeitnehmerin verlangte.
Das Bundesarbeitsgericht hatte der Arbeitnehmerin nur in Teilen Recht zugesprochen. Der Arbeitnehmer müsse demnach nur die im Arbeitszeitkonto erfassten 414 Stunden zahlen. Hingegen sind von der Arbeitnehmerin in eigener Regie notierten Stunden nicht vergütungsfähig.
Das Gericht argumentierte, dass die alleinigen und detaillierten Aufzeichnungen der Arbeitnehmerin an welchen Tagen sie gearbeitet habe für die Anspruchsbegründung nicht ausreichend seien. Sie hätte zusätzlich belegen müssen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.
Die 414 auf dem Arbeitszeitkonto bescheinigten Stunden muss der Arbeitgeber allerdings bezahlen. Seinem Argument, Vertrauensarbeitszeit und Saldierung von Plus- und Minusstunden seien unvereinbar, ist das BAG nicht gefolgt. Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht nach Ansicht der Arbeitsrichter weder der Führung eines Arbeitszeitkontos noch der Abgeltung eines aus Mehrarbeit resultierenden Zeitguthabens entgegen. "Vertrauensarbeitszeit" bedeute nämlich nur, dass der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, der Arbeitnehmer werde seine Arbeitspflicht auch ohne Kontrolle der Arbeitszeiten erfüllen.
Will der Arbeitgeber im Nachhinein den einmal bescheinigten Saldo auf dem Arbeitszeitkonto nicht vergüten, muss er nachweisen, inwiefern sich der Saldo reduziert hat. Diesen Nachweis blieb der Arbeitgeber schuldig. Weiterhin muss der Arbeitgeber bei der Führung eines Arbeitszeitkontos große Sorgfalt an den Tag legen. Der Arbeitnehmer hingegen muss hingegen darauf achten, dass bei seinem selbst angefertigten Nachweis der Arbeitsstunden ersichtlich ist an welchen Tagen und von wann bis wann er Arbeit geleistet hat. Als dann sollte sich der Arbeitnehmer diese Listen vom Arbeitgeber gegenzeichnen lassen oder den Nachweis für die Anordnung von Überstunden, etwa in Form von E-mails archivieren.
Andernfalls riskiert der Arbeitnehmer, dass sein erspartes Arbeitszeitguthaben, ähnlich dem aktuellen Leitzins mit einer Null saldiert wird.
Al Capone schlägt wieder zu!
Faschingsfeier endet mit Kündigung
Landesarbeitsgericht Düsseldorf 22.12.2015, 13 Sa 957/15
Die Masken des Alltags sind eingetauscht gegen vielerlei andere bunte Verkleidungsstile der Menschen, die dem sich nahenden Höhepunkt der närrischen Zeit entgegenfeiern. Närrisch bedeutet jedoch nicht, dass Recht, Gesetz oder gar Benimm ausgehebelt sind. Diese Tatsache scheint aber Einige davon nicht abzuhalten, den ungeschriebenen und geschriebenen Gesetzen eines respektvollen Miteianders den Laufpass zu geben und sich daneben zu benehmen-mit den Konsequenzen eines Jobverlustes.
So ist geschehen auf einer betrieblichen Karnevalsfeier - konkreter gesagt am Altweibertag im Jahre 2015. Der Kläger nahm an jener Feier als Al Capone kostümiert teil. Im Verlauf der Feierlichkeiten versuchten zwei Damen wiederholt dem Kläger die Krawatte abzuschneiden, was dieser jedoch ablehnte und zu verhindern wusste. Unmittelbar danach geriet der Kläger mit einem als Clown kostümierten Mitarbeiter aneinander. Diesen habe der Kläger im Laufe der Auseinandersetzung in den Unterleib getreten und ins Gesicht geschlagen. Damit nicht genug. Er leerte über dem Clown ein Bierglas aus und schlug das leere Bierglas mit der Vorderseite dem Mitarbeiter ins Gesicht, so dass dieses zersplitterte und dem Opfer, im Übrigen einem Brillenträger, im Nachhinein mehrere Glassplitter aus der Stirn entfernt werden mussten.
„Plädoyer des Klägers“:
Der Kläger trägt u.a. vor, dass er zunächst von den Damen, die ihm die Krawatte abschneiden wollten, beleidigt worden sei. Von dem als Clown kostümierten Mitarbeiter sei er fortwährend und auch in der streitigen Situation u.a. mit den Worten "blöder Wichser" bzw. "dämliches Arschloch" beleidigt worden, weil er angeblich eine der Damen zu hart angefasst habe. Er habe den Clown zunächst von sich weggestoßen und dann nach ihm getreten, ohne ihn zu berühren. Letztlich habe er befürchtet, dass der Clown ihn angreifen werde. Danach habe er keine genaue Erinnerung mehr. Der Kläger behauptet, dass er aufgrund einer krankheitsbedingten Angststörung reagiert habe, weil er sich bedroht gefühlt habe. Er sei zum angeblichen Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen.
Folge am Arbeitsplatz: fristlose Kündigung
Der verklagte Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Zustimmung des Integrationsamtes und der Anhörung des Betriebsrats fristlos. Dagegen wehrt sich der Kläger im Rechtsstreit und begehrt die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Die Entscheidung:
Nach Hinweis der Deutschen Anwaltsauskunft blieb auch die Berufung ohne Erfolg. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts erfolgte die Kündigung zu Recht. Wer seine Kollegen angreife, müsse mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Auch dann, wenn die Auseinandersetzung auf einer Betriebsfeier stattfinde. Selbst vermeintliche Angstzustände rechtfertigten seine Taten nicht.
Resümee:
Es scheint so als hätte sich der Kläger mit der Rolle des legendären Gangsterbosses Al Capone, ob seiner Gewaltexzesse auf der Betriebsfeier, zu sehr identifiziert. Oder aber er habe die Verkleidung als Anlass gesehen, seine Maske endgültig fallen zu lassen. Dies mag dahinstehen. Ungeachtet dessen in welche Rolle wir im Leben schlüpfen, sollten wir deshalb stets im Hinterkopf behalten, das Recht und Gesetz als Grundfrequenz unseres Miteinanders stets zu achten-dies gelingt am besten, wenn wir unserem Gegenüber mit dem nötigen Respekt begegnen.
Es ist alles Gold was glänzt- Wertsachen am Arbeitsplatz und wann haftet der Arbeitgeber bei Diebstahl?
Urteil vom 21.01.2016 des Landesarbeitsgericht Hamm Az: 18 Sa 1409/15
Wir alle tragen tagtäglich Wertsachen mit uns herum. Ob nun vom ideellen oder objektiv materiell hohen Wert, haben wir die Verantwortung für deren Verbleib und deren Sicherung-zumindest in den meisten Fällen. Nun ist es aber so, dass oft nicht nur wir von dem Wert einer Sache überzeugt sind, sondern auch andere Menschen unserem Hab und Gut eine besondere Wertschätzung entgegenbringen-Diebe nämlich. Und was ist wenn wir an unserem Arbeitsplatz bestohlen werden?
Einen solchen Fall musste ein Mitarbeiter eines Krankenhauses erleben. Dieser brachte zu seinem Arbeitsplatz Schmuck und Uhren im Wert von rund 20.000 € mit, um diese später bei der Bank in einem Schließfach zu deponieren. Seinen Plan hat der Betroffene aufgrund hoher Arbeitsbelastung dann aus den Augen verloren. Einige Tage später stellte er fest, dass seine für gewohnt verschlossene Bürotür aufgeschlossen war und der Rollcontainer, in dem er seine Wertsachen verstaut hatte, aufgebrochen wurde und die darin befindlichen Sachen entwendet wurden.
Die Arbeitgeberin ist schuld!
Für diesen Umstand macht der bestohlene Arbeitnehmer seine Arbeitgeberin verantwortlich. Das Öffnen der Bürotür war nur mittels eines Generalschlüssels möglich gewesen. Dieser wurde von einer Mitarbeiterin leichtfertig in ihrer Kitteltasche verstaut, woraus dieser nach dem Aufbrechen des Spindes der Mitarbeiterin entwendet und für den Diebstahl benutzt worden ist. Die Arbeitgeberin habe es durch fehlende Sicherheitsvorkehrungen und Anweisungen versäumt, für die sichere Aufbewahrung des Generalschlüssels zu sorgen und so erst den Diebstahl möglich gemacht. Weshalb sie nun zum Schadensersatz verpflichtet sei, wie der Kläger ausführt.
Die Gerichtsentscheidung
Das Arbeitsgericht Herne hat die Klage mit dem Urteil vom 21.01.2016 (5 Ca 965/15) abgewiesen. Die 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm hat im Berufungstermin betont, dass sich Schutzpflichten des Arbeitgebers bezüglich vom Arbeitnehmer in den Betrieb mitgebrachter Sachen regelmäßig nur dann begründen lassen, wenn es sich um Sachen handelt, die ein Arbeitnehmer zwingend, mindestens aber regelmäßig mit sich führe oder aber unmittelbar oder mittelbar für die Arbeitsleistung benötige.Nur bezüglich solcher Sachen oder Gegenstände habe der Arbeitgeber ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitnehmer vor Verlust oder Beschädigung der eingebrachten Sachen zu schützen. Hinsichtlich anderer, ohne jeden Bezug zum Arbeitsverhältnis und insbesondere ohne Kenntnis und Einverständnis des Arbeitgebers mitgebrachter (Wert-)Gegenstände ließen sich Obhuts- und Verwahrungspflichten hingegen nicht begründen, schon um den Arbeitgeber nicht ebenso unerwarteten wie unkalkulierbaren Haftungsrisiken auszusetzen.
Da sich die Kammer mit dieser Argumentation auf schon aus den sechziger und siebziger Jahren stammende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beziehen konnte, nahm der Kläger seine Berufung im Termin zurück.
Fazit
„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ gemahnte schon Immanuel Kant seine Zeitgenossen, man könnte den Satz des brillanten Philosophen „ Insbesondere bei Wertsachen“ ergänzen. Letzten Endes bleibt es einem ja selbst überlassen ob er nun sein gesamtes Vermögen in einem dafür ungeeigneten Umfeld lagert oder lieber sich so organisiert, dass er sein Hab und Gut sicher unterbringt. Die anderen sind nämlich nicht immer Schuld am eigenen Unglück!
Kindesentziehung ist strafbar!
22.01.2015
Amtsgericht München, Urteil vom 07.12.2015 (rechtskräftig)
„ Die Dosis macht das Gift“ erkannte schon der Arzt und Gelehrte Paracelsus. Diese Erkenntnis des großen Alchemisten lässt sich auch ohne weiteres auf sämtliche Lebensbereiche anwenden-denn ein Zuviel sei es von Ärger oder Fürsorge ist selten gut. Im letzteren Fall sogar strafrechtlich relevant!
So geschehen auch bei einer Mutter die seit einigen Jahren das Recht des Vaters auf Umgang mit seinem 7-jährigen Sohn verhinderte. Ihr Verhalten rechtfertigte sie, dass Frauen und Kinder in Deutschland durch Gesetze und Gerichte in Deutschland nicht ausreichend geschützt werden. Sie führte noch weiter auf, dass um diesen Missstand zu beheben, ihr Sohn später Jura studieren und Richter werden würde.
Die Sorgen einer liebenden Mutter
Die Kindesmutter verhinderte seit November 2012 den Umgang des Vaters mit seinem Kind in dem sie Falschangaben über ihren Aufenthalt über Ihren Anwalt dem Kindesvater zukommen ließ, tatsächlich jedoch befand sie sich im Februar 2012 noch mit dem Kind in Deutschland, gab jedoch damals an, nach Kanada ausgewandert zu sein, was sie erst aber im Frühjahr des gleichen Jahres auch realisierte. In Kanada selbst lebte sie in Vancouver an einem nichtbekannten Ort. Bei Ihrer erneuten Einreise nach Deutschland im Jahre 2015 wurde sie verhaftet. Der Haftbefehl wurde am nächsten Tag gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Die Kindesmutter, die den Sachverhalt umfassend gestand, hat in Ihrer Argumentation dem Gericht gegenüber geäußert, dass sie sich sowie andere Frauen und Kinder von den Deutschen Gerichten und Gesetzen als nicht ausreichend geschützt sieht-deshalb werde ihr Sohn auch später in Heidelberg Jura studieren und Richter werden, um diese Missstände auszuräumen.
Weiterhin habe sie erklärt, dass es nicht ihre Absicht, war dem Kindesvater das Kind vorzuenthalten, vielmehr fühlte sie sich durch das Verhalten des Ex-Mannes in ihrer psychischen Stabilität beeinträchtigt und sei somit großem Stress ausgesetzt gewesen, weshalb sie den Kontakt zum Kindesvater habe über Dritte aufrecht erhalten wollen. Ihrer Ansicht nach habe das Verhalten des Kindesvaters, der keine weiteren Schritte zur Kontaktaufnahme unternommen habe, schuld gewesen-sie selbst habe sich darum bemüht vom Vater als auch von Deutschland ihrem Sohn gegenüber ein positives Bild zu vermitteln.
Der Vater selbst hatte der Ausreise seiner Ex-Frau zugestimmt, jedoch sollte der Kontakt zum Kind ermöglicht werden. Dies ist leider gescheitert.
Das Urteil gegen die Mutter
Das Amtsgericht München verurteilte die 46-jährige Mutter wegen Entziehung Minderjähriger zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Bei der Strafhöhe hat das Gericht vor allem zu Lasten der Mutter die Dauer der Entziehung des Kindes gewertet. Insgesamt reicht die Verhängung von Geldstrafe nicht aus, vielmehr erscheint eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr schuld- und tatangemessen, so das Gericht.
Die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe konnte auch zur Bewährung ausgesetzt werden. Zwar befindet sich die Angeklagte in instabilen wirtschaftlichen sowie emotionalen Verhältnissen, jedoch geht das Gericht aufgrund der Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten davon aus, dass diese keine weiteren Straftaten mehr begehen wird.
Weitreichende gesundheitliche Konsequenzen für das Kind
Das oben beschriebene Szenario wiederholt sich so oder ähnlich in Deutschland oder auch weltweit tagtäglich und dutzendfach. Obwohl zunächst einmal wie im obigen Fall ein Elternteil durch den Gesetzgeber zur Ordnung gerufen, so können Kontaktabbrüche zu den leiblichen Eltern Kinder auf Dauer krank machen und zwar bis ins Erwachsenendasein hinein. Zu dem Ergebnis kommt eine wegweisende Studie der Zahnärztin Ann Prinz und der Internistin Prof.Dr.med.Ursula Gresser. Demnach haben Kontaktabbrüche der Kinder zu ihren leiblichen Eltern schwere Traumata zur Folge, die sich auch im Erwachsenenalter in Depressionen oder sonstigen körperlichen oder psychischen Störungen niederschlagen und somit lebenslang andauern können.
Jungen und Mädchen sind von diesen gesundheitlichen Folgen gleichermaßen betroffen. Deshalb kann die Konsequenz aus diesen durch wissenschaftliche Untersuchungen gewonnen Erkenntnissen aus ärztlicher Sicht nur sein, dass Kontaktabbruch von Kindern zu ihren lebenden Eltern verhindert werden muss. Die vorliegenden Studien nennen meist keine Unterschiede bezüglich der Ursache des Kontaktabbruchs, so dass der Kontaktabbruch unabhängig von den äußeren Bedingungen für die Kinder ein schweres Trauma mit anhaltender gesundheitlicher Schädigung bedeutet.
Um also wieder auf unser Anfangs aufgeführtes Szenario von Paracelsus zurückzukehren wäre es in Anbetracht des oben geschilderten Falls mit der überbesorgten Mutter und in der Gegenüberstellung der Studie dazu und der Folgen jenes Verhaltens für das Kindeswohl, festzuhalten, dass die elterlichen Bestrebungen stets unter Berücksichtigung aller Umstände auf das Wohl des eigenen Kindes fokussiert werden sollten, auch wenn es hieße, dass das eigene Ego dem Streben untergeordnet werden müsste-damit eben die wohlgemeinte Überfürsorge sich später nicht in das Gift verwandelt, mit dem unser Kind das ganze Leben zu kämpfen haben wird.
(Quelle der Studie: Prinz/Gresser, Folgen des Kontaktabbruchs NZFam 21/2015)
Beitrag:Arthur Vorreiter
30.12.2015
2016-Neues Jahr, neues Gesetz!
Ab dem 1 Januar 2016 wird sich in Deutschland wieder Einiges ändern. Von Kindergeld über Rente bis hin zu Pflege. Die wichtigsten Änderungen im Kurzüberblick.
Kindergeld 2016 nur noch mit Steuer-ID
Ab dem 01. Januar müssen Kindergeldbezieher der Familienkasse ihre Steueridentifikationsnummer mitteilen, wenn sie weiterhin leistungsberechtigt sein wollen. Meistens aber liegt den Behörden diese Nummer schon vor. Wer die Steuer ID allerdings bis zum 1. Januar nicht gemeldet hat, der erhält weiterhin Kindergeldleistungen muss aber die Nummer im Laufe des Jahres bei der Familienkasse nachreichen.
Die Kindergeldhöhe 2016 beträgt ab Januar für das erste und zweite Kind 190 Euro, für das dritte Kind 196 Euro und darüber hinaus für jedes weitere Kind 221 Euro monatlich.
Rente 2016 steigt deutlich
Die Rente wird im kommenden Jahr deutlich erhöht. Laut den Angaben und Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung und des Bundessozialministeriums beläuft sich das Plus auf vier bis fünf Prozent. Die endgültige Höhe der Rente wird aber erst im Frühjahr festgestellt.
Pflegebedürftige und Angehörige bekommen mehr Leistungen
Als Folge der zweiten Stufe der Pflegereform treten im kommenden Jahr erste Änderungen in Kraft. Demnach haben Patienten, die nicht dauerhaft pflegebedürftig sind, nach einer Krankenhausbehandlung Anspruch auf Übergangspflege. Auch pflegende Angehörige haben ab 2016 einen Anspruch auf Pflegeberatung. Auch das Hospitz-und Palliativgesetz sieht eine Verbesserung von sterbenden Pflegeheimbewohnern vor.
IBAN wird zur Pflichtangabe
Nur noch bis zum 1. Februar 2016 können Verbraucher weiterhin ihre Kontonummer und Bankleitzahl für Banktransaktionen nutzen. Von da an müssen auch private Verbraucher die Internationale IBAN verwenden.
Neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Eine Novellierung erfährt auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese ist ab Beginn des kommenden Jahres als Mustervordruck gestaltet. Dieser besteht aus einem vierteiligen, gelben Formular aus selbstdurchschreibenden Papier. Die Bescheinigung wird für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit ausgestellt und umfasst je eine Ausfertigung für die Krankenkasse, den Arbeitgeber, den Versicherten und den Arzt.
23.12.2015
Kündigung wegen Krankschreibung nach nicht gewährtem Urlaub?
Wird dem Arbeitnehmer ein kurzfristig beantragter Urlaub von seinem Vorgesetzten nicht genehmigt und meldet sich dieser darauf hin krank, um seinen Willen durchzusetzen, kann ihm der Arbeitgeber dann deswegen fristlos kündigen?
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 14.08.2015 - 10 Sa 156/15
Im Regelfall müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub mit großer Vorlaufzeit planen und dem Arbeitgeber davon rechtzeitig berichten. Dennoch kann es vorkommen, dass der Beschäftigte genötigt ist, sehr kurzfristig Urlaub nehmen zu müssen. Dies ist jedoch dem Arbeitgeber nicht immer möglich, so dass er dem Wunsch seines Arbeitnehmers versagen muss-sei es aus betrieblichen Gründen, weil die Auftragslage es nicht zulässt oder weil der Betrieb unterbesetzt ist. Die Reaktion darauf seitens so manchen Arbeitnehmer ist dann der Gang zum Arzt und die Vorlage der Krankmeldung. Damit riskiert man jedoch eine fristlose Kündigung- denn mit seinem Verhalten verstößt so ein Arbeitnehmer gegen seine Rücksichtsnahmepflicht gegenüber dem Arbeitgeber und gegen arbeitsvertragliche Pflichten.
Ein in einem Unternehmen tätiger Arbeitnehmer war für die Spätschicht eingeteilt. Sein Arbeitsbeginn war somit ab 14 Uhr festgelegt. An diesem Tag, schon in den Morgenstunden beginnend, schrieb der Arbeitnehmer mehrere SMS an seinen Vorgesetzten und bat diesen um einen kurzfristigen Urlaub an diesem Tag- die Begründung war, dass er wichtige Sachen zu erledigen hatte. Beim letzten telefonischen Kontakt mit seinem Vorgesetzten, kurz vor 14 Uhr, lehnte sein Chef das Urlaubsbegehren des Arbeitnehmers endgültig ab. Der Angestellte erklärte, dass er nun den Arzt aufsuchen würde, etwa eine halbe Stunde später erfolgte eine Rückmeldung an den Vorgesetzten mit dem Hinweis, dass der Produktionshelfer sich nun krank gemeldet habe. Als gleich meldete der Vorgesetzte dies seinem Chef der daraufhin den Betriebsrat zu einer fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung anhörte. Der Produktionshelfer sei nicht krank gewesen so der Vorwurf, denn in seinen Telefonaten habe er das nicht erwähnt. Um dann doch noch an diesem Tag frei zu bekommen log der Produktionshelfer und bedrohte den Chef als dieser ihm den Urlaubstag versagte. Diese Vorwürfe wies der Arbeitnehmer von sich und gab zudem an, dass er an einer Magen-Darm-Erkrankung gelitten habe, dies versuchte er mit einer Arbeitsunfähgkeitsbescheinigung zu bekräftigen, die er jedoch einen Tag später mit der Begründung einreichte, dass die Arztpraxis an jenem Tag vormittags geschlossen gewesen sei, um jedoch Probleme mit dem Vorgesetzten zu vermeiden, beantragte er den Tag Urlaub.
Das Gericht war davon überzeugt, dass der Beschäftigte nicht wirklich arbeitsunfähig erkrankt war. Erst als ihm der Urlaub nicht bewilligt wurde, hatte er angekündigt, zum Arzt zu gehen und sich krankschreiben zu lassen. Auch hatte er in keinem der vorangegangenen Telefonate erwähnt, sich krank zu fühlen. Vielmehr hatte er selbst erklärt, den Tag freinehmen zu müssen, um etwas Wichtiges zu erledigen. Letztendlich stimmte auch die Aussage nicht, dass er bereits am Vormittag - und nicht erst nach dem letzten Telefonat um kurz vor 14 Uhr - versucht habe, seinen Arzt zu kontaktieren. Der wurde nämlich als Zeuge befragt und stellte klar, dass die Praxis an diesem Tag nur nachmittags geschlossen war, er am Vormittag aber sehr wohl Patienten empfangen habe - nicht jedoch den Produktionshelfer. Der Angestellte hatte nicht nur über eine Erkrankung gelogen und sich so einen bezahlten freien Tag erschlichen, sondern auch seinen Chef einzuschüchtern versucht, um den Urlaub doch noch gewährt zu bekommen. Sein schwerwiegendes Fehlverhalten stellte somit einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 I Bürgerliches Gesetzbuch dar. Nach Ansicht des LAG Hamm hatte die fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet. Der Produktionshelfer hatte schließlich schwerwiegend gegen seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht verstoßen.
Wir bieten Rechtsdienstleistungen für jede Lebenslage an. Sie können uns nach einer Strafverteidigung bei Bedarf mit der Erwirkung des Kindergeldes, Unfallregulierung oder der Durchführung der Ehescheidung etc. beauftragen. Wir erteilen Rechtsberatung auch telefonisch und online. Füllen Sie unser Kontaktformular aus und wir setzten uns mit Ihnen umgehend in Verbindung.